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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

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wissen wirst, schöner Jüngling! setzte der
Genius lächelnd hinzu.

Takeddin erröthete, und hob nach einer
Pause wieder an: Und der Zauberspiegel?

Mussabelin ist kein Stümper in der
Kenntniß der Herzen. Er weiß es wohl,
daß Zoraide nach einer solchen Pause den
Verlust ihrer schönsten Reize desto schmerz-
licher empfinden muß. Aus derselben Ur-
sache zum Theil hat er auch den Zauber-
spiegel in ihrem Gemache aufhängen las-
sen. Wenn nehmlich die arme Prinzessin
ihren häßlichen Kopf lange genug darin
betrachtet, und mit den unverhüllten Schön-
heiten ihrer Gestalt verglichen hat: so be-
rührt der boshafte Zwerg den Spiegel mit
seinem Stabe, und alsbald sieht Zoraide
neben dem Bilde ihrer Verunstaltung das
Bild ihres schönen Kopfes, so reizend, als
ihn die glatte Fläche des Wassers ihr zu-

wiſſen wirſt, ſchoͤner Juͤngling! ſetzte der
Genius laͤchelnd hinzu.

Takeddin erroͤthete, und hob nach einer
Pauſe wieder an: Und der Zauberſpiegel?

Muſſabelin iſt kein Stuͤmper in der
Kenntniß der Herzen. Er weiß es wohl,
daß Zoraide nach einer ſolchen Pauſe den
Verluſt ihrer ſchoͤnſten Reize deſto ſchmerz-
licher empfinden muß. Aus derſelben Ur-
ſache zum Theil hat er auch den Zauber-
ſpiegel in ihrem Gemache aufhaͤngen laſ-
ſen. Wenn nehmlich die arme Prinzeſſin
ihren haͤßlichen Kopf lange genug darin
betrachtet, und mit den unverhuͤllten Schoͤn-
heiten ihrer Geſtalt verglichen hat: ſo be-
ruͤhrt der boshafte Zwerg den Spiegel mit
ſeinem Stabe, und alsbald ſieht Zoraide
neben dem Bilde ihrer Verunſtaltung das
Bild ihres ſchoͤnen Kopfes, ſo reizend, als
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[204/0208] wiſſen wirſt, ſchoͤner Juͤngling! ſetzte der Genius laͤchelnd hinzu. Takeddin erroͤthete, und hob nach einer Pauſe wieder an: Und der Zauberſpiegel? Muſſabelin iſt kein Stuͤmper in der Kenntniß der Herzen. Er weiß es wohl, daß Zoraide nach einer ſolchen Pauſe den Verluſt ihrer ſchoͤnſten Reize deſto ſchmerz- licher empfinden muß. Aus derſelben Ur- ſache zum Theil hat er auch den Zauber- ſpiegel in ihrem Gemache aufhaͤngen laſ- ſen. Wenn nehmlich die arme Prinzeſſin ihren haͤßlichen Kopf lange genug darin betrachtet, und mit den unverhuͤllten Schoͤn- heiten ihrer Geſtalt verglichen hat: ſo be- ruͤhrt der boshafte Zwerg den Spiegel mit ſeinem Stabe, und alsbald ſieht Zoraide neben dem Bilde ihrer Verunſtaltung das Bild ihres ſchoͤnen Kopfes, ſo reizend, als ihn die glatte Flaͤche des Waſſers ihr zu-

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Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/208>, abgerufen am 29.03.2024.