fürchtete durch eine Frage ihren Kummer zu vergrößern. Endlich sammelte sie mit einem Wink ihre vertrauten Gespielinnen um sich her und von diesen wagte es end- lich Eine das Wort zu nehmen, und ihrer Gebieterin die Ursache ihres Kummers ab- zufragen.
Das Ausbleiben Kanzedirs meines Nef- fen beunruhigt mich sehr, " begann Pana- gathe mit gerührter Stimme. "Schon ge- stern glaubte ich, daß er von seiner Reise zurückkommen würde, und noch erfahre ich nichts von ihm. Muß mir dieser Jüngling bei jeder Gelegenheit Kummer machen? Will es das Schicksal so? -- Von den übeln Eigenheiten, mit denen er geboren ward, hab ich ihn, trotz der Sorgfalt, die ich seiner Jugend weihete, nicht befreien können. Das Reisen dürft' ihn auch nicht viel gebessert haben. Er theilt dies Schick-
fuͤrchtete durch eine Frage ihren Kummer zu vergroͤßern. Endlich ſammelte ſie mit einem Wink ihre vertrauten Geſpielinnen um ſich her und von dieſen wagte es end- lich Eine das Wort zu nehmen, und ihrer Gebieterin die Urſache ihres Kummers ab- zufragen.
Das Ausbleiben Kanzedirs meines Nef- fen beunruhigt mich ſehr, « begann Pana- gathe mit geruͤhrter Stimme. »Schon ge- ſtern glaubte ich, daß er von ſeiner Reiſe zuruͤckkommen wuͤrde, und noch erfahre ich nichts von ihm. Muß mir dieſer Juͤngling bei jeder Gelegenheit Kummer machen? Will es das Schickſal ſo? — Von den uͤbeln Eigenheiten, mit denen er geboren ward, hab ich ihn, trotz der Sorgfalt, die ich ſeiner Jugend weihete, nicht befreien koͤnnen. Das Reiſen duͤrft' ihn auch nicht viel gebeſſert haben. Er theilt dies Schick-
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fuͤrchtete durch eine Frage ihren Kummer
zu vergroͤßern. Endlich ſammelte ſie mit
einem Wink ihre vertrauten Geſpielinnen
um ſich her und von dieſen wagte es end-
lich Eine das Wort zu nehmen, und ihrer
Gebieterin die Urſache ihres Kummers ab-
zufragen.
Das Ausbleiben Kanzedirs meines Nef-
fen beunruhigt mich ſehr, « begann Pana-
gathe mit geruͤhrter Stimme. »Schon ge-
ſtern glaubte ich, daß er von ſeiner Reiſe
zuruͤckkommen wuͤrde, und noch erfahre ich
nichts von ihm. Muß mir dieſer Juͤngling
bei jeder Gelegenheit Kummer machen?
Will es das Schickſal ſo? — Von den
uͤbeln Eigenheiten, mit denen er geboren
ward, hab ich ihn, trotz der Sorgfalt, die
ich ſeiner Jugend weihete, nicht befreien
koͤnnen. Das Reiſen duͤrft' ihn auch nicht
viel gebeſſert haben. Er theilt dies Schick-
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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/219>, abgerufen am 29.03.2024.
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