Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

und sagte: "Das Geringste, was ich von einem sol¬
chen hundstäglichen April erwarten kann, sind Mai¬
kräuter, Asperula odorata Linnei. Denn ich hab
auch Botanisches verlegt. Von dem Vorhandensein
frischer Apfelsinen haben wir uns draußen mit Ge¬
fahr unseres Lebens überzeugt, und für den Mosel
bürgt uns die Firma."

Der Herr am Pult rührte sich nicht, aber man
sah deutlich, daß er mit seinem Rücken zustimmte,
Bülow und Alvensleben thaten desgleichen, und
Sander resolvierte kurz: "Also Maibowle."

Das Wort war absichtlich laut und mit der Be¬
tonung einer Ordre gesprochen worden, und im selben
Augenblicke scholl es auch schon vom Drehstuhl her in
das Kellerloch hinunter "Fritz!" Ein zunächst nur mit
halber Figur aus der Versenkung auftauchender, dicker
und kurzhalsiger Junge, wurde, wie wenn auf eine
Feder gedrückt worden wäre, sofort sichtbar, über¬
sprang diensteifrig, indem er die Hand aufsetzte, die
letzten zwei, drei Stufen und stand im Nu vor San¬
der, den er, allem Anscheine nach, am besten kannte.

"Sagen Sie, Fritz, wie verhält sich die Firma
Sala Tarone zur Maibowle?"

"Gut. Sehr gut."

"Aber wir haben erst April, und so sehr ich im
allgemeinen der Mann der Surrogate bin, so hass'
ich doch eins: die Toncabohne. Die Toncabohne ge¬

und ſagte: „Das Geringſte, was ich von einem ſol¬
chen hundstäglichen April erwarten kann, ſind Mai¬
kräuter, Asperula odorata Linnéi. Denn ich hab
auch Botaniſches verlegt. Von dem Vorhandenſein
friſcher Apfelſinen haben wir uns draußen mit Ge¬
fahr unſeres Lebens überzeugt, und für den Moſel
bürgt uns die Firma.“

Der Herr am Pult rührte ſich nicht, aber man
ſah deutlich, daß er mit ſeinem Rücken zuſtimmte,
Bülow und Alvensleben thaten desgleichen, und
Sander reſolvierte kurz: „Alſo Maibowle.“

Das Wort war abſichtlich laut und mit der Be¬
tonung einer Ordre geſprochen worden, und im ſelben
Augenblicke ſcholl es auch ſchon vom Drehſtuhl her in
das Kellerloch hinunter „Fritz!“ Ein zunächſt nur mit
halber Figur aus der Verſenkung auftauchender, dicker
und kurzhalſiger Junge, wurde, wie wenn auf eine
Feder gedrückt worden wäre, ſofort ſichtbar, über¬
ſprang dienſteifrig, indem er die Hand aufſetzte, die
letzten zwei, drei Stufen und ſtand im Nu vor San¬
der, den er, allem Anſcheine nach, am beſten kannte.

„Sagen Sie, Fritz, wie verhält ſich die Firma
Sala Tarone zur Maibowle?“

„Gut. Sehr gut.“

„Aber wir haben erſt April, und ſo ſehr ich im
allgemeinen der Mann der Surrogate bin, ſo haſſ'
ich doch eins: die Toncabohne. Die Toncabohne ge¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0037" n="25"/>
und &#x017F;agte: &#x201E;Das Gering&#x017F;te, was ich von einem &#x017F;ol¬<lb/>
chen hundstäglichen April erwarten kann, &#x017F;ind Mai¬<lb/>
kräuter, <hi rendition="#aq">Asperula odorata Linnéi</hi>. Denn ich hab<lb/>
auch Botani&#x017F;ches verlegt. Von dem Vorhanden&#x017F;ein<lb/>
fri&#x017F;cher Apfel&#x017F;inen haben wir uns draußen mit Ge¬<lb/>
fahr un&#x017F;eres Lebens überzeugt, und für den Mo&#x017F;el<lb/>
bürgt uns die Firma.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Herr am Pult rührte &#x017F;ich nicht, aber man<lb/>
&#x017F;ah deutlich, daß er mit &#x017F;einem Rücken zu&#x017F;timmte,<lb/>
Bülow und Alvensleben thaten desgleichen, und<lb/>
Sander re&#x017F;olvierte kurz: &#x201E;Al&#x017F;o Maibowle.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Das Wort war ab&#x017F;ichtlich laut und mit der Be¬<lb/>
tonung einer Ordre ge&#x017F;prochen worden, und im &#x017F;elben<lb/>
Augenblicke &#x017F;choll es auch &#x017F;chon vom Dreh&#x017F;tuhl her in<lb/>
das Kellerloch hinunter &#x201E;Fritz!&#x201C; Ein zunäch&#x017F;t nur mit<lb/>
halber Figur aus der Ver&#x017F;enkung auftauchender, dicker<lb/>
und kurzhal&#x017F;iger Junge, wurde, wie wenn auf eine<lb/>
Feder gedrückt worden wäre, &#x017F;ofort &#x017F;ichtbar, über¬<lb/>
&#x017F;prang dien&#x017F;teifrig, indem er die Hand auf&#x017F;etzte, die<lb/>
letzten zwei, drei Stufen und &#x017F;tand im Nu vor San¬<lb/>
der, den er, allem An&#x017F;cheine nach, am be&#x017F;ten kannte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sagen Sie, Fritz, wie verhält &#x017F;ich die Firma<lb/>
Sala Tarone zur Maibowle?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gut. Sehr gut.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber wir haben er&#x017F;t April, und &#x017F;o &#x017F;ehr ich im<lb/>
allgemeinen der Mann der Surrogate bin, &#x017F;o ha&#x017F;&#x017F;'<lb/>
ich doch eins: die Toncabohne. Die Toncabohne ge¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0037] und ſagte: „Das Geringſte, was ich von einem ſol¬ chen hundstäglichen April erwarten kann, ſind Mai¬ kräuter, Asperula odorata Linnéi. Denn ich hab auch Botaniſches verlegt. Von dem Vorhandenſein friſcher Apfelſinen haben wir uns draußen mit Ge¬ fahr unſeres Lebens überzeugt, und für den Moſel bürgt uns die Firma.“ Der Herr am Pult rührte ſich nicht, aber man ſah deutlich, daß er mit ſeinem Rücken zuſtimmte, Bülow und Alvensleben thaten desgleichen, und Sander reſolvierte kurz: „Alſo Maibowle.“ Das Wort war abſichtlich laut und mit der Be¬ tonung einer Ordre geſprochen worden, und im ſelben Augenblicke ſcholl es auch ſchon vom Drehſtuhl her in das Kellerloch hinunter „Fritz!“ Ein zunächſt nur mit halber Figur aus der Verſenkung auftauchender, dicker und kurzhalſiger Junge, wurde, wie wenn auf eine Feder gedrückt worden wäre, ſofort ſichtbar, über¬ ſprang dienſteifrig, indem er die Hand aufſetzte, die letzten zwei, drei Stufen und ſtand im Nu vor San¬ der, den er, allem Anſcheine nach, am beſten kannte. „Sagen Sie, Fritz, wie verhält ſich die Firma Sala Tarone zur Maibowle?“ „Gut. Sehr gut.“ „Aber wir haben erſt April, und ſo ſehr ich im allgemeinen der Mann der Surrogate bin, ſo haſſ' ich doch eins: die Toncabohne. Die Toncabohne ge¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/37
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/37>, abgerufen am 28.03.2024.