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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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Vorschüsse übrig bleibt, und ist im folgenden
Jahr ein Bettler, vorher. Ich weiss, es giebt
einen Gesichtspunkt, in welchem man diese
Lebensart verhältnismässig glücklich nennen
kann. Wenn gleich der Weinbauer nichts
erübrigt, so lebt er doch sorglos, in Hof¬
nung auf das gute Jahr, welches ihm immer
wieder aufhilft. Allein, wenn man so rai¬
sonnirt, bringt man die Herabwürdigung der
Sittlichkeit dieses Bauers nicht in Rechnung,
die eine unausbleibliche Folge seiner unsichern
Subsistenz ist. Der Landeigenthümer zieht
freilich einen in die Augen fallenden Gewinn
vom Weinbau; denn weil er nicht aus Man¬
gel gezwungen ist, seine Weine frisch von
der Kelter zu veräussern, so hat er den
Vortheil, dass sich auch das Erzeugniss der
schlechtesten Jahre auf dem Fasse in die
Länge veredelt, und ihm seinen ansehnlichen
Gewinn herausbringen hilft. Man rechnet,

Vorschüsse übrig bleibt, und ist im folgenden
Jahr ein Bettler, vorher. Ich weiſs, es giebt
einen Gesichtspunkt, in welchem man diese
Lebensart verhältnismäſsig glücklich nennen
kann. Wenn gleich der Weinbauer nichts
erübrigt, so lebt er doch sorglos, in Hof¬
nung auf das gute Jahr, welches ihm immer
wieder aufhilft. Allein, wenn man so rai¬
sonnirt, bringt man die Herabwürdigung der
Sittlichkeit dieses Bauers nicht in Rechnung,
die eine unausbleibliche Folge seiner unsichern
Subsistenz ist. Der Landeigenthümer zieht
freilich einen in die Augen fallenden Gewinn
vom Weinbau; denn weil er nicht aus Man¬
gel gezwungen ist, seine Weine frisch von
der Kelter zu veräuſsern, so hat er den
Vortheil, daſs sich auch das Erzeugniſs der
schlechtesten Jahre auf dem Fasse in die
Länge veredelt, und ihm seinen ansehnlichen
Gewinn herausbringen hilft. Man rechnet,

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[15/0027] Vorschüsse übrig bleibt, und ist im folgenden Jahr ein Bettler, vorher. Ich weiſs, es giebt einen Gesichtspunkt, in welchem man diese Lebensart verhältnismäſsig glücklich nennen kann. Wenn gleich der Weinbauer nichts erübrigt, so lebt er doch sorglos, in Hof¬ nung auf das gute Jahr, welches ihm immer wieder aufhilft. Allein, wenn man so rai¬ sonnirt, bringt man die Herabwürdigung der Sittlichkeit dieses Bauers nicht in Rechnung, die eine unausbleibliche Folge seiner unsichern Subsistenz ist. Der Landeigenthümer zieht freilich einen in die Augen fallenden Gewinn vom Weinbau; denn weil er nicht aus Man¬ gel gezwungen ist, seine Weine frisch von der Kelter zu veräuſsern, so hat er den Vortheil, daſs sich auch das Erzeugniſs der schlechtesten Jahre auf dem Fasse in die Länge veredelt, und ihm seinen ansehnlichen Gewinn herausbringen hilft. Man rechnet,

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/27>, abgerufen am 29.03.2024.