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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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"Einer unsrer Besten, sag ich, und wirklich ein
Guter. Er spielt nicht blos den Ritterlichen, er ist
es auch. Natürlich auf seine Weise. Jedenfalls trägt
er ein ehrliches Gesicht und keine Maske".

"Alvensleben hat Recht," bestätigte Nostitz. "Ich
nicht habeviel für ihn übrig, aber das ist wahr, alles
an ihm ist echt, auch seine steife Vornehmheit, so lang¬
weilig und so beleidigend ich sie finde. Und darin
unterscheidet er sich von uns. Er ist immer er selbst,
gleichviel ob er in den Salon tritt, oder vorm Spiegel
steht, oder beim Zubettegehn sich seine saffranfarbenen
Nachthandschuh anzieht. Sander, der ihn nicht liebt
soll entscheiden und das letzte Wort über ihn haben."

"Es ist keine drei Tage," hob dieser an, "daß ich
in der Haude und Spenerschen gelesen, der Kaiser
von Brasilien habe den Heiligen Antonius zum Obrist¬
lieutenant befördert und seinen Kriegsminister an¬
gewiesen, besagtem Heiligen die Löhnung bis auf
Weiteres gut zu schreiben. Welche Gutschreibung mir
einen noch größeren Eindruck gemacht hat, als die
Beförderung. Aber gleichviel. In Tagen derartiger
Ernennungen und Beförderungen, wird es nicht auf¬
fallen, wenn ich die Gefühle dieser Stunde, zugleich
aber den von mir geforderten Entscheid und Richter¬
spruch, in die Worte zusammenfasse: Seine Majestät
der Rittmeister von Schach, er lebe hoch."

"O, vorzüglich Sander," sagte Bülow, "damit

„Einer unſrer Beſten, ſag ich, und wirklich ein
Guter. Er ſpielt nicht blos den Ritterlichen, er iſt
es auch. Natürlich auf ſeine Weiſe. Jedenfalls trägt
er ein ehrliches Geſicht und keine Maske“.

„Alvensleben hat Recht,“ beſtätigte Noſtitz. „Ich
nicht habeviel für ihn übrig, aber das iſt wahr, alles
an ihm iſt echt, auch ſeine ſteife Vornehmheit, ſo lang¬
weilig und ſo beleidigend ich ſie finde. Und darin
unterſcheidet er ſich von uns. Er iſt immer er ſelbſt,
gleichviel ob er in den Salon tritt, oder vorm Spiegel
ſteht, oder beim Zubettegehn ſich ſeine ſaffranfarbenen
Nachthandſchuh anzieht. Sander, der ihn nicht liebt
ſoll entſcheiden und das letzte Wort über ihn haben.“

„Es iſt keine drei Tage,“ hob dieſer an, „daß ich
in der Haude und Spenerſchen geleſen, der Kaiſer
von Braſilien habe den Heiligen Antonius zum Obriſt¬
lieutenant befördert und ſeinen Kriegsminiſter an¬
gewieſen, beſagtem Heiligen die Löhnung bis auf
Weiteres gut zu ſchreiben. Welche Gutſchreibung mir
einen noch größeren Eindruck gemacht hat, als die
Beförderung. Aber gleichviel. In Tagen derartiger
Ernennungen und Beförderungen, wird es nicht auf¬
fallen, wenn ich die Gefühle dieſer Stunde, zugleich
aber den von mir geforderten Entſcheid und Richter¬
ſpruch, in die Worte zuſammenfaſſe: Seine Majeſtät
der Rittmeiſter von Schach, er lebe hoch.“

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[32/0044] „Einer unſrer Beſten, ſag ich, und wirklich ein Guter. Er ſpielt nicht blos den Ritterlichen, er iſt es auch. Natürlich auf ſeine Weiſe. Jedenfalls trägt er ein ehrliches Geſicht und keine Maske“. „Alvensleben hat Recht,“ beſtätigte Noſtitz. „Ich nicht habeviel für ihn übrig, aber das iſt wahr, alles an ihm iſt echt, auch ſeine ſteife Vornehmheit, ſo lang¬ weilig und ſo beleidigend ich ſie finde. Und darin unterſcheidet er ſich von uns. Er iſt immer er ſelbſt, gleichviel ob er in den Salon tritt, oder vorm Spiegel ſteht, oder beim Zubettegehn ſich ſeine ſaffranfarbenen Nachthandſchuh anzieht. Sander, der ihn nicht liebt ſoll entſcheiden und das letzte Wort über ihn haben.“ „Es iſt keine drei Tage,“ hob dieſer an, „daß ich in der Haude und Spenerſchen geleſen, der Kaiſer von Braſilien habe den Heiligen Antonius zum Obriſt¬ lieutenant befördert und ſeinen Kriegsminiſter an¬ gewieſen, beſagtem Heiligen die Löhnung bis auf Weiteres gut zu ſchreiben. Welche Gutſchreibung mir einen noch größeren Eindruck gemacht hat, als die Beförderung. Aber gleichviel. In Tagen derartiger Ernennungen und Beförderungen, wird es nicht auf¬ fallen, wenn ich die Gefühle dieſer Stunde, zugleich aber den von mir geforderten Entſcheid und Richter¬ ſpruch, in die Worte zuſammenfaſſe: Seine Majeſtät der Rittmeiſter von Schach, er lebe hoch.“ „O, vorzüglich Sander,“ ſagte Bülow, „damit

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/44>, abgerufen am 23.04.2024.