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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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genannten Antriebes sich selbst auch vollkom¬
men verstehe und begreife; und daß sie durch
diese klare Einsicht ihres Wesens in diesem ih¬
ren lebendigen Wesen, tief begründet und un¬
erschütterlich befestiget werde.

Mit uns gehet, mehr als mit irgend einem
Zeitalter, seitdem es eine Weltgeschichte gab,
die Zeit Riesenschritte. Innerhalb der drei
Jahre, welche seit dieser meiner Deutung des
laufenden Zeitabschnitts verflossen sind, ist
irgendwo dieser Abschnitt vollkommen abgelau¬
fen und beschlossen. Irgendwo hat die Selbst¬
sucht durch ihre vollständige Entwickelung sich
selbst vernichtet, indem sie darüber ihr Selbst,
und dessen Selbstständigkeit, verloren; und ihr,
da sie gutwillig keinen andern Zwek, denn sich
selbst, sich setzen wollte, durch äußerliche Ge¬
walt ein solcher anderer und fremder Zwek auf¬
gedrungen worden. Wer es einmal unter¬
nommen hat, seine Zeit zu deuten, der muß
mit seiner Deutung auch ihren Fortgang beglei¬
ten, falls sie einen solchen Fortgang gewinnt;
und so wird es mir denn zur Pflicht, vor dem¬
selben Publikum, vor welchem ich etwas

als

genannten Antriebes ſich ſelbſt auch vollkom¬
men verſtehe und begreife; und daß ſie durch
dieſe klare Einſicht ihres Weſens in dieſem ih¬
ren lebendigen Weſen, tief begruͤndet und un¬
erſchuͤtterlich befeſtiget werde.

Mit uns gehet, mehr als mit irgend einem
Zeitalter, ſeitdem es eine Weltgeſchichte gab,
die Zeit Rieſenſchritte. Innerhalb der drei
Jahre, welche ſeit dieſer meiner Deutung des
laufenden Zeitabſchnitts verfloſſen ſind, iſt
irgendwo dieſer Abſchnitt vollkommen abgelau¬
fen und beſchloſſen. Irgendwo hat die Selbſt¬
ſucht durch ihre vollſtaͤndige Entwickelung ſich
ſelbſt vernichtet, indem ſie daruͤber ihr Selbſt,
und deſſen Selbſtſtaͤndigkeit, verloren; und ihr,
da ſie gutwillig keinen andern Zwek, denn ſich
ſelbſt, ſich ſetzen wollte, durch aͤußerliche Ge¬
walt ein ſolcher anderer und fremder Zwek auf¬
gedrungen worden. Wer es einmal unter¬
nommen hat, ſeine Zeit zu deuten, der muß
mit ſeiner Deutung auch ihren Fortgang beglei¬
ten, falls ſie einen ſolchen Fortgang gewinnt;
und ſo wird es mir denn zur Pflicht, vor dem¬
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[16/0022] genannten Antriebes ſich ſelbſt auch vollkom¬ men verſtehe und begreife; und daß ſie durch dieſe klare Einſicht ihres Weſens in dieſem ih¬ ren lebendigen Weſen, tief begruͤndet und un¬ erſchuͤtterlich befeſtiget werde. Mit uns gehet, mehr als mit irgend einem Zeitalter, ſeitdem es eine Weltgeſchichte gab, die Zeit Rieſenſchritte. Innerhalb der drei Jahre, welche ſeit dieſer meiner Deutung des laufenden Zeitabſchnitts verfloſſen ſind, iſt irgendwo dieſer Abſchnitt vollkommen abgelau¬ fen und beſchloſſen. Irgendwo hat die Selbſt¬ ſucht durch ihre vollſtaͤndige Entwickelung ſich ſelbſt vernichtet, indem ſie daruͤber ihr Selbſt, und deſſen Selbſtſtaͤndigkeit, verloren; und ihr, da ſie gutwillig keinen andern Zwek, denn ſich ſelbſt, ſich ſetzen wollte, durch aͤußerliche Ge¬ walt ein ſolcher anderer und fremder Zwek auf¬ gedrungen worden. Wer es einmal unter¬ nommen hat, ſeine Zeit zu deuten, der muß mit ſeiner Deutung auch ihren Fortgang beglei¬ ten, falls ſie einen ſolchen Fortgang gewinnt; und ſo wird es mir denn zur Pflicht, vor dem¬ ſelben Publikum, vor welchem ich etwas als

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/22>, abgerufen am 29.03.2024.