Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

deten ihre Blicke auf die Stelle, woher die
laut gesprochenen Worte kamen. Selbst
die reizende Jungfrau suchte mit ihren reiz-
losen Augen, und streckte, als sie den jun-
gen Helden gefunden, sehnsuchtsvoll ihre
Arme gegen ihn aus. Takeddin wieder-
hohlte seinen Schwur; die Jungfrau schien
ihm mit freundlichem Kopfnicken Beifall zu
winken, und warf ihm von dem gemahlten
Munde ihres Larvengesichtes einen Kuß zu.
Aber der Wanderer dachte an die vollen
Rosenlippen, die er im Bade gesehen, und
fühlte sich durch diesen bildlichen Kuß so
glücklich, als ob es ihm wäre vergönnt ge-
wesen, seinen glühenden Mund auf jene
Lippen zu drücken.

Takeddin betrachtete den Thurm von
allen Seiten, ohne eine Offnung zu ent-
decken, und berührte ihn dann an mehreren
Stellen mit seiner Säbelklinge, in der Hof-

deten ihre Blicke auf die Stelle, woher die
laut geſprochenen Worte kamen. Selbſt
die reizende Jungfrau ſuchte mit ihren reiz-
loſen Augen, und ſtreckte, als ſie den jun-
gen Helden gefunden, ſehnſuchtsvoll ihre
Arme gegen ihn aus. Takeddin wieder-
hohlte ſeinen Schwur; die Jungfrau ſchien
ihm mit freundlichem Kopfnicken Beifall zu
winken, und warf ihm von dem gemahlten
Munde ihres Larvengeſichtes einen Kuß zu.
Aber der Wanderer dachte an die vollen
Roſenlippen, die er im Bade geſehen, und
fuͤhlte ſich durch dieſen bildlichen Kuß ſo
gluͤcklich, als ob es ihm waͤre vergoͤnnt ge-
weſen, ſeinen gluͤhenden Mund auf jene
Lippen zu druͤcken.

Takeddin betrachtete den Thurm von
allen Seiten, ohne eine Offnung zu ent-
decken, und beruͤhrte ihn dann an mehreren
Stellen mit ſeiner Saͤbelklinge, in der Hof-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0188" n="184"/>
deten ihre Blicke auf die Stelle, woher die<lb/>
laut ge&#x017F;prochenen Worte kamen. Selb&#x017F;t<lb/>
die reizende Jungfrau &#x017F;uchte mit ihren reiz-<lb/>
lo&#x017F;en Augen, und &#x017F;treckte, als &#x017F;ie den jun-<lb/>
gen Helden gefunden, &#x017F;ehn&#x017F;uchtsvoll ihre<lb/>
Arme gegen ihn aus. Takeddin wieder-<lb/>
hohlte &#x017F;einen Schwur; die Jungfrau &#x017F;chien<lb/>
ihm mit freundlichem Kopfnicken Beifall zu<lb/>
winken, und warf ihm von dem gemahlten<lb/>
Munde ihres Larvenge&#x017F;ichtes einen Kuß zu.<lb/>
Aber der Wanderer dachte an die vollen<lb/>
Ro&#x017F;enlippen, die er im Bade ge&#x017F;ehen, und<lb/>
fu&#x0364;hlte &#x017F;ich durch die&#x017F;en bildlichen Kuß &#x017F;o<lb/>
glu&#x0364;cklich, als ob es ihm wa&#x0364;re vergo&#x0364;nnt ge-<lb/>
we&#x017F;en, &#x017F;einen glu&#x0364;henden Mund auf jene<lb/>
Lippen zu dru&#x0364;cken.</p><lb/>
        <p>Takeddin betrachtete den Thurm von<lb/>
allen Seiten, ohne eine Offnung zu ent-<lb/>
decken, und beru&#x0364;hrte ihn dann an mehreren<lb/>
Stellen mit &#x017F;einer Sa&#x0364;belklinge, in der Hof-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0188] deten ihre Blicke auf die Stelle, woher die laut geſprochenen Worte kamen. Selbſt die reizende Jungfrau ſuchte mit ihren reiz- loſen Augen, und ſtreckte, als ſie den jun- gen Helden gefunden, ſehnſuchtsvoll ihre Arme gegen ihn aus. Takeddin wieder- hohlte ſeinen Schwur; die Jungfrau ſchien ihm mit freundlichem Kopfnicken Beifall zu winken, und warf ihm von dem gemahlten Munde ihres Larvengeſichtes einen Kuß zu. Aber der Wanderer dachte an die vollen Roſenlippen, die er im Bade geſehen, und fuͤhlte ſich durch dieſen bildlichen Kuß ſo gluͤcklich, als ob es ihm waͤre vergoͤnnt ge- weſen, ſeinen gluͤhenden Mund auf jene Lippen zu druͤcken. Takeddin betrachtete den Thurm von allen Seiten, ohne eine Offnung zu ent- decken, und beruͤhrte ihn dann an mehreren Stellen mit ſeiner Saͤbelklinge, in der Hof-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/188
Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/188>, abgerufen am 23.04.2024.