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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

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Daher wußte nun der deutsche Prinz
nicht: ob er seinen Augen und Ohren trauen
sollte, als er auf jeder Straße Leute fand,
die mit Händen und Füßen entweder für
oder wider die Krebsscheeren der
Erinnerung
stritten.

Betroffen wandte er sich zu dem Arzte.
Dieser aber hielt vor Lachen den kleinen
Bauch mit beyden Händen und rief einmal
über das Andere:

"Habe ichs nicht gesagt Jhro Durch-
laucht! die ganze Stadt werde ich noch
kuriren müssen? -- Mit diesen Krebs-
scheeren der Erinnerung
muß es aber
doch eine ganz eigne Bewandniß haben. --
Denn ich wüßte nicht: daß weder die
Stimmgabel der feinsten Morali-
tät
, noch der lakirte Blumenstock
der Jdeen, worin die Prinzessin vor kur-
zem unbeschreiblich verliebt war, so viel
Daher wußte nun der deutſche Prinz
nicht: ob er ſeinen Augen und Ohren trauen
ſollte, als er auf jeder Straße Leute fand,
die mit Haͤnden und Fuͤßen entweder fuͤr
oder wider die Krebsſcheeren der
Erinnerung
ſtritten.

Betroffen wandte er ſich zu dem Arzte.
Dieſer aber hielt vor Lachen den kleinen
Bauch mit beyden Haͤnden und rief einmal
uͤber das Andere:

»Habe ichs nicht geſagt Jhro Durch-
laucht! die ganze Stadt werde ich noch
kuriren muͤſſen? — Mit dieſen Krebs-
ſcheeren der Erinnerung
muß es aber
doch eine ganz eigne Bewandniß haben. —
Denn ich wuͤßte nicht: daß weder die
Stimmgabel der feinſten Morali-
taͤt
, noch der lakirte Blumenſtock
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[137/0141] Daher wußte nun der deutſche Prinz nicht: ob er ſeinen Augen und Ohren trauen ſollte, als er auf jeder Straße Leute fand, die mit Haͤnden und Fuͤßen entweder fuͤr oder wider die Krebsſcheeren der Erinnerung ſtritten. Betroffen wandte er ſich zu dem Arzte. Dieſer aber hielt vor Lachen den kleinen Bauch mit beyden Haͤnden und rief einmal uͤber das Andere: »Habe ichs nicht geſagt Jhro Durch- laucht! die ganze Stadt werde ich noch kuriren muͤſſen? — Mit dieſen Krebs- ſcheeren der Erinnerung muß es aber doch eine ganz eigne Bewandniß haben. — Denn ich wuͤßte nicht: daß weder die Stimmgabel der feinſten Morali- taͤt, noch der lakirte Blumenſtock der Jdeen, worin die Prinzeſſin vor kur- zem unbeſchreiblich verliebt war, ſo viel

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Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/141>, abgerufen am 28.03.2024.