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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802

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Nach meiner Voraussetzung kann sonach der
Frei-Maurer-Orden nicht eine Anstalt seyn, die
zur Absicht hat, gewisse einzelne Seelenkräfte des
Menschen, z. B. sein Gedächtniß, seine Urtheils-
kraft, seinen Verstand, oder seinen Geschmack zu
üben. Es wäre überflüssig dergleichen zu un-
ternehmen, da in Schulen, auf Universitäten und
in öffentlichen Schriften und Anstalten genug da-
für gesorgt ist; es wäre lächerlich, bei erwach-
senen Männern in einigen Stunden des Monats
thun zu wollen, was zur Zeit der Erziehung, oder
durch eigne Geistesthätigkeit geschehen muß, es
wäre abentheuerlich, sich zu diesem Zwecke von
der öffentlichen Gesellschaft abzusondern und in
einen geheimen Bund zu treten. Und unser Weise
will nichts Ueberflüssiges, nichts Lächerliches, nichts
Abentheuerliches. Eben so geht er nicht darauf
aus, (wie man spricht) Aufklärung zu ver-
breiten, (wie man von den Illuminaten behaup-
tete), weil das, was an diesem Geschäfte taugt,
nach der Lage der Dinge und des Zeitalters,
öffentlich gethan werden kann und soll.

Die Frei-Maurerei kann ferner nicht seyn
eine Schule seltner Kunste und geheimer
Wissenschaften
, in welcher übernatürliche und
übermenschliche Geheimnisse gelehrt und mitge-
theilt werden. Nicht blos, weil es unmöglich ist,
Dinge, von deren Existenz wir nichts wissen, zu
einem Gegenstande der Lehre und der Tradition
zu machen; sondern auch, weil es unredlich ist,

Nach meiner Vorausſetzung kann ſonach der
Frei-Maurer-Orden nicht eine Anſtalt ſeyn, die
zur Abſicht hat, gewiſſe einzelne Seelenkraͤfte des
Menſchen, z. B. ſein Gedaͤchtniß, ſeine Urtheils-
kraft, ſeinen Verſtand, oder ſeinen Geſchmack zu
uͤben. Es waͤre uͤberfluͤſſig dergleichen zu un-
ternehmen, da in Schulen, auf Univerſitaͤten und
in oͤffentlichen Schriften und Anſtalten genug da-
fuͤr geſorgt iſt; es waͤre laͤcherlich, bei erwach-
ſenen Maͤnnern in einigen Stunden des Monats
thun zu wollen, was zur Zeit der Erziehung, oder
durch eigne Geiſtesthaͤtigkeit geſchehen muß, es
waͤre abentheuerlich, ſich zu dieſem Zwecke von
der oͤffentlichen Geſellſchaft abzuſondern und in
einen geheimen Bund zu treten. Und unſer Weiſe
will nichts Ueberfluͤſſiges, nichts Laͤcherliches, nichts
Abentheuerliches. Eben ſo geht er nicht darauf
aus, (wie man ſpricht) Aufklaͤrung zu ver-
breiten, (wie man von den Illuminaten behaup-
tete), weil das, was an dieſem Geſchaͤfte taugt,
nach der Lage der Dinge und des Zeitalters,
oͤffentlich gethan werden kann und ſoll.

Die Frei-Maurerei kann ferner nicht ſeyn
eine Schule ſeltner Kunſte und geheimer
Wiſſenſchaften
, in welcher uͤbernatuͤrliche und
uͤbermenſchliche Geheimniſſe gelehrt und mitge-
theilt werden. Nicht blos, weil es unmoͤglich iſt,
Dinge, von deren Exiſtenz wir nichts wiſſen, zu
einem Gegenſtande der Lehre und der Tradition
zu machen; ſondern auch, weil es unredlich iſt,

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[12/0030] Nach meiner Vorausſetzung kann ſonach der Frei-Maurer-Orden nicht eine Anſtalt ſeyn, die zur Abſicht hat, gewiſſe einzelne Seelenkraͤfte des Menſchen, z. B. ſein Gedaͤchtniß, ſeine Urtheils- kraft, ſeinen Verſtand, oder ſeinen Geſchmack zu uͤben. Es waͤre uͤberfluͤſſig dergleichen zu un- ternehmen, da in Schulen, auf Univerſitaͤten und in oͤffentlichen Schriften und Anſtalten genug da- fuͤr geſorgt iſt; es waͤre laͤcherlich, bei erwach- ſenen Maͤnnern in einigen Stunden des Monats thun zu wollen, was zur Zeit der Erziehung, oder durch eigne Geiſtesthaͤtigkeit geſchehen muß, es waͤre abentheuerlich, ſich zu dieſem Zwecke von der oͤffentlichen Geſellſchaft abzuſondern und in einen geheimen Bund zu treten. Und unſer Weiſe will nichts Ueberfluͤſſiges, nichts Laͤcherliches, nichts Abentheuerliches. Eben ſo geht er nicht darauf aus, (wie man ſpricht) Aufklaͤrung zu ver- breiten, (wie man von den Illuminaten behaup- tete), weil das, was an dieſem Geſchaͤfte taugt, nach der Lage der Dinge und des Zeitalters, oͤffentlich gethan werden kann und ſoll. Die Frei-Maurerei kann ferner nicht ſeyn eine Schule ſeltner Kunſte und geheimer Wiſſenſchaften, in welcher uͤbernatuͤrliche und uͤbermenſchliche Geheimniſſe gelehrt und mitge- theilt werden. Nicht blos, weil es unmoͤglich iſt, Dinge, von deren Exiſtenz wir nichts wiſſen, zu einem Gegenſtande der Lehre und der Tradition zu machen; ſondern auch, weil es unredlich iſt,

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Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/30>, abgerufen am 18.04.2024.