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Fouqué, Caroline de La Motte-: Ueber deutsche Geselligkeit. Berlin, 1814.

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erben und zu neuen Sünden reizen werde. Die
unnatürliche Verkennung unsrer selbst hat uns zu
fremden Gefangenen gemacht. Wir haben den Ge-
brauch eigner Glieder verlernt, und bewegen uns
leichter mit erborgten Stützen. Selbst veranlaßte
Unbeholfenheit jagt uns immer aufs neue wieder
zur französischen Sprache.

Wir stellen uns freiwillig in die zweite
Reihe, indem wir mit einer Art von Deferenz
Solche betrachten, die sich ihrer Natur gemäß in
dem Elemente, was uns angezwungen wird, be-
haglich und leicht fühlen. Der Vorsprung, den
die Franzosen, eben durch die allgemeine Anerken-
nung ihrer Sprache, haben, erfüllt uns entweder
mit toller Nacheiferung ihnen gleich zu stehen, oder
verschließt uns zu bescheiden in uns selbst. Wir
haben aber ein Wort mitzureden, und dürfen es
mit Stolz und Sicherheit laut werden lassen. Wir
sollen nicht länger zwischen eigenthümlicher und
fremder Bildung schwanken, es steht uns wohl an
Deutsch zu seyn. Jst die französische Sprache dem
gesellig verkehrenden Europa unentbehrlich gewor-
den, so gelte sie wie eine Scheide- und Ausglei-

erben und zu neuen Suͤnden reizen werde. Die
unnatuͤrliche Verkennung unſrer ſelbſt hat uns zu
fremden Gefangenen gemacht. Wir haben den Ge-
brauch eigner Glieder verlernt, und bewegen uns
leichter mit erborgten Stuͤtzen. Selbſt veranlaßte
Unbeholfenheit jagt uns immer aufs neue wieder
zur franzoͤſiſchen Sprache.

Wir ſtellen uns freiwillig in die zweite
Reihe, indem wir mit einer Art von Deferenz
Solche betrachten, die ſich ihrer Natur gemaͤß in
dem Elemente, was uns angezwungen wird, be-
haglich und leicht fuͤhlen. Der Vorſprung, den
die Franzoſen, eben durch die allgemeine Anerken-
nung ihrer Sprache, haben, erfuͤllt uns entweder
mit toller Nacheiferung ihnen gleich zu ſtehen, oder
verſchließt uns zu beſcheiden in uns ſelbſt. Wir
haben aber ein Wort mitzureden, und duͤrfen es
mit Stolz und Sicherheit laut werden laſſen. Wir
ſollen nicht laͤnger zwiſchen eigenthuͤmlicher und
fremder Bildung ſchwanken, es ſteht uns wohl an
Deutſch zu ſeyn. Jſt die franzoͤſiſche Sprache dem
geſellig verkehrenden Europa unentbehrlich gewor-
den, ſo gelte ſie wie eine Scheide- und Ausglei-

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[30/0032] erben und zu neuen Suͤnden reizen werde. Die unnatuͤrliche Verkennung unſrer ſelbſt hat uns zu fremden Gefangenen gemacht. Wir haben den Ge- brauch eigner Glieder verlernt, und bewegen uns leichter mit erborgten Stuͤtzen. Selbſt veranlaßte Unbeholfenheit jagt uns immer aufs neue wieder zur franzoͤſiſchen Sprache. Wir ſtellen uns freiwillig in die zweite Reihe, indem wir mit einer Art von Deferenz Solche betrachten, die ſich ihrer Natur gemaͤß in dem Elemente, was uns angezwungen wird, be- haglich und leicht fuͤhlen. Der Vorſprung, den die Franzoſen, eben durch die allgemeine Anerken- nung ihrer Sprache, haben, erfuͤllt uns entweder mit toller Nacheiferung ihnen gleich zu ſtehen, oder verſchließt uns zu beſcheiden in uns ſelbſt. Wir haben aber ein Wort mitzureden, und duͤrfen es mit Stolz und Sicherheit laut werden laſſen. Wir ſollen nicht laͤnger zwiſchen eigenthuͤmlicher und fremder Bildung ſchwanken, es ſteht uns wohl an Deutſch zu ſeyn. Jſt die franzoͤſiſche Sprache dem geſellig verkehrenden Europa unentbehrlich gewor- den, ſo gelte ſie wie eine Scheide- und Ausglei-

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Ueber deutsche Geselligkeit. Berlin, 1814, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_geselligkeit_1814/32>, abgerufen am 28.03.2024.