Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

ner thun, und die geheime kann nicht stehen und
hinter der erstern zurück bleiben. Jener überlie-
ferte Unterricht aber, wenn es einen solchen giebt,
kann keine andre Autorität haben, als die, welche
ihm sein ehrwürdiges Alter giebt, keine andre, als
diejenige, welche allein irgend ein Mensch und
irgend ein menschliches Werk über andre Men-
schen begehren darf, die: daß man willig vor-
aussetze, in ihm möge Weisheit verborgen
seyn, daß man sich ernstlich bestrebe, diese
Weisheit zu finden, und daß man sie
freudig aufnehme, nachdem man sie ge-
funden und an seinem eignen Verstande
und Herzen bewährt hat
.

Dieser überlieferte Unterricht könnte und sollte
den Eingeweihten nichts anders seyn, als was uns
Homer, Sophokles, Plato, als Theilhabern der
öffentlichen Kultur sind. Daß man jene Ueber-
bleibsel treu aufbewahre, sie nicht verfälsche, oder
wo sie es sind, sie in ihrer ursprünglichen Reinig-
keit wieder herstelle, ist billig, und wird durch die
rechtmäßige Ehrfurcht für das Alterthum gefor-
dert; daß man bei allem Unterrichte von ihnen
ausgehe, und sie gleichsam zum Texte seiner Be-
trachtungen mache, wäre schicklich, um die Einheit
der überlieferten Kette zu erhalten, und sie der
Nachwelt immer als eben dieselbe übergebe; daß
man sie nach dem einzig möglichen Zwecke aller
Mysterien, daß durch sie reine und allgemein
menschliche Bildung beabsichtigt werde, erkläre und

ner thun, und die geheime kann nicht ſtehen und
hinter der erſtern zuruͤck bleiben. Jener uͤberlie-
ferte Unterricht aber, wenn es einen ſolchen giebt,
kann keine andre Autoritaͤt haben, als die, welche
ihm ſein ehrwuͤrdiges Alter giebt, keine andre, als
diejenige, welche allein irgend ein Menſch und
irgend ein menſchliches Werk uͤber andre Men-
ſchen begehren darf, die: daß man willig vor-
ausſetze, in ihm moͤge Weisheit verborgen
ſeyn, daß man ſich ernſtlich beſtrebe, dieſe
Weisheit zu finden, und daß man ſie
freudig aufnehme, nachdem man ſie ge-
funden und an ſeinem eignen Verſtande
und Herzen bewaͤhrt hat
.

