Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

"Nein, bloß Grabstein und schon etwas abgetreten.
Aber man sieht doch noch, daß es derselbe ist."

Czako nickte. Dabei waren sie bis an ein Eck¬
zimmer gekommen, das mit der einen Seite nach dem
Flur, mit der andern Seite nach einem schmalen Gang
hin lag. Hier war auch die Thür. Engelke, voran¬
gehend, öffnete und hing die beiden Plaidrollen an die
Haken eines hier gleich an der Thür stehenden Kleider¬
ständers. Unmittelbar daneben war ein Klingelzug mit
einer grünen, etwas ausgefransten Puschel daran. Engelke
wies darauf hin und sagte: "Wenn die Herren noch
was wünschen ... Und um sieben ... Zweimal wird
angeschlagen."

Und damit ging er, die beiden ihrer Bequemlich¬
keit überlassend.

Es waren zwei nebeneinander gelegene Zimmer, in
denen man Rex und Czako untergebracht hatte, das vordere
größer und mit etwas mehr Aufwand eingerichtet, mit
Stehspiegel und Toilette, der Spiegel sogar zum Kippen.
Das Bett in diesem vorderen Zimmer hatte einen kleinen
Himmel und daneben eine Etagere, auf deren oberem
Brettchen eine Meißner Figur stand, ihr ohnehin kurzes
Röckchen lüpfend, während auf dem unteren Brett ein
Neues Testament lag, mit Kelch und Kreuz und einem
Palmenzweig auf dem Deckel.

Czako nahm das Meißner Püppchen und sagte:
"Wenn nicht unser Freund Woldemar bei diesem Arrange¬
ment seine Hand mit im Spiele gehabt hat, so haben wir hier
in Bezug auf Requisiten ein Ahnungsvermögen, wie's
nicht größer gedacht werden kann. Das Püppchen pour
moi
, das Testament pour vous."

"Czako, wenn Sie doch bloß das Necken lassen
könnten!"

"Ach, sagen Sie doch so was nicht, Rex; Sie lieben
mich ja bloß um meiner Neckereien willen."

„Nein, bloß Grabſtein und ſchon etwas abgetreten.
Aber man ſieht doch noch, daß es derſelbe iſt.“

Czako nickte. Dabei waren ſie bis an ein Eck¬
zimmer gekommen, das mit der einen Seite nach dem
Flur, mit der andern Seite nach einem ſchmalen Gang
hin lag. Hier war auch die Thür. Engelke, voran¬
gehend, öffnete und hing die beiden Plaidrollen an die
Haken eines hier gleich an der Thür ſtehenden Kleider¬
ſtänders. Unmittelbar daneben war ein Klingelzug mit
einer grünen, etwas ausgefranſten Puſchel daran. Engelke
wies darauf hin und ſagte: „Wenn die Herren noch
was wünſchen ... Und um ſieben ... Zweimal wird
angeſchlagen.“

Und damit ging er, die beiden ihrer Bequemlich¬
keit überlaſſend.

Es waren zwei nebeneinander gelegene Zimmer, in
denen man Rex und Czako untergebracht hatte, das vordere
größer und mit etwas mehr Aufwand eingerichtet, mit
Stehſpiegel und Toilette, der Spiegel ſogar zum Kippen.
Das Bett in dieſem vorderen Zimmer hatte einen kleinen
Himmel und daneben eine Etagere, auf deren oberem
Brettchen eine Meißner Figur ſtand, ihr ohnehin kurzes
Röckchen lüpfend, während auf dem unteren Brett ein
Neues Teſtament lag, mit Kelch und Kreuz und einem
Palmenzweig auf dem Deckel.

Czako nahm das Meißner Püppchen und ſagte:
„Wenn nicht unſer Freund Woldemar bei dieſem Arrange¬
ment ſeine Hand mit im Spiele gehabt hat, ſo haben wir hier
in Bezug auf Requiſiten ein Ahnungsvermögen, wie's
nicht größer gedacht werden kann. Das Püppchen pour
moi
, das Teſtament pour vous.“

