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Fontane, Theodor: Männer und Helden. Acht Preußen-Lieder. Berlin, 1850.

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Da hängen sie die Köpfe, und Rott' um Rotte grollt;
Schill aber ruft aufjauchzend: "Das ist's, was ich gewollt!
Deutschland hat uns verlassen, wir aber lassen's nicht,
Und schaun auf deutschem Boden dem Tod ins Angesicht."
Er spricht's, und wirft die Seinen nach Stralsund in die Stadt;
Wie's drin auf Markt und Gassen sich flugs verändert hat!
Sonst lagert da, in Fässern, des Weines feurig Naß,
Heut aber steht im Preise nichts als das Pulverfaß.
Wohl wird, wie Wein, auch Pulver auf Flaschen da gebracht,
Die Flaschen sind auf Dauer, und all aus Erz gemacht,
Von Schiffswerg sind die Pfropfen, man nimmt es nicht genau
Korkzieher ist der Lunte dreifach gewundnes Tau.
Wer jemals trinken mußte aus solchem Flaschenlauf,
Der hat genug für immer und steht nicht wieder auf;
Schill ist heut Schenk geworden und schärft's den Seinen ein:
"Bedient mir prompt die Gäste, und wollt nicht sparsam sein!"
Hurrah, die Feinde stürmen dem Schenken jetzt das Haus,
Sie sind schon weit geritten und sehn verdurstet aus,
Schill heißt sie laut willkommen; so herzlich war der Gruß,
Daß Mancher, wider Willen, sich tief verbeugen muß.
Die Kellner bei den Flaschen, sie schenken aus und ein,
Bald werden Sieg und Ehre die Zeche dafür sein; --
Da plötzlich, dänisch Fußvolk naht als ein neuer Gast,
Dem alles Zechezahlen nicht in die Rechnung paßt.
Schill wirft sich ihm entgegen, Mann gegen Mann beginnt's;
Mann gegen Mann? mit nichten! Zehn gegen Einen sind's;
Verzweiflung mag nicht siegen, so wird denn nur gerauft,
Daß man sein Bischen Leben nicht unterm Preis verkauft.
Da hängen sie die Köpfe, und Rott’ um Rotte grollt;
Schill aber ruft aufjauchzend: „Das ist’s, was ich gewollt!
Deutschland hat uns verlassen, wir aber lassen’s nicht,
Und schaun auf deutschem Boden dem Tod ins Angesicht.“
Er spricht’s, und wirft die Seinen nach Stralsund in die Stadt;
Wie’s drin auf Markt und Gassen sich flugs verändert hat!
Sonst lagert da, in Fässern, des Weines feurig Naß,
Heut aber steht im Preise nichts als das Pulverfaß.
Wohl wird, wie Wein, auch Pulver auf Flaschen da gebracht,
Die Flaschen sind auf Dauer, und all aus Erz gemacht,
Von Schiffswerg sind die Pfropfen, man nimmt es nicht genau
Korkzieher ist der Lunte dreifach gewundnes Tau.
Wer jemals trinken mußte aus solchem Flaschenlauf,
Der hat genug für immer und steht nicht wieder auf;
Schill ist heut Schenk geworden und schärft’s den Seinen ein:
„Bedient mir prompt die Gäste, und wollt nicht sparsam sein!“
Hurrah, die Feinde stürmen dem Schenken jetzt das Haus,
Sie sind schon weit geritten und sehn verdurstet aus,
Schill heißt sie laut willkommen; so herzlich war der Gruß,
Daß Mancher, wider Willen, sich tief verbeugen muß.
Die Kellner bei den Flaschen, sie schenken aus und ein,
Bald werden Sieg und Ehre die Zeche dafür sein; —
Da plötzlich, dänisch Fußvolk naht als ein neuer Gast,
Dem alles Zechezahlen nicht in die Rechnung paßt.
Schill wirft sich ihm entgegen, Mann gegen Mann beginnt’s;
Mann gegen Mann? mit nichten! Zehn gegen Einen sind’s;
Verzweiflung mag nicht siegen, so wird denn nur gerauft,
Daß man sein Bischen Leben nicht unterm Preis verkauft.
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[34/0038] Da hängen sie die Köpfe, und Rott’ um Rotte grollt; Schill aber ruft aufjauchzend: „Das ist’s, was ich gewollt! Deutschland hat uns verlassen, wir aber lassen’s nicht, Und schaun auf deutschem Boden dem Tod ins Angesicht.“ Er spricht’s, und wirft die Seinen nach Stralsund in die Stadt; Wie’s drin auf Markt und Gassen sich flugs verändert hat! Sonst lagert da, in Fässern, des Weines feurig Naß, Heut aber steht im Preise nichts als das Pulverfaß. Wohl wird, wie Wein, auch Pulver auf Flaschen da gebracht, Die Flaschen sind auf Dauer, und all aus Erz gemacht, Von Schiffswerg sind die Pfropfen, man nimmt es nicht genau Korkzieher ist der Lunte dreifach gewundnes Tau. Wer jemals trinken mußte aus solchem Flaschenlauf, Der hat genug für immer und steht nicht wieder auf; Schill ist heut Schenk geworden und schärft’s den Seinen ein: „Bedient mir prompt die Gäste, und wollt nicht sparsam sein!“ Hurrah, die Feinde stürmen dem Schenken jetzt das Haus, Sie sind schon weit geritten und sehn verdurstet aus, Schill heißt sie laut willkommen; so herzlich war der Gruß, Daß Mancher, wider Willen, sich tief verbeugen muß. Die Kellner bei den Flaschen, sie schenken aus und ein, Bald werden Sieg und Ehre die Zeche dafür sein; — Da plötzlich, dänisch Fußvolk naht als ein neuer Gast, Dem alles Zechezahlen nicht in die Rechnung paßt. Schill wirft sich ihm entgegen, Mann gegen Mann beginnt’s; Mann gegen Mann? mit nichten! Zehn gegen Einen sind’s; Verzweiflung mag nicht siegen, so wird denn nur gerauft, Daß man sein Bischen Leben nicht unterm Preis verkauft.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Männer und Helden. Acht Preußen-Lieder. Berlin, 1850, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_helden_1850/38>, abgerufen am 19.04.2024.