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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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wissen schon, Probst, wenn Adelheid sich räuspert, das
heißt allemal: Mal apropos, Eberhard! ""Indessen
möchte es doch gut sein," fuhr sie fort, "das liebe Kind
auf Ihr überraschendes Erscheinen vorzubereiten." --

-- "Sie wollte sich entfernen. Da erwiesen sich aber
der Herr Geheimerath recht gründlich als der alte
Per--se. Nach dieser hochbeglückenden Versicherung,
meinte er, erbitte er sich die Gunst, die gnädige Frau
begleiten und in einem unmittelbaren Eindrucke die
Entscheidung über seine Herzenswünsche empfangen
zu dürfen. Er zündete während dieser Rede ohne
Umstände den Wachsstock, der auf dem Tische stand,
an, und setzte es auf diese Weise durch, als Vorleuch¬
ter, zuerst das Zimmer seiner Braut zu betreten. --

-- "Die arme, kleine Dorl saß wie jeden Abend
einsam bei ihrer Spielerei. Sie hatte kleine Kinder¬
köpfe ausgeschnitten, und war vor Langerweile einge¬
nickt. Die Arme lagen ausgestreckt über dem Tische,
und der Kopf war auf sie herabgesunken. Als die
Thür jetzt rasch geöffnet wurde, hob sie ihn, wie aus
einem Traume erwachend, in die Höhe. "Ich kann
Dir," sagte Adelheid, denn ich war natürlich unten
zurückgeblieben, "ich kann Dir das Entzücken nicht
beschreiben, das sich bei diesem Bilde in Fabers Augen

Louise v. Francois, Die letzte Reckenburgerin. II. 6

wiſſen ſchon, Probſt, wenn Adelheid ſich räuspert, das
heißt allemal: Mal apropos, Eberhard! „„Indeſſen
möchte es doch gut ſein,“ fuhr ſie fort, „das liebe Kind
auf Ihr überraſchendes Erſcheinen vorzubereiten.“ —

— „Sie wollte ſich entfernen. Da erwieſen ſich aber
der Herr Geheimerath recht gründlich als der alte
Per—ſé. Nach dieſer hochbeglückenden Verſicherung,
meinte er, erbitte er ſich die Gunſt, die gnädige Frau
begleiten und in einem unmittelbaren Eindrucke die
Entſcheidung über ſeine Herzenswünſche empfangen
zu dürfen. Er zündete während dieſer Rede ohne
Umſtände den Wachsſtock, der auf dem Tiſche ſtand,
an, und ſetzte es auf dieſe Weiſe durch, als Vorleuch¬
ter, zuerſt das Zimmer ſeiner Braut zu betreten. —

— „Die arme, kleine Dorl ſaß wie jeden Abend
einſam bei ihrer Spielerei. Sie hatte kleine Kinder¬
köpfe ausgeſchnitten, und war vor Langerweile einge¬
nickt. Die Arme lagen ausgeſtreckt über dem Tiſche,
und der Kopf war auf ſie herabgeſunken. Als die
Thür jetzt raſch geöffnet wurde, hob ſie ihn, wie aus
einem Traume erwachend, in die Höhe. „Ich kann
Dir,“ ſagte Adelheid, denn ich war natürlich unten
zurückgeblieben, „ich kann Dir das Entzücken nicht
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[81/0085] wiſſen ſchon, Probſt, wenn Adelheid ſich räuspert, das heißt allemal: Mal apropos, Eberhard! „„Indeſſen möchte es doch gut ſein,“ fuhr ſie fort, „das liebe Kind auf Ihr überraſchendes Erſcheinen vorzubereiten.“ — — „Sie wollte ſich entfernen. Da erwieſen ſich aber der Herr Geheimerath recht gründlich als der alte Per—ſé. Nach dieſer hochbeglückenden Verſicherung, meinte er, erbitte er ſich die Gunſt, die gnädige Frau begleiten und in einem unmittelbaren Eindrucke die Entſcheidung über ſeine Herzenswünſche empfangen zu dürfen. Er zündete während dieſer Rede ohne Umſtände den Wachsſtock, der auf dem Tiſche ſtand, an, und ſetzte es auf dieſe Weiſe durch, als Vorleuch¬ ter, zuerſt das Zimmer ſeiner Braut zu betreten. — — „Die arme, kleine Dorl ſaß wie jeden Abend einſam bei ihrer Spielerei. Sie hatte kleine Kinder¬ köpfe ausgeſchnitten, und war vor Langerweile einge¬ nickt. Die Arme lagen ausgeſtreckt über dem Tiſche, und der Kopf war auf ſie herabgeſunken. Als die Thür jetzt raſch geöffnet wurde, hob ſie ihn, wie aus einem Traume erwachend, in die Höhe. „Ich kann Dir,“ ſagte Adelheid, denn ich war natürlich unten zurückgeblieben, „ich kann Dir das Entzücken nicht beſchreiben, das ſich bei dieſem Bilde in Fabers Augen Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. II. 6

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/85>, abgerufen am 28.03.2024.