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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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Man bezeichnet deshalb das Karbonisieren besser als ein Zerstäuben, denn
durch das sog. Karbonisationsverfahren kann man die Pflanzenfaser in ganz
kleine, an der Grenze der Sichtbarkeit liegende Teilchen auflösen. Durch
die Karbonisation werden innerhalb der Pflanzenfaser chemische Verände-
rungen hervorgerufen. Hat man einer Pflanzenfaser vor dem Karbonisieren
alle löslichen Stoffe entzogen, so treten nach dem Prozeß im Wasser lös-
liche Stoffe auf, die bei zerstäubter Leinwand z. B. circa 10 Prozent der
Masse betragen. In der Lösung läßt sich ein zuckerartiger, reduzierender
Stoff nachweisen, dessen Gewinnung als Nebenprodukt der Karbonisation
sich vielleicht lohnen würde.

Eigenschaften der entschweißten losen Wolle. Die lose Wolle
bildet eine, je nach Herkunft der Faser, mehr oder minder zarte, mehr oder
minder weiche, mehr oder minder gekräuselte, gestaltlose, lockere Filzmasse
von meist weißem, selten gelblichem, graugelbem, rötlichem, braunem bis schwar-
zem Farbenton. Die Schafwolle ist stets weiß oder schwach gelblich, nur
die von Haidschnucken und einzelnen Abarten Landschafen ist farbig. Auch
nach dem Entschweißen besitzt die Wolle noch die Eigenschaft, Feuchtigkeit
anzuziehen
*) und zwar oft in bedeutenden Mengen -- selbst bis zu
50 Prozent, ohne jedoch sich feucht anzufühlen oder feucht auszusehen. --
Daraus ergibt sich für den Käufer von Wolle die Notwendigkeit, den Feuchtig-
keitsgehalt derselben vor dem Kauf feststellen zu lassen. Dies geschieht in
den Konditionieranstalten (s. unten), besonderen von der Behörde be-
stimmten Stationen, welche den Wassergehalt des Kaufobjekts durch Unter-
suchung einer Probe amtlich festzustellen haben. Der gewöhnliche Wassergehalt
der Wolle beträgt nach Maumene und Grothe 14 bis 16 Prozent; selbst
in trockner Luft längere Zeit aufbewahrte Wolle enthält immer noch 7 bis
10 Prozent. Aus feuchter Luft nimmt die Wolle sehr rasch wieder Feuch-
tigkeit und zwar annähernd (nach Grothe) 15 Prozent. Als höchste ge-
setzlich zulässige Feuchtigkeitsmenge sind für Kammzug und Kammgarne 181/4
Prozent, für Wolle, Kämmlinge, Plöcke und Streichgarn 17 Prozent an-
genommen worden. -- In warmes Wasser eingeweicht, nimmt die Wolle
weitere bedeutende Wassermengen in sich auf, sie quillt, jedoch ohne
sich zu lösen
. In diesem Zustande besitzt sie die charakteristische Eigen-
schaft aller hornartigen Substanzen, diejenige Form, welche man ihr gibt,
auch im getrockneten Zustande beizubehalten, sie ist dann plastisch **). --
Die Wolle ist ungemein elastisch, worauf ihre Kräuselung und ihre
Verfilzungsfähigkeit und damit ihre Verwendbarkeit als Gespinnst- und Ge-
webefaser beruht. Diese Eigentümlichkeit der Wolle läßt sich sehr gut be-
obachten, wenn man eine Faser zwischen Daumen und Zeigefinger hindurch-
zieht; es findet dadurch eine gewisse Streckung der Wollfaser, eine Längen-
ausdehnung, statt, welcher die Faser bis zur völligen Glattstreckung nachgibt;
sobald die Faser losgelassen wird, kehrt sie unter Verkürzung und Kräuselung
in ihre alte Lage zurück. Die Elastizität ist um so größer, je weiter die

*) Auf dieser Eigenschaft der Wolle beruht ihre Verwendung als direktes Be-
kleidungsmittel, um den Schweiß aufzusaugen, als Strümpfe, Unterjacken, Normal-
hemden etc. Die ganze Jägersche Bekleidungstheorie beruht auf dieser Eigenschaft.
**) Auf dieser Eigenschaft beruht die Fähigkeit der Wolle, mit Hilfe von For-
men sich zu Filzplatten, Wollhüten, Einlegesohlen etc. pressen zu lassen.
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Man bezeichnet deshalb das Karboniſieren beſſer als ein Zerſtäuben, denn
durch das ſog. Karboniſationsverfahren kann man die Pflanzenfaſer in ganz
kleine, an der Grenze der Sichtbarkeit liegende Teilchen auflöſen. Durch
die Karboniſation werden innerhalb der Pflanzenfaſer chemiſche Verände-
rungen hervorgerufen. Hat man einer Pflanzenfaſer vor dem Karboniſieren
alle löslichen Stoffe entzogen, ſo treten nach dem Prozeß im Waſſer lös-
liche Stoffe auf, die bei zerſtäubter Leinwand z. B. circa 10 Prozent der
Maſſe betragen. In der Löſung läßt ſich ein zuckerartiger, reduzierender
Stoff nachweiſen, deſſen Gewinnung als Nebenprodukt der Karboniſation
ſich vielleicht lohnen würde.

