Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

Das war ein großes Wort, das, wie jedes derartige Wort, Zweifler und Gläubige fand und schließlich auch nach Erdmannsdorf kam, um hier dem auf Sommerbesuch anwesenden König Friedrich Wilhelm III. bei Tafel erzählt zu werden. Bischof Eylert und Hofprediger Strauß waren mit zugegen. Ebenso der Kronprinz. "Was sagen Sie dazu?" fragte der König in heiterer Laune, worauf die beiden geistlichen Herren natürlich lächelten. Der Kronprinz aber sagte: "Hampel hat recht."

Und siehe da, "Hampel hat recht" sagten schließlich alle, besonders aber die Hofdamen, unter denen sich in demselben Sommer noch ein wahrer Hampel-Kultus einbürgerte, was freilich mehr noch als in dem eben hier Erzählten in einer von unserm Hampel an einem armen aber liebenswürdigen Hoffräulein ausgeführten Wunderkur seinen Grund hatte. Dies Hoffräulein stand nämlich in einem ernsten Liebesverhältnis zu dem in Erdmannsdorf mit anwesenden Adjutanten oder Hofmarschall des Prinzen Wilhelm, unseres jetzigen alten Kaisers, und nur ein Feuermal unterm Kinn, das das sonst sehr hübsche Fräulein entstellte, ließ den von allerhand Aeußerlichkeiten abhängigen Liebhaber aus einem ängstlichen Schwankezustand gar nicht herauskommen. Alles nahm Teil an dem Schicksal der

Das war ein großes Wort, das, wie jedes derartige Wort, Zweifler und Gläubige fand und schließlich auch nach Erdmannsdorf kam, um hier dem auf Sommerbesuch anwesenden König Friedrich Wilhelm III. bei Tafel erzählt zu werden. Bischof Eylert und Hofprediger Strauß waren mit zugegen. Ebenso der Kronprinz. „Was sagen Sie dazu?“ fragte der König in heiterer Laune, worauf die beiden geistlichen Herren natürlich lächelten. Der Kronprinz aber sagte: „Hampel hat recht.“

Und siehe da, „Hampel hat recht“ sagten schließlich alle, besonders aber die Hofdamen, unter denen sich in demselben Sommer noch ein wahrer Hampel-Kultus einbürgerte, was freilich mehr noch als in dem eben hier Erzählten in einer von unserm Hampel an einem armen aber liebenswürdigen Hoffräulein ausgeführten Wunderkur seinen Grund hatte. Dies Hoffräulein stand nämlich in einem ernsten Liebesverhältnis zu dem in Erdmannsdorf mit anwesenden Adjutanten oder Hofmarschall des Prinzen Wilhelm, unseres jetzigen alten Kaisers, und nur ein Feuermal unterm Kinn, das das sonst sehr hübsche Fräulein entstellte, ließ den von allerhand Aeußerlichkeiten abhängigen Liebhaber aus einem ängstlichen Schwankezustand gar nicht herauskommen. Alles nahm Teil an dem Schicksal der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0192" n="190"/>
Das war ein großes Wort,                     das, wie jedes derartige Wort, Zweifler und Gläubige fand und schließlich auch                     nach Erdmannsdorf kam, um hier dem auf Sommerbesuch anwesenden König Friedrich                     Wilhelm III. bei Tafel erzählt zu werden. Bischof Eylert und Hofprediger Strauß                     waren mit zugegen. Ebenso der Kronprinz. &#x201E;Was sagen Sie dazu?&#x201C; fragte der König                     in heiterer Laune, worauf die beiden geistlichen Herren natürlich lächelten. Der                     Kronprinz aber sagte: &#x201E;<hi rendition="#g">Hampel hat recht.&#x201C;</hi></p><lb/>
        <p>Und siehe da, &#x201E;Hampel hat recht&#x201C; sagten schließlich <hi rendition="#g">alle</hi>,                     besonders aber die Hofdamen, unter denen sich in demselben Sommer noch ein                     wahrer Hampel-Kultus einbürgerte, was freilich mehr noch als in dem eben hier                     Erzählten in einer von unserm Hampel an einem armen aber liebenswürdigen                     Hoffräulein ausgeführten Wunderkur seinen Grund hatte. Dies Hoffräulein stand                     nämlich in einem ernsten Liebesverhältnis zu dem in Erdmannsdorf mit anwesenden                     Adjutanten oder Hofmarschall des Prinzen Wilhelm, unseres jetzigen alten                     Kaisers, und nur ein Feuermal unterm Kinn, das das sonst sehr hübsche Fräulein                     entstellte, ließ den von allerhand Aeußerlichkeiten abhängigen Liebhaber aus                     einem ängstlichen Schwankezustand gar nicht herauskommen. Alles nahm Teil an dem                     Schicksal der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0192] Das war ein großes Wort, das, wie jedes derartige Wort, Zweifler und Gläubige fand und schließlich auch nach Erdmannsdorf kam, um hier dem auf Sommerbesuch anwesenden König Friedrich Wilhelm III. bei Tafel erzählt zu werden. Bischof Eylert und Hofprediger Strauß waren mit zugegen. Ebenso der Kronprinz. „Was sagen Sie dazu?“ fragte der König in heiterer Laune, worauf die beiden geistlichen Herren natürlich lächelten. Der Kronprinz aber sagte: „Hampel hat recht.“ Und siehe da, „Hampel hat recht“ sagten schließlich alle, besonders aber die Hofdamen, unter denen sich in demselben Sommer noch ein wahrer Hampel-Kultus einbürgerte, was freilich mehr noch als in dem eben hier Erzählten in einer von unserm Hampel an einem armen aber liebenswürdigen Hoffräulein ausgeführten Wunderkur seinen Grund hatte. Dies Hoffräulein stand nämlich in einem ernsten Liebesverhältnis zu dem in Erdmannsdorf mit anwesenden Adjutanten oder Hofmarschall des Prinzen Wilhelm, unseres jetzigen alten Kaisers, und nur ein Feuermal unterm Kinn, das das sonst sehr hübsche Fräulein entstellte, ließ den von allerhand Aeußerlichkeiten abhängigen Liebhaber aus einem ängstlichen Schwankezustand gar nicht herauskommen. Alles nahm Teil an dem Schicksal der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.

Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/192
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/192>, abgerufen am 24.04.2024.