Dieſer uͤberlieferte Unterricht koͤnnte und ſollte
den Eingeweihten nichts anders ſeyn, als was uns
Homer, Sophokles, Plato, als Theilhabern der
oͤffentlichen Kultur ſind. Daß man jene Ueber-
bleibſel treu aufbewahre, ſie nicht verfaͤlſche, oder
wo ſie es ſind, ſie in ihrer urſpruͤnglichen Reinig-
keit wieder herſtelle, iſt billig, und wird durch die
rechtmaͤßige Ehrfurcht fuͤr das Alterthum gefor-
dert; daß man bei allem Unterrichte von ihnen
ausgehe, und ſie gleichſam zum Texte ſeiner Be-
trachtungen mache, waͤre ſchicklich, um die Einheit
der uͤberlieferten Kette zu erhalten, und ſie der
Nachwelt immer als eben dieſelbe uͤbergebe; daß
man ſie nach dem einzig moͤglichen Zwecke aller
Myſterien, daß durch ſie reine und allgemein
menſchliche Bildung beabſichtigt werde, erklaͤre und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0079" n="57"/>
ner thun, und die geheime kann nicht &#x017F;tehen und<lb/>
hinter der er&#x017F;tern zuru&#x0364;ck bleiben. Jener u&#x0364;berlie-<lb/>
ferte Unterricht aber, wenn es einen &#x017F;olchen giebt,<lb/>
kann keine andre Autorita&#x0364;t haben, als die, welche<lb/>
ihm &#x017F;ein ehrwu&#x0364;rdiges Alter giebt, keine andre, als<lb/>
diejenige, welche allein irgend ein Men&#x017F;ch und<lb/>
irgend ein men&#x017F;chliches Werk u&#x0364;ber andre Men-<lb/>
&#x017F;chen begehren darf, die: <hi rendition="#g">daß man willig vor-<lb/>
aus&#x017F;etze, in ihm mo&#x0364;ge Weisheit verborgen<lb/>
&#x017F;eyn, daß man &#x017F;ich ern&#x017F;tlich be&#x017F;trebe, die&#x017F;e<lb/>
Weisheit zu finden, und daß man &#x017F;ie<lb/>
freudig aufnehme, nachdem man &#x017F;ie ge-<lb/>
funden und an &#x017F;einem eignen Ver&#x017F;tande<lb/>
und Herzen bewa&#x0364;hrt hat</hi>.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er u&#x0364;berlieferte Unterricht ko&#x0364;nnte und &#x017F;ollte<lb/>
den Eingeweihten nichts anders &#x017F;eyn, als was uns<lb/>
Homer, Sophokles, Plato, als Theilhabern der<lb/>
o&#x0364;ffentlichen Kultur &#x017F;ind. Daß man jene Ueber-<lb/>
bleib&#x017F;el treu aufbewahre, &#x017F;ie nicht verfa&#x0364;l&#x017F;che, oder<lb/>
wo &#x017F;ie es &#x017F;ind, &#x017F;ie in ihrer ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Reinig-<lb/>
keit wieder her&#x017F;telle, i&#x017F;t billig, und wird durch die<lb/>
rechtma&#x0364;ßige Ehrfurcht fu&#x0364;r das Alterthum gefor-<lb/>
dert; daß man bei allem Unterrichte von ihnen<lb/>
ausgehe, und &#x017F;ie gleich&#x017F;am zum Texte &#x017F;einer Be-<lb/>
trachtungen mache, wa&#x0364;re &#x017F;chicklich, um die Einheit<lb/>
der u&#x0364;berlieferten Kette zu erhalten, und &#x017F;ie der<lb/>
Nachwelt immer als eben die&#x017F;elbe u&#x0364;bergebe; daß<lb/>
man &#x017F;ie nach dem einzig mo&#x0364;glichen Zwecke aller<lb/>
My&#x017F;terien, daß durch &#x017F;ie reine und allgemein<lb/>
men&#x017F;chliche Bildung beab&#x017F;ichtigt werde, erkla&#x0364;re und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0079] ner thun, und die geheime kann nicht ſtehen und hinter der erſtern zuruͤck bleiben. Jener uͤberlie- ferte Unterricht aber, wenn es einen ſolchen giebt, kann keine andre Autoritaͤt haben, als die, welche ihm ſein ehrwuͤrdiges Alter giebt, keine andre, als diejenige, welche allein irgend ein Menſch und irgend ein menſchliches Werk uͤber andre Men- ſchen begehren darf, die: daß man willig vor- ausſetze, in ihm moͤge Weisheit verborgen ſeyn, daß man ſich ernſtlich beſtrebe, dieſe Weisheit zu finden, und daß man ſie freudig aufnehme, nachdem man ſie ge- funden und an ſeinem eignen Verſtande und Herzen bewaͤhrt hat. Dieſer uͤberlieferte Unterricht koͤnnte und ſollte den Eingeweihten nichts anders ſeyn, als was uns Homer, Sophokles, Plato, als Theilhabern der oͤffentlichen Kultur ſind. Daß man jene Ueber- bleibſel treu aufbewahre, ſie nicht verfaͤlſche, oder wo ſie es ſind, ſie in ihrer urſpruͤnglichen Reinig- keit wieder herſtelle, iſt billig, und wird durch die rechtmaͤßige Ehrfurcht fuͤr das Alterthum gefor- dert; daß man bei allem Unterrichte von ihnen ausgehe, und ſie gleichſam zum Texte ſeiner Be- trachtungen mache, waͤre ſchicklich, um die Einheit der uͤberlieferten Kette zu erhalten, und ſie der Nachwelt immer als eben dieſelbe uͤbergebe; daß man ſie nach dem einzig moͤglichen Zwecke aller Myſterien, daß durch ſie reine und allgemein menſchliche Bildung beabſichtigt werde, erklaͤre und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/79
Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/79>, abgerufen am 28.03.2024.