Eigenſchaften der entſchweißten loſen Wolle. Die loſe Wolle
bildet eine, je nach Herkunft der Faſer, mehr oder minder zarte, mehr oder
minder weiche, mehr oder minder gekräuſelte, geſtaltloſe, lockere Filzmaſſe
von meiſt weißem, ſelten gelblichem, graugelbem, rötlichem, braunem bis ſchwar-
zem Farbenton. Die Schafwolle iſt ſtets weiß oder ſchwach gelblich, nur
die von Haidſchnucken und einzelnen Abarten Landſchafen iſt farbig. Auch
nach dem Entſchweißen beſitzt die Wolle noch die Eigenſchaft, Feuchtigkeit
anzuziehen
*) und zwar oft in bedeutenden Mengen — ſelbſt bis zu
50 Prozent, ohne jedoch ſich feucht anzufühlen oder feucht auszuſehen. —
Daraus ergibt ſich für den Käufer von Wolle die Notwendigkeit, den Feuchtig-
keitsgehalt derſelben vor dem Kauf feſtſtellen zu laſſen. Dies geſchieht in
den Konditionieranſtalten (ſ. unten), beſonderen von der Behörde be-
ſtimmten Stationen, welche den Waſſergehalt des Kaufobjekts durch Unter-
ſuchung einer Probe amtlich feſtzuſtellen haben. Der gewöhnliche Waſſergehalt
der Wolle beträgt nach Maumené und Grothe 14 bis 16 Prozent; ſelbſt
in trockner Luft längere Zeit aufbewahrte Wolle enthält immer noch 7 bis
10 Prozent. Aus feuchter Luft nimmt die Wolle ſehr raſch wieder Feuch-
tigkeit und zwar annähernd (nach Grothe) 15 Prozent. Als höchſte ge-
ſetzlich zuläſſige Feuchtigkeitsmenge ſind für Kammzug und Kammgarne 18¼
Prozent, für Wolle, Kämmlinge, Plöcke und Streichgarn 17 Prozent an-
genommen worden. — In warmes Waſſer eingeweicht, nimmt die Wolle
weitere bedeutende Waſſermengen in ſich auf, ſie quillt, jedoch ohne
ſich zu löſen
. In dieſem Zuſtande beſitzt ſie die charakteriſtiſche Eigen-
ſchaft aller hornartigen Subſtanzen, diejenige Form, welche man ihr gibt,
auch im getrockneten Zuſtande beizubehalten, ſie iſt dann plaſtiſch **). —
Die Wolle iſt ungemein elaſtiſch, worauf ihre Kräuſelung und ihre
Verfilzungsfähigkeit und damit ihre Verwendbarkeit als Geſpinnſt- und Ge-
webefaſer beruht. Dieſe Eigentümlichkeit der Wolle läßt ſich ſehr gut be-
obachten, wenn man eine Faſer zwiſchen Daumen und Zeigefinger hindurch-
zieht; es findet dadurch eine gewiſſe Streckung der Wollfaſer, eine Längen-
ausdehnung, ſtatt, welcher die Faſer bis zur völligen Glattſtreckung nachgibt;
ſobald die Faſer losgelaſſen wird, kehrt ſie unter Verkürzung und Kräuſelung
in ihre alte Lage zurück. Die Elaſtizität iſt um ſo größer, je weiter die

