Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

nehmen; aber wenn es Güter giebt, die
unantastbar und allen heilig seyn sollen, so
ist das Leben gewiss nicht das einzige, wel¬
ches unter diese Rubrik gehört; auch die¬
jenigen Zwecke des Lebens gehören hieher,
ohne welche der Mensch seinen Rang auf
der Leiter der Wesen nicht behaupten kann,
ohne welche er Mensch zu seyn aufhören
muss. Die Freiheit der Person ist unstreitig
ein solches, von der Bestimmung des Men¬
schen unzertrennliches und folglich unver¬
äusserliches
Gut. Wenn also der bürger¬
liche Vertrag ein so schreckliches Uebel,
wie die gewaltsame Beraubung eines unver¬
äu
sserlichen Gutes, über einen Menschen
um der Sicherheit Aller willen verhängen
muss, so bleibt zu entscheiden übrig, ob
es nicht zwecklose Grausamkeit sey, das
Leben durch ewige Gefängnissstrafe in fort¬
währende Quaal zu verwandeln, wobei es

B 4

nehmen; aber wenn es Güter giebt, die
unantastbar und allen heilig seyn sollen, so
ist das Leben gewiſs nicht das einzige, wel¬
ches unter diese Rubrik gehört; auch die¬
jenigen Zwecke des Lebens gehören hieher,
ohne welche der Mensch seinen Rang auf
der Leiter der Wesen nicht behaupten kann,
ohne welche er Mensch zu seyn aufhören
muſs. Die Freiheit der Person ist unstreitig
ein solches, von der Bestimmung des Men¬
schen unzertrennliches und folglich unver¬
äuſserliches
Gut. Wenn also der bürger¬
liche Vertrag ein so schreckliches Uebel,
wie die gewaltsame Beraubung eines unver¬
äu
ſserlichen Gutes, über einen Menschen
um der Sicherheit Aller willen verhängen
muſs, so bleibt zu entscheiden übrig, ob
es nicht zwecklose Grausamkeit sey, das
Leben durch ewige Gefängniſsstrafe in fort¬
währende Quaal zu verwandeln, wobei es

B 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0035" n="23"/>
nehmen; aber wenn es Güter giebt, die<lb/>
unantastbar und allen heilig seyn sollen, so<lb/>
ist das Leben gewi&#x017F;s nicht das einzige, wel¬<lb/>
ches unter diese Rubrik gehört; auch die¬<lb/>
jenigen Zwecke des Lebens gehören hieher,<lb/>
ohne welche der Mensch seinen Rang auf<lb/>
der Leiter der Wesen nicht behaupten kann,<lb/>
ohne welche er Mensch zu seyn aufhören<lb/>
mu&#x017F;s. Die Freiheit der Person ist unstreitig<lb/>
ein solches, von der Bestimmung des Men¬<lb/>
schen unzertrennliches und folglich <hi rendition="#i">unver¬<lb/>
äu&#x017F;serliches</hi> Gut. Wenn also der bürger¬<lb/>
liche Vertrag ein so schreckliches Uebel,<lb/>
wie die gewaltsame Beraubung eines <hi rendition="#i">unver¬<lb/>
äu</hi>&#x017F;s<hi rendition="#i">erlichen</hi> Gutes, über einen Menschen<lb/>
um der Sicherheit Aller willen verhängen<lb/>
mu&#x017F;s, so bleibt zu entscheiden übrig, ob<lb/>
es nicht zwecklose Grausamkeit sey, das<lb/>
Leben durch ewige Gefängni&#x017F;sstrafe in fort¬<lb/>
währende Quaal zu verwandeln, wobei es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 4<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0035] nehmen; aber wenn es Güter giebt, die unantastbar und allen heilig seyn sollen, so ist das Leben gewiſs nicht das einzige, wel¬ ches unter diese Rubrik gehört; auch die¬ jenigen Zwecke des Lebens gehören hieher, ohne welche der Mensch seinen Rang auf der Leiter der Wesen nicht behaupten kann, ohne welche er Mensch zu seyn aufhören muſs. Die Freiheit der Person ist unstreitig ein solches, von der Bestimmung des Men¬ schen unzertrennliches und folglich unver¬ äuſserliches Gut. Wenn also der bürger¬ liche Vertrag ein so schreckliches Uebel, wie die gewaltsame Beraubung eines unver¬ äuſserlichen Gutes, über einen Menschen um der Sicherheit Aller willen verhängen muſs, so bleibt zu entscheiden übrig, ob es nicht zwecklose Grausamkeit sey, das Leben durch ewige Gefängniſsstrafe in fort¬ währende Quaal zu verwandeln, wobei es B 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/35
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/35>, abgerufen am 19.04.2024.