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Gauß, Carl Friedrich: Anzeige von 'Theoria residuorum biquadraticorum, commentatio secunda'. In: Göttingische gelehrte Anzeigen, 23. April 1831, S. 169–178.

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64. St., den 23. April 1831.
dieselbe öffentlich bestimmt auszusprechen, wenn
gleich aufmerksame Leser die Spuren davon in
der 1799 erschienenen Schrift über die Gleichun-
gen, und in der Preisschrift über die Umbil-
dung der Flächen leicht wiederfinden werden. In
der gegenwärtigen Abhandlung sind die Grund-
züge davon kurz angegeben; sie bestehen in Fol-
gendem.

Positive und negative Zahlen können nur da
eine Anwendung finden, wo das gezählte ein
Entgegengesetztes hat, was mit ihm vereinigt
gedacht der Vernichtung gleich zu stellen ist. Ge-
nau besehen findet diese Voraussetzung nur da
Statt, wo nicht Substanzen (für sich denkbare
Gegenstände) sondern Relationen zwischen je
zweyen Gegenständen das gezählte sind. Postu-
liert wird dabey, daß diese Gegenstände auf ei-
ne bestimmte Art in eine Reihe geordnet sind
z. B. A, B, C, D ...., und daß die Re-
lation des A zu B als der Relation des B zu
C u. s. w. gleich betrachtet werden kann. Hier
gehört nun zu dem Begriff der Entgegensetzung
nichts weiter als der Umtausch der Glieder
der Relation, so daß wenn die Relation (oder
der Uebergang) von A zu B als + 1 gilt, die
Relation von B zu A durch -- 1 dargestellt
werden muß. Insofern also eine solche Reihe
auf beiden Seiten unbegrenzt ist, repräsentiert
jede reelle ganze Zahl die Relation eines belie-
big als Anfang gewählten Gliedes zu einem be-
stimmten Gliede der Reihe.

Sind aber die Gegenstände von solcher Art,
daß sie nicht in Eine, wenn gleich unbegrenzte,
Reihe geordnet werden können, sondern sich nur
in Reihen von Reihen ordnen lassen, oder was
dasselbe ist, bilden sie eine Mannigfaltigkeit von
zwey Dimensionen; verhält es sich dann mit den

64. St., den 23. April 1831.
dieſelbe oͤffentlich beſtimmt auszuſprechen, wenn
gleich aufmerkſame Leſer die Spuren davon in
der 1799 erſchienenen Schrift uͤber die Gleichun-
gen, und in der Preisſchrift uͤber die Umbil-
dung der Flaͤchen leicht wiederfinden werden. In
der gegenwaͤrtigen Abhandlung ſind die Grund-
zuͤge davon kurz angegeben; ſie beſtehen in Fol-
gendem.

Poſitive und negative Zahlen koͤnnen nur da
eine Anwendung finden, wo das gezaͤhlte ein
Entgegengeſetztes hat, was mit ihm vereinigt
gedacht der Vernichtung gleich zu ſtellen iſt. Ge-
nau beſehen findet dieſe Vorausſetzung nur da
Statt, wo nicht Subſtanzen (fuͤr ſich denkbare
Gegenſtaͤnde) ſondern Relationen zwiſchen je
zweyen Gegenſtaͤnden das gezaͤhlte ſind. Poſtu-
liert wird dabey, daß dieſe Gegenſtaͤnde auf ei-
ne beſtimmte Art in eine Reihe geordnet ſind
z. B. A, B, C, D ...., und daß die Re-
lation des A zu B als der Relation des B zu
C u. ſ. w. gleich betrachtet werden kann. Hier
gehoͤrt nun zu dem Begriff der Entgegenſetzung
nichts weiter als der Umtauſch der Glieder
der Relation, ſo daß wenn die Relation (oder
der Uebergang) von A zu B als + 1 gilt, die
Relation von B zu A durch — 1 dargeſtellt
werden muß. Inſofern alſo eine ſolche Reihe
auf beiden Seiten unbegrenzt iſt, repraͤſentiert
jede reelle ganze Zahl die Relation eines belie-
big als Anfang gewaͤhlten Gliedes zu einem be-
ſtimmten Gliede der Reihe.

Sind aber die Gegenſtaͤnde von ſolcher Art,
daß ſie nicht in Eine, wenn gleich unbegrenzte,
Reihe geordnet werden koͤnnen, ſondern ſich nur
in Reihen von Reihen ordnen laſſen, oder was
dasſelbe iſt, bilden ſie eine Mannigfaltigkeit von
zwey Dimenſionen; verhaͤlt es ſich dann mit den

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[635/0018] 64. St., den 23. April 1831. dieſelbe oͤffentlich beſtimmt auszuſprechen, wenn gleich aufmerkſame Leſer die Spuren davon in der 1799 erſchienenen Schrift uͤber die Gleichun- gen, und in der Preisſchrift uͤber die Umbil- dung der Flaͤchen leicht wiederfinden werden. In der gegenwaͤrtigen Abhandlung ſind die Grund- zuͤge davon kurz angegeben; ſie beſtehen in Fol- gendem. Poſitive und negative Zahlen koͤnnen nur da eine Anwendung finden, wo das gezaͤhlte ein Entgegengeſetztes hat, was mit ihm vereinigt gedacht der Vernichtung gleich zu ſtellen iſt. Ge- nau beſehen findet dieſe Vorausſetzung nur da Statt, wo nicht Subſtanzen (fuͤr ſich denkbare Gegenſtaͤnde) ſondern Relationen zwiſchen je zweyen Gegenſtaͤnden das gezaͤhlte ſind. Poſtu- liert wird dabey, daß dieſe Gegenſtaͤnde auf ei- ne beſtimmte Art in eine Reihe geordnet ſind z. B. A, B, C, D ...., und daß die Re- lation des A zu B als der Relation des B zu C u. ſ. w. gleich betrachtet werden kann. Hier gehoͤrt nun zu dem Begriff der Entgegenſetzung nichts weiter als der Umtauſch der Glieder der Relation, ſo daß wenn die Relation (oder der Uebergang) von A zu B als + 1 gilt, die Relation von B zu A durch — 1 dargeſtellt werden muß. Inſofern alſo eine ſolche Reihe auf beiden Seiten unbegrenzt iſt, repraͤſentiert jede reelle ganze Zahl die Relation eines belie- big als Anfang gewaͤhlten Gliedes zu einem be- ſtimmten Gliede der Reihe. Sind aber die Gegenſtaͤnde von ſolcher Art, daß ſie nicht in Eine, wenn gleich unbegrenzte, Reihe geordnet werden koͤnnen, ſondern ſich nur in Reihen von Reihen ordnen laſſen, oder was dasſelbe iſt, bilden ſie eine Mannigfaltigkeit von zwey Dimenſionen; verhaͤlt es ſich dann mit den

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Zitationshilfe: Gauß, Carl Friedrich: Anzeige von 'Theoria residuorum biquadraticorum, commentatio secunda'. In: Göttingische gelehrte Anzeigen, 23. April 1831, S. 169–178, hier S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gauss_theoria_1831/18>, abgerufen am 24.04.2024.