*) Auf dieſer Eigenſchaft der Wolle beruht ihre Verwendung als direktes Be-
kleidungsmittel, um den Schweiß aufzuſaugen, als Strümpfe, Unterjacken, Normal-
hemden ꝛc. Die ganze Jägerſche Bekleidungstheorie beruht auf dieſer Eigenſchaft.
**) Auf dieſer Eigenſchaft beruht die Fähigkeit der Wolle, mit Hilfe von For-
men ſich zu Filzplatten, Wollhüten, Einlegeſohlen ꝛc. preſſen zu laſſen.
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[19/0045] Man bezeichnet deshalb das Karboniſieren beſſer als ein Zerſtäuben, denn durch das ſog. Karboniſationsverfahren kann man die Pflanzenfaſer in ganz kleine, an der Grenze der Sichtbarkeit liegende Teilchen auflöſen. Durch die Karboniſation werden innerhalb der Pflanzenfaſer chemiſche Verände- rungen hervorgerufen. Hat man einer Pflanzenfaſer vor dem Karboniſieren alle löslichen Stoffe entzogen, ſo treten nach dem Prozeß im Waſſer lös- liche Stoffe auf, die bei zerſtäubter Leinwand z. B. circa 10 Prozent der Maſſe betragen. In der Löſung läßt ſich ein zuckerartiger, reduzierender Stoff nachweiſen, deſſen Gewinnung als Nebenprodukt der Karboniſation ſich vielleicht lohnen würde. Eigenſchaften der entſchweißten loſen Wolle. Die loſe Wolle bildet eine, je nach Herkunft der Faſer, mehr oder minder zarte, mehr oder minder weiche, mehr oder minder gekräuſelte, geſtaltloſe, lockere Filzmaſſe von meiſt weißem, ſelten gelblichem, graugelbem, rötlichem, braunem bis ſchwar- zem Farbenton. Die Schafwolle iſt ſtets weiß oder ſchwach gelblich, nur die von Haidſchnucken und einzelnen Abarten Landſchafen iſt farbig. Auch nach dem Entſchweißen beſitzt die Wolle noch die Eigenſchaft, Feuchtigkeit anzuziehen *) und zwar oft in bedeutenden Mengen — ſelbſt bis zu 50 Prozent, ohne jedoch ſich feucht anzufühlen oder feucht auszuſehen. — Daraus ergibt ſich für den Käufer von Wolle die Notwendigkeit, den Feuchtig- keitsgehalt derſelben vor dem Kauf feſtſtellen zu laſſen. Dies geſchieht in den Konditionieranſtalten (ſ. unten), beſonderen von der Behörde be- ſtimmten Stationen, welche den Waſſergehalt des Kaufobjekts durch Unter- ſuchung einer Probe amtlich feſtzuſtellen haben. Der gewöhnliche Waſſergehalt der Wolle beträgt nach Maumené und Grothe 14 bis 16 Prozent; ſelbſt in trockner Luft längere Zeit aufbewahrte Wolle enthält immer noch 7 bis 10 Prozent. Aus feuchter Luft nimmt die Wolle ſehr raſch wieder Feuch- tigkeit und zwar annähernd (nach Grothe) 15 Prozent. Als höchſte ge- ſetzlich zuläſſige Feuchtigkeitsmenge ſind für Kammzug und Kammgarne 18¼ Prozent, für Wolle, Kämmlinge, Plöcke und Streichgarn 17 Prozent an- genommen worden. — In warmes Waſſer eingeweicht, nimmt die Wolle weitere bedeutende Waſſermengen in ſich auf, ſie quillt, jedoch ohne ſich zu löſen. In dieſem Zuſtande beſitzt ſie die charakteriſtiſche Eigen- ſchaft aller hornartigen Subſtanzen, diejenige Form, welche man ihr gibt, auch im getrockneten Zuſtande beizubehalten, ſie iſt dann plaſtiſch **). — Die Wolle iſt ungemein elaſtiſch, worauf ihre Kräuſelung und ihre Verfilzungsfähigkeit und damit ihre Verwendbarkeit als Geſpinnſt- und Ge- webefaſer beruht. Dieſe Eigentümlichkeit der Wolle läßt ſich ſehr gut be- obachten, wenn man eine Faſer zwiſchen Daumen und Zeigefinger hindurch- zieht; es findet dadurch eine gewiſſe Streckung der Wollfaſer, eine Längen- ausdehnung, ſtatt, welcher die Faſer bis zur völligen Glattſtreckung nachgibt; ſobald die Faſer losgelaſſen wird, kehrt ſie unter Verkürzung und Kräuſelung in ihre alte Lage zurück. Die Elaſtizität iſt um ſo größer, je weiter die *) Auf dieſer Eigenſchaft der Wolle beruht ihre Verwendung als direktes Be- kleidungsmittel, um den Schweiß aufzuſaugen, als Strümpfe, Unterjacken, Normal- hemden ꝛc. Die ganze Jägerſche Bekleidungstheorie beruht auf dieſer Eigenſchaft. **) Auf dieſer Eigenſchaft beruht die Fähigkeit der Wolle, mit Hilfe von For- men ſich zu Filzplatten, Wollhüten, Einlegeſohlen ꝛc. preſſen zu laſſen. 2*

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/45>, abgerufen am 24.04.2024.