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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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-- doch so langathmig wie das Leben in dem Gold¬
thurm der Reckenburg.

Als aber, -- um vor der Hand mit dem matri¬
monialen Kapitel abzuschließen, -- als aber jenes
langathmige Leben endlich dennoch ausathmete, und
die Reize und Tugenden der letzten Reckenburgerin in
dem grünen Röcklein ihrer Heimath strahlten, da wußte
sie Besseres zu thun, als die Blöße eines harrenden
Ritters unter seinen Falten zu verbergen. En arriere
cavaliers
! hieß es nun ihrerseits; en arriere au
galop!

Und das Herz hat ihr nicht geklopft bei dieser
Freierscheuche. Denn zu ihrem Glück oder Unglück,
hatte sie früh nach großen Maaßen messen gelernt,
und ein verführerischer Antinous, ein Charakter wie
Mosjö Per--se zählten nicht zu ihrer späteren Clientel.

Die Herbstereignisse von 1806 trieben mich eilend
und voraussichtlich für längere Zeit in das Elternhaus
zurück. Der Kurfürst hatte sich in letzter Stunde für
den Krieg entschieden und mein alter Vater mußte zum
zweiten Male unter preußischem Banner zu Felde ziehen.

Die Mutter, deren Gesundheit sich seit jenen
Trennungsjahren nicht wieder erholt hatte, brach bei
diesem zweiten Abschied ohne Widerstand zusammen.

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— doch ſo langathmig wie das Leben in dem Gold¬
thurm der Reckenburg.

Als aber, — um vor der Hand mit dem matri¬
monialen Kapitel abzuſchließen, — als aber jenes
langathmige Leben endlich dennoch ausathmete, und
die Reize und Tugenden der letzten Reckenburgerin in
dem grünen Röcklein ihrer Heimath ſtrahlten, da wußte
ſie Beſſeres zu thun, als die Blöße eines harrenden
Ritters unter ſeinen Falten zu verbergen. En arrière
cavaliers
! hieß es nun ihrerſeits; en arrière au
galop!

Und das Herz hat ihr nicht geklopft bei dieſer
Freierſcheuche. Denn zu ihrem Glück oder Unglück,
hatte ſie früh nach großen Maaßen meſſen gelernt,
und ein verführeriſcher Antinous, ein Charakter wie
Mosjö Per—ſé zählten nicht zu ihrer ſpäteren Clientel.

Die Herbſtereigniſſe von 1806 trieben mich eilend
und vorausſichtlich für längere Zeit in das Elternhaus
zurück. Der Kurfürſt hatte ſich in letzter Stunde für
den Krieg entſchieden und mein alter Vater mußte zum
zweiten Male unter preußiſchem Banner zu Felde ziehen.

Die Mutter, deren Geſundheit ſich ſeit jenen
Trennungsjahren nicht wieder erholt hatte, brach bei
dieſem zweiten Abſchied ohne Widerſtand zuſammen.

8*
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[115/0119] — doch ſo langathmig wie das Leben in dem Gold¬ thurm der Reckenburg. Als aber, — um vor der Hand mit dem matri¬ monialen Kapitel abzuſchließen, — als aber jenes langathmige Leben endlich dennoch ausathmete, und die Reize und Tugenden der letzten Reckenburgerin in dem grünen Röcklein ihrer Heimath ſtrahlten, da wußte ſie Beſſeres zu thun, als die Blöße eines harrenden Ritters unter ſeinen Falten zu verbergen. En arrière cavaliers! hieß es nun ihrerſeits; en arrière au galop! Und das Herz hat ihr nicht geklopft bei dieſer Freierſcheuche. Denn zu ihrem Glück oder Unglück, hatte ſie früh nach großen Maaßen meſſen gelernt, und ein verführeriſcher Antinous, ein Charakter wie Mosjö Per—ſé zählten nicht zu ihrer ſpäteren Clientel. Die Herbſtereigniſſe von 1806 trieben mich eilend und vorausſichtlich für längere Zeit in das Elternhaus zurück. Der Kurfürſt hatte ſich in letzter Stunde für den Krieg entſchieden und mein alter Vater mußte zum zweiten Male unter preußiſchem Banner zu Felde ziehen. Die Mutter, deren Geſundheit ſich ſeit jenen Trennungsjahren nicht wieder erholt hatte, brach bei dieſem zweiten Abſchied ohne Widerſtand zuſammen. 8*

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/119>, abgerufen am 19.04.2024.