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Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.

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denen man die Schulen anvertrauet, und daß man
ihnen eine verständige und gute Methode vorschreibe,
die sie beym Unterricht der Grammatik, der Dialektik
und der Rhetorik beobachten müßten; daß man kleine
unterscheidende Belohnungen für die Schüler, die sich
hervorthun, und leichte Strafen für die Nachläßigen
einführte. Wolfs Logik ist, meiner Meynung nach,
die beste und deutlichste von allen. Alle Rektoren soll-
ten sich also bey ihrem Unterricht derselben bedienen,
da auch die von Batteux nicht übersetzt ist, und jene
nicht übertrifft. In Absicht der Rhetorik sollte man
sich blos an Quinctilian halten. Wer ihn studirt,
und nicht zur Beredsamkeit gelangt, wird sie sicher nie-
mals lernen. Der Styl dieses Werks ist hell und
deutlich, er enthält alle Vorschriften und Regeln der
Kunst. Bey diesem Unterricht aber müssen die Lehrer
nie versäumen, die eignen Versuche der Schüler sorg-
fältig zu prüfen, sich nicht begnügen, ihre Fehler zu
verbessern, sondern ihnen auch die Gründe entwickeln,
warum die Verbesserung nöthig sey? auch die Stellen
loben, die sie gut gemacht haben.

Wenn die Lehrer die Methode, welche ich hier
vorschlage, befolgen, so werden sie die Keime von Ta-
lenten entwickeln, welche die Natur gesäet hat; sie
werden die Urtheilskraft ihrer Schüler bilden, wenn
sie dieselben gewöhnen, nie ohne Kenntniß der Sache
zu entscheiden; aus Vordersätzen allemal richtige Fol-

gerungen

denen man die Schulen anvertrauet, und daß man
ihnen eine verſtaͤndige und gute Methode vorſchreibe,
die ſie beym Unterricht der Grammatik, der Dialektik
und der Rhetorik beobachten muͤßten; daß man kleine
unterſcheidende Belohnungen fuͤr die Schuͤler, die ſich
hervorthun, und leichte Strafen fuͤr die Nachlaͤßigen
einfuͤhrte. Wolfs Logik iſt, meiner Meynung nach,
die beſte und deutlichſte von allen. Alle Rektoren ſoll-
ten ſich alſo bey ihrem Unterricht derſelben bedienen,
da auch die von Batteux nicht uͤberſetzt iſt, und jene
nicht uͤbertrifft. In Abſicht der Rhetorik ſollte man
ſich blos an Quinctilian halten. Wer ihn ſtudirt,
und nicht zur Beredſamkeit gelangt, wird ſie ſicher nie-
mals lernen. Der Styl dieſes Werks iſt hell und
deutlich, er enthaͤlt alle Vorſchriften und Regeln der
Kunſt. Bey dieſem Unterricht aber muͤſſen die Lehrer
nie verſaͤumen, die eignen Verſuche der Schuͤler ſorg-
faͤltig zu pruͤfen, ſich nicht begnuͤgen, ihre Fehler zu
verbeſſern, ſondern ihnen auch die Gruͤnde entwickeln,
warum die Verbeſſerung noͤthig ſey? auch die Stellen
loben, die ſie gut gemacht haben.

Wenn die Lehrer die Methode, welche ich hier
vorſchlage, befolgen, ſo werden ſie die Keime von Ta-
lenten entwickeln, welche die Natur geſaͤet hat; ſie
werden die Urtheilskraft ihrer Schuͤler bilden, wenn
ſie dieſelben gewoͤhnen, nie ohne Kenntniß der Sache
zu entſcheiden; aus Vorderſaͤtzen allemal richtige Fol-

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[31/0037] denen man die Schulen anvertrauet, und daß man ihnen eine verſtaͤndige und gute Methode vorſchreibe, die ſie beym Unterricht der Grammatik, der Dialektik und der Rhetorik beobachten muͤßten; daß man kleine unterſcheidende Belohnungen fuͤr die Schuͤler, die ſich hervorthun, und leichte Strafen fuͤr die Nachlaͤßigen einfuͤhrte. Wolfs Logik iſt, meiner Meynung nach, die beſte und deutlichſte von allen. Alle Rektoren ſoll- ten ſich alſo bey ihrem Unterricht derſelben bedienen, da auch die von Batteux nicht uͤberſetzt iſt, und jene nicht uͤbertrifft. In Abſicht der Rhetorik ſollte man ſich blos an Quinctilian halten. Wer ihn ſtudirt, und nicht zur Beredſamkeit gelangt, wird ſie ſicher nie- mals lernen. Der Styl dieſes Werks iſt hell und deutlich, er enthaͤlt alle Vorſchriften und Regeln der Kunſt. Bey dieſem Unterricht aber muͤſſen die Lehrer nie verſaͤumen, die eignen Verſuche der Schuͤler ſorg- faͤltig zu pruͤfen, ſich nicht begnuͤgen, ihre Fehler zu verbeſſern, ſondern ihnen auch die Gruͤnde entwickeln, warum die Verbeſſerung noͤthig ſey? auch die Stellen loben, die ſie gut gemacht haben. Wenn die Lehrer die Methode, welche ich hier vorſchlage, befolgen, ſo werden ſie die Keime von Ta- lenten entwickeln, welche die Natur geſaͤet hat; ſie werden die Urtheilskraft ihrer Schuͤler bilden, wenn ſie dieſelben gewoͤhnen, nie ohne Kenntniß der Sache zu entſcheiden; aus Vorderſaͤtzen allemal richtige Fol- gerungen

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Zitationshilfe: Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780/37>, abgerufen am 28.03.2024.