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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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dass die guten Weinländer sich, ein Jahr
ins andre gerechnet, zu sieben bis acht Pro¬
cent verinteressiren, des Misswachses unbe¬
schadet. Es wäre nun noch die Frage übrig,
ob dieser Gewinn der Gutsbesitzer den Staat
für die hingeopferte Moralität seiner Glieder
hinlänglich entschädigen kann?

Der ungewöhnlich niedrige Stand des
Rheinwassers war schuld, dass unsere Jacht
nur langsam hinunterfuhr. Erst um acht Uhr
Abends erreichten wir Boppart beim Mond¬
licht, das den ganzen Gebirgskessel angenehm
erleuchtete. Wir eilten dem besten Wirths¬
hause zu; allein hier fanden wir alle Zim¬
mer besetzt. In einem zweiten sahen wir
alle Fenster eingeworfen; von dem dritten
schreckte uns die Schilderung der darin herr¬
schenden Unreinlichkeit zurück. Also mussten
wir auf gut Glück im vierten einkehren und
uns an einer kalten Kammer und einem ge¬

mein¬

daſs die guten Weinländer sich, ein Jahr
ins andre gerechnet, zu sieben bis acht Pro¬
cent verinteressiren, des Miſswachses unbe¬
schadet. Es wäre nun noch die Frage übrig,
ob dieser Gewinn der Gutsbesitzer den Staat
für die hingeopferte Moralität seiner Glieder
hinlänglich entschädigen kann?

Der ungewöhnlich niedrige Stand des
Rheinwassers war schuld, daſs unsere Jacht
nur langsam hinunterfuhr. Erst um acht Uhr
Abends erreichten wir Boppart beim Mond¬
licht, das den ganzen Gebirgskessel angenehm
erleuchtete. Wir eilten dem besten Wirths¬
hause zu; allein hier fanden wir alle Zim¬
mer besetzt. In einem zweiten sahen wir
alle Fenster eingeworfen; von dem dritten
schreckte uns die Schilderung der darin herr¬
schenden Unreinlichkeit zurück. Also muſsten
wir auf gut Glück im vierten einkehren und
uns an einer kalten Kammer und einem ge¬

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[16/0028] daſs die guten Weinländer sich, ein Jahr ins andre gerechnet, zu sieben bis acht Pro¬ cent verinteressiren, des Miſswachses unbe¬ schadet. Es wäre nun noch die Frage übrig, ob dieser Gewinn der Gutsbesitzer den Staat für die hingeopferte Moralität seiner Glieder hinlänglich entschädigen kann? Der ungewöhnlich niedrige Stand des Rheinwassers war schuld, daſs unsere Jacht nur langsam hinunterfuhr. Erst um acht Uhr Abends erreichten wir Boppart beim Mond¬ licht, das den ganzen Gebirgskessel angenehm erleuchtete. Wir eilten dem besten Wirths¬ hause zu; allein hier fanden wir alle Zim¬ mer besetzt. In einem zweiten sahen wir alle Fenster eingeworfen; von dem dritten schreckte uns die Schilderung der darin herr¬ schenden Unreinlichkeit zurück. Also muſsten wir auf gut Glück im vierten einkehren und uns an einer kalten Kammer und einem ge¬ mein¬

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/28>, abgerufen am 28.03.2024.