„Czako, wenn Sie doch bloß das Necken laſſen
könnten!“

„Ach, ſagen Sie doch ſo was nicht, Rex; Sie lieben
mich ja bloß um meiner Neckereien willen.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0027" n="20"/>
          <p>&#x201E;Nein, bloß Grab&#x017F;tein und &#x017F;chon etwas abgetreten.<lb/>
Aber man &#x017F;ieht doch noch, daß es der&#x017F;elbe i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Czako nickte. Dabei waren &#x017F;ie bis an ein Eck¬<lb/>
zimmer gekommen, das mit der einen Seite nach dem<lb/>
Flur, mit der andern Seite nach einem &#x017F;chmalen Gang<lb/>
hin lag. Hier war auch die Thür. Engelke, voran¬<lb/>
gehend, öffnete und hing die beiden Plaidrollen an die<lb/>
Haken eines hier gleich an der Thür &#x017F;tehenden Kleider¬<lb/>
&#x017F;tänders. Unmittelbar daneben war ein Klingelzug mit<lb/>
einer grünen, etwas ausgefran&#x017F;ten Pu&#x017F;chel daran. Engelke<lb/>
wies darauf hin und &#x017F;agte: &#x201E;Wenn die Herren noch<lb/>
was wün&#x017F;chen ... Und um &#x017F;ieben ... Zweimal wird<lb/>
ange&#x017F;chlagen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Und damit ging er, die beiden ihrer Bequemlich¬<lb/>
keit überla&#x017F;&#x017F;end.</p><lb/>
          <p>Es waren zwei nebeneinander gelegene Zimmer, in<lb/>
denen man Rex und Czako untergebracht hatte, das vordere<lb/>
größer und mit etwas mehr Aufwand eingerichtet, mit<lb/>
Steh&#x017F;piegel und Toilette, der Spiegel &#x017F;ogar zum Kippen.<lb/>
Das Bett in die&#x017F;em vorderen Zimmer hatte einen kleinen<lb/>
Himmel und daneben eine Etagere, auf deren oberem<lb/>
Brettchen eine Meißner Figur &#x017F;tand, ihr ohnehin kurzes<lb/>
Röckchen lüpfend, während auf dem unteren Brett ein<lb/>
Neues Te&#x017F;tament lag, mit Kelch und Kreuz und einem<lb/>
Palmenzweig auf dem Deckel.</p><lb/>
          <p>Czako nahm das Meißner Püppchen und &#x017F;agte:<lb/>
&#x201E;Wenn nicht un&#x017F;er Freund Woldemar bei die&#x017F;em Arrange¬<lb/>
ment &#x017F;eine Hand mit im Spiele gehabt hat, &#x017F;o haben wir hier<lb/>
in Bezug auf Requi&#x017F;iten ein Ahnungsvermögen, wie's<lb/>
nicht größer gedacht werden kann. Das Püppchen <hi rendition="#aq">pour<lb/>
moi</hi>, das Te&#x017F;tament <hi rendition="#aq">pour vous</hi>.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Czako, wenn Sie doch bloß das Necken la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
könnten!&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ach, &#x017F;agen Sie doch &#x017F;o was nicht, Rex; Sie lieben<lb/>
mich ja bloß um meiner Neckereien willen.&#x201C;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0027] „Nein, bloß Grabſtein und ſchon etwas abgetreten. Aber man ſieht doch noch, daß es derſelbe iſt.“ Czako nickte. Dabei waren ſie bis an ein Eck¬ zimmer gekommen, das mit der einen Seite nach dem Flur, mit der andern Seite nach einem ſchmalen Gang hin lag. Hier war auch die Thür. Engelke, voran¬ gehend, öffnete und hing die beiden Plaidrollen an die Haken eines hier gleich an der Thür ſtehenden Kleider¬ ſtänders. Unmittelbar daneben war ein Klingelzug mit einer grünen, etwas ausgefranſten Puſchel daran. Engelke wies darauf hin und ſagte: „Wenn die Herren noch was wünſchen ... Und um ſieben ... Zweimal wird angeſchlagen.“ Und damit ging er, die beiden ihrer Bequemlich¬ keit überlaſſend. Es waren zwei nebeneinander gelegene Zimmer, in denen man Rex und Czako untergebracht hatte, das vordere größer und mit etwas mehr Aufwand eingerichtet, mit Stehſpiegel und Toilette, der Spiegel ſogar zum Kippen. Das Bett in dieſem vorderen Zimmer hatte einen kleinen Himmel und daneben eine Etagere, auf deren oberem Brettchen eine Meißner Figur ſtand, ihr ohnehin kurzes Röckchen lüpfend, während auf dem unteren Brett ein Neues Teſtament lag, mit Kelch und Kreuz und einem Palmenzweig auf dem Deckel. Czako nahm das Meißner Püppchen und ſagte: „Wenn nicht unſer Freund Woldemar bei dieſem Arrange¬ ment ſeine Hand mit im Spiele gehabt hat, ſo haben wir hier in Bezug auf Requiſiten ein Ahnungsvermögen, wie's nicht größer gedacht werden kann. Das Püppchen pour moi, das Teſtament pour vous.“ „Czako, wenn Sie doch bloß das Necken laſſen könnten!“ „Ach, ſagen Sie doch ſo was nicht, Rex; Sie lieben mich ja bloß um meiner Neckereien willen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/27
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/27>, abgerufen am 25.04.2024.