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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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aber doch einen Cirkus von Prinzen. Und da hinein
ist nun unser guter Stechlin gestellt. Natürlich thut er,
was er kann, und macht so gewisse Luxusse mit, Gefühls¬
luxusse, Gesinnungsluxusse und, wenn es sein muß, auch
Freiheitsluxusse. So 'nen Schimmer von Sozialdemokratie.
Das ist aber auf die Dauer schwierig. Richtige Prinzen
können sich das leisten, die verbebeln nicht leicht. Aber
Stechlin! Stechlin ist ein reizender Kerl, aber er ist doch
bloß ein Mensch."

"Und das sagen Sie, Czako, gerade Sie, der Sie
das Menschliche stets betonen?"

"Ja, Rex, das thu' ich. Heut wie immer. Aber
eines schickt sich nicht für alle. Der eine darf's, der
andre nicht. Wenn unser Freund Stechlin sich in diese
seine alte Schloßkate zurückzieht, so darf er Mensch sein,
so viel er will, aber als Gardedragoner kommt er da¬
mit nicht aus. Vom alten Adam will ich nicht sprechen,
das hat immer noch so 'ne Nebenbedeutung."


Während Rex und Czako Toilette machten und ab¬
wechselnd über den alten und den jungen Stechlin ver¬
handelten, schritten die, die den Gegenstand dieser Unter¬
haltung bildeten, Vater und Sohn, im Garten auf und
ab und hatten auch ihrerseits ihr Gespräch.

"Ich bin dir dankbar, daß du mir deine Freunde
mitgebracht hast. Hoffentlich kommen sie auf ihre Kosten.
Mein Leben verläuft ein bißchen zu einsam, und es
wird ohnehin gut sein, wenn ich mich wieder an Menschen
gewöhne. Du wirst gelesen haben, daß unser guter
alter Kortschädel gestorben ist, und in etwa vierzehn
Tagen haben wir hier 'ne Neuwahl. Da muß ich dann
'ran und mich populär machen. Die Konservativen
wollen mich haben und keinen andern. Eigentlich mag

aber doch einen Cirkus von Prinzen. Und da hinein
iſt nun unſer guter Stechlin geſtellt. Natürlich thut er,
was er kann, und macht ſo gewiſſe Luxuſſe mit, Gefühls¬
luxuſſe, Geſinnungsluxuſſe und, wenn es ſein muß, auch
Freiheitsluxuſſe. So 'nen Schimmer von Sozialdemokratie.
Das iſt aber auf die Dauer ſchwierig. Richtige Prinzen
können ſich das leiſten, die verbebeln nicht leicht. Aber
Stechlin! Stechlin iſt ein reizender Kerl, aber er iſt doch
bloß ein Menſch.“

„Und das ſagen Sie, Czako, gerade Sie, der Sie
das Menſchliche ſtets betonen?“

„Ja, Rex, das thu' ich. Heut wie immer. Aber
eines ſchickt ſich nicht für alle. Der eine darf's, der
andre nicht. Wenn unſer Freund Stechlin ſich in dieſe
ſeine alte Schloßkate zurückzieht, ſo darf er Menſch ſein,
ſo viel er will, aber als Gardedragoner kommt er da¬
mit nicht aus. Vom alten Adam will ich nicht ſprechen,
das hat immer noch ſo 'ne Nebenbedeutung.“


Während Rex und Czako Toilette machten und ab¬
wechſelnd über den alten und den jungen Stechlin ver¬
handelten, ſchritten die, die den Gegenſtand dieſer Unter¬
haltung bildeten, Vater und Sohn, im Garten auf und
ab und hatten auch ihrerſeits ihr Geſpräch.

„Ich bin dir dankbar, daß du mir deine Freunde
mitgebracht haſt. Hoffentlich kommen ſie auf ihre Koſten.
Mein Leben verläuft ein bißchen zu einſam, und es
wird ohnehin gut ſein, wenn ich mich wieder an Menſchen
gewöhne. Du wirſt geleſen haben, daß unſer guter
alter Kortſchädel geſtorben iſt, und in etwa vierzehn
Tagen haben wir hier 'ne Neuwahl. Da muß ich dann
'ran und mich populär machen. Die Konſervativen
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[23/0030] aber doch einen Cirkus von Prinzen. Und da hinein iſt nun unſer guter Stechlin geſtellt. Natürlich thut er, was er kann, und macht ſo gewiſſe Luxuſſe mit, Gefühls¬ luxuſſe, Geſinnungsluxuſſe und, wenn es ſein muß, auch Freiheitsluxuſſe. So 'nen Schimmer von Sozialdemokratie. Das iſt aber auf die Dauer ſchwierig. Richtige Prinzen können ſich das leiſten, die verbebeln nicht leicht. Aber Stechlin! Stechlin iſt ein reizender Kerl, aber er iſt doch bloß ein Menſch.“ „Und das ſagen Sie, Czako, gerade Sie, der Sie das Menſchliche ſtets betonen?“ „Ja, Rex, das thu' ich. Heut wie immer. Aber eines ſchickt ſich nicht für alle. Der eine darf's, der andre nicht. Wenn unſer Freund Stechlin ſich in dieſe ſeine alte Schloßkate zurückzieht, ſo darf er Menſch ſein, ſo viel er will, aber als Gardedragoner kommt er da¬ mit nicht aus. Vom alten Adam will ich nicht ſprechen, das hat immer noch ſo 'ne Nebenbedeutung.“ Während Rex und Czako Toilette machten und ab¬ wechſelnd über den alten und den jungen Stechlin ver¬ handelten, ſchritten die, die den Gegenſtand dieſer Unter¬ haltung bildeten, Vater und Sohn, im Garten auf und ab und hatten auch ihrerſeits ihr Geſpräch. „Ich bin dir dankbar, daß du mir deine Freunde mitgebracht haſt. Hoffentlich kommen ſie auf ihre Koſten. Mein Leben verläuft ein bißchen zu einſam, und es wird ohnehin gut ſein, wenn ich mich wieder an Menſchen gewöhne. Du wirſt geleſen haben, daß unſer guter alter Kortſchädel geſtorben iſt, und in etwa vierzehn Tagen haben wir hier 'ne Neuwahl. Da muß ich dann 'ran und mich populär machen. Die Konſervativen wollen mich haben und keinen andern. Eigentlich mag

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/30>, abgerufen am 25.04.2024.