Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

glücklichen Veränderungen sehen wir den Wohlstand
weit allgemeiner werden. Der niedere Stand des
Landmanns und Bürgers schmachtet nicht mehr in ei-
ner schändlichen Unterdrückung; Väter können itzt ih-
re Söhne den Wissenschaften widmen, ohne sich zu
verschulden. Dies sind die Erstlinge der glücklichen
Revolution, die wir noch zu erwarten haben; itzt sind
die Bande, welche das Genie unsrer Vorfahren fessel-
ten, zerbrochen; schon bemerkt man, wie der Saame
einer edlen Nacheiferung unter uns zu keimen anfängt.
Wir schämen uns, in gewissen Gattungen noch nicht
mit unsern Nachbarn uns vergleichen zu dürfen; wir
wünschen mit unermüdeten Arbeiten die Zeit wieder zu
gewinnen, die wir durch unsre Widerwärtigkeiten ver-
lohren haben. Ueberhaupt ist itzt der Geschmack der
Nation so eifrig auf alles gerichtet, was unser Vater-
land berühmt machen kann, daß man bey diesen Ge-
sinnungen gar nicht zweifeln darf, die Musen werden
auch uns zu seiner Zeit in den Tempel des Ruhms einfüh-
ren. Wir wollen also untersuchen, wie das noch übrig
gebliebene Unkraut der Barbaren aus unserm Boden
völlig auszurotten seyn möchte, und was noch zu thun
wäre, um die Vollkommenheit zu beschleunigen, zu der
sich unsre Landsleute zu erheben wünschen. Ich wie-
derhole, was ich Ihnen schon gesagt habe; man muß
damit anfangen die Sprache zu verbessern. Sie muß
noch gefeilt, abgehobelt, und durch geschickte Hände

bearbei-

gluͤcklichen Veraͤnderungen ſehen wir den Wohlſtand
weit allgemeiner werden. Der niedere Stand des
Landmanns und Buͤrgers ſchmachtet nicht mehr in ei-
ner ſchaͤndlichen Unterdruͤckung; Vaͤter koͤnnen itzt ih-
re Soͤhne den Wiſſenſchaften widmen, ohne ſich zu
verſchulden. Dies ſind die Erſtlinge der gluͤcklichen
Revolution, die wir noch zu erwarten haben; itzt ſind
die Bande, welche das Genie unſrer Vorfahren feſſel-
ten, zerbrochen; ſchon bemerkt man, wie der Saame
einer edlen Nacheiferung unter uns zu keimen anfaͤngt.
Wir ſchaͤmen uns, in gewiſſen Gattungen noch nicht
mit unſern Nachbarn uns vergleichen zu duͤrfen; wir
wuͤnſchen mit unermuͤdeten Arbeiten die Zeit wieder zu
gewinnen, die wir durch unſre Widerwaͤrtigkeiten ver-
lohren haben. Ueberhaupt iſt itzt der Geſchmack der
Nation ſo eifrig auf alles gerichtet, was unſer Vater-
land beruͤhmt machen kann, daß man bey dieſen Ge-
ſinnungen gar nicht zweifeln darf, die Muſen werden
auch uns zu ſeiner Zeit in den Tempel des Ruhms einfuͤh-
ren. Wir wollen alſo unterſuchen, wie das noch uͤbrig
gebliebene Unkraut der Barbaren aus unſerm Boden
voͤllig auszurotten ſeyn moͤchte, und was noch zu thun
waͤre, um die Vollkommenheit zu beſchleunigen, zu der
ſich unſre Landsleute zu erheben wuͤnſchen. Ich wie-
derhole, was ich Ihnen ſchon geſagt habe; man muß
damit anfangen die Sprache zu verbeſſern. Sie muß
noch gefeilt, abgehobelt, und durch geſchickte Haͤnde

bearbei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0020" n="14"/>
glu&#x0364;cklichen Vera&#x0364;nderungen &#x017F;ehen wir den Wohl&#x017F;tand<lb/>
weit allgemeiner werden. Der niedere Stand des<lb/>
Landmanns und Bu&#x0364;rgers &#x017F;chmachtet nicht mehr in ei-<lb/>
ner &#x017F;cha&#x0364;ndlichen Unterdru&#x0364;ckung; Va&#x0364;ter ko&#x0364;nnen itzt ih-<lb/>
re So&#x0364;hne den Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften widmen, ohne &#x017F;ich zu<lb/>
ver&#x017F;chulden. Dies &#x017F;ind die Er&#x017F;tlinge der glu&#x0364;cklichen<lb/>
Revolution, die wir noch zu erwarten haben; itzt &#x017F;ind<lb/>
die Bande, welche das Genie un&#x017F;rer Vorfahren fe&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
ten, zerbrochen; &#x017F;chon bemerkt man, wie der Saame<lb/>
einer edlen Nacheiferung unter uns zu keimen anfa&#x0364;ngt.<lb/>
Wir &#x017F;cha&#x0364;men uns, in gewi&#x017F;&#x017F;en Gattungen noch nicht<lb/>
mit un&#x017F;ern Nachbarn uns vergleichen zu du&#x0364;rfen; wir<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chen mit unermu&#x0364;deten Arbeiten die Zeit wieder zu<lb/>
gewinnen, die wir durch un&#x017F;re Widerwa&#x0364;rtigkeiten ver-<lb/>
lohren haben. Ueberhaupt i&#x017F;t itzt der Ge&#x017F;chmack der<lb/>
Nation &#x017F;o eifrig auf alles gerichtet, was un&#x017F;er Vater-<lb/>
land beru&#x0364;hmt machen kann, daß man bey die&#x017F;en Ge-<lb/>
&#x017F;innungen gar nicht zweifeln darf, die Mu&#x017F;en werden<lb/>
auch uns zu &#x017F;einer Zeit in den Tempel des Ruhms einfu&#x0364;h-<lb/>
ren. Wir wollen al&#x017F;o unter&#x017F;uchen, wie das noch u&#x0364;brig<lb/>
gebliebene Unkraut der Barbaren aus un&#x017F;erm Boden<lb/>
vo&#x0364;llig auszurotten &#x017F;eyn mo&#x0364;chte, und was noch zu thun<lb/>
wa&#x0364;re, um die Vollkommenheit zu be&#x017F;chleunigen, zu der<lb/>
&#x017F;ich un&#x017F;re Landsleute zu erheben wu&#x0364;n&#x017F;chen. Ich wie-<lb/>
derhole, was ich Ihnen &#x017F;chon ge&#x017F;agt habe; man muß<lb/>
damit anfangen die Sprache zu verbe&#x017F;&#x017F;ern. Sie muß<lb/>
noch gefeilt, abgehobelt, und durch ge&#x017F;chickte Ha&#x0364;nde<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bearbei-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0020] gluͤcklichen Veraͤnderungen ſehen wir den Wohlſtand weit allgemeiner werden. Der niedere Stand des Landmanns und Buͤrgers ſchmachtet nicht mehr in ei- ner ſchaͤndlichen Unterdruͤckung; Vaͤter koͤnnen itzt ih- re Soͤhne den Wiſſenſchaften widmen, ohne ſich zu verſchulden. Dies ſind die Erſtlinge der gluͤcklichen Revolution, die wir noch zu erwarten haben; itzt ſind die Bande, welche das Genie unſrer Vorfahren feſſel- ten, zerbrochen; ſchon bemerkt man, wie der Saame einer edlen Nacheiferung unter uns zu keimen anfaͤngt. Wir ſchaͤmen uns, in gewiſſen Gattungen noch nicht mit unſern Nachbarn uns vergleichen zu duͤrfen; wir wuͤnſchen mit unermuͤdeten Arbeiten die Zeit wieder zu gewinnen, die wir durch unſre Widerwaͤrtigkeiten ver- lohren haben. Ueberhaupt iſt itzt der Geſchmack der Nation ſo eifrig auf alles gerichtet, was unſer Vater- land beruͤhmt machen kann, daß man bey dieſen Ge- ſinnungen gar nicht zweifeln darf, die Muſen werden auch uns zu ſeiner Zeit in den Tempel des Ruhms einfuͤh- ren. Wir wollen alſo unterſuchen, wie das noch uͤbrig gebliebene Unkraut der Barbaren aus unſerm Boden voͤllig auszurotten ſeyn moͤchte, und was noch zu thun waͤre, um die Vollkommenheit zu beſchleunigen, zu der ſich unſre Landsleute zu erheben wuͤnſchen. Ich wie- derhole, was ich Ihnen ſchon geſagt habe; man muß damit anfangen die Sprache zu verbeſſern. Sie muß noch gefeilt, abgehobelt, und durch geſchickte Haͤnde bearbei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780/20
Zitationshilfe: Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780/20>, abgerufen am 20.04.2024.