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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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III. Die Neuzeit.
Muß an den Todesreihen,
Hier aber findt er Gesellschaft fein,
Fallen mit wie Kräuter im Maien.
Ich sag ohne Spott,
Kein sel'ger Tod
Ist in der Welt,
Als so man fällt
Auf grüner Haid
Ohn Klag und Leid.
Mit Trommelklang
Und Pfeifengesang
Wird man begraben.
Davon wir haben
Unsterblich Ruhm.
Mancher Held frumm
Hat zugesetzt Leib und Blut
Dem Vaterland zu gut."

So abenteuerlich wie ihr Leben war auch der Anblick dieser
Schaaren: ein bunt zusammengewürfelter Haufe; trotzige, ver-
wegene Kerle mit mächtigen Schritten unter ihrem Spieß daher-
schreitend, das kurze, breite Schwert quer vor den Magen ge-
schnallt; wilde, bärtige, wettergebräunte Gesichter, denen Schlach-
ten und Kriegsjahre ihre Spuren eingegraben hatten; alte Grau-
bärte, die bereits allen Herren gedient, und neben ihnen bartlose
Jünglinge, die kaum den Knabenschuhen entwachsen waren.
Hinter ihnen zog der lange Troß der "Huren und Buben" einher
unter Anführung des "Hurenweibels", eines alten bärtigen
Kriegsmanns, der hoch zu Roß saß und den derben "Vergleicher"
in der Hand führte. Seine Aufgabe war, die an Zahl nicht ge-
ringere Masse der Knechte, Buben und Weiber zusammenzuhal-
ten, daß sie auf dem Marsch oder bei den Operationen nicht hin-
derten. In diesem Troß folgten die Packwagen mit Beute und
Bedarf beladen, etwaige Gefangene, alles lebendige Schlacht-
vieh; die Weiber mit umgebundenen Kopftüchern oder kokett mit
Federbarett, den Rock zu besserem Marschiren hoch aufgeschürzt,
trugen das Kochgeschirr und den Schnappsack, die Buben halfen
mit, soviel sie konnten. Mit der wilden, phantastischen Kleidung

III. Die Neuzeit.
Muß an den Todesreihen,
Hier aber findt er Geſellſchaft fein,
Fallen mit wie Kräuter im Maien.
Ich ſag ohne Spott,
Kein ſel’ger Tod
Iſt in der Welt,
Als ſo man fällt
Auf grüner Haid
Ohn Klag und Leid.
Mit Trommelklang
Und Pfeifengeſang
Wird man begraben.
Davon wir haben
Unſterblich Ruhm.
Mancher Held frumm
Hat zugeſetzt Leib und Blut
Dem Vaterland zu gut.“

So abenteuerlich wie ihr Leben war auch der Anblick dieſer
Schaaren: ein bunt zuſammengewürfelter Haufe; trotzige, ver-
wegene Kerle mit mächtigen Schritten unter ihrem Spieß daher-
ſchreitend, das kurze, breite Schwert quer vor den Magen ge-
ſchnallt; wilde, bärtige, wettergebräunte Geſichter, denen Schlach-
ten und Kriegsjahre ihre Spuren eingegraben hatten; alte Grau-
bärte, die bereits allen Herren gedient, und neben ihnen bartloſe
Jünglinge, die kaum den Knabenſchuhen entwachſen waren.
Hinter ihnen zog der lange Troß der „Huren und Buben“ einher
unter Anführung des „Hurenweibels“, eines alten bärtigen
Kriegsmanns, der hoch zu Roß ſaß und den derben „Vergleicher“
in der Hand führte. Seine Aufgabe war, die an Zahl nicht ge-
ringere Maſſe der Knechte, Buben und Weiber zuſammenzuhal-
ten, daß ſie auf dem Marſch oder bei den Operationen nicht hin-
derten. In dieſem Troß folgten die Packwagen mit Beute und
Bedarf beladen, etwaige Gefangene, alles lebendige Schlacht-
vieh; die Weiber mit umgebundenen Kopftüchern oder kokett mit
Federbarett, den Rock zu beſſerem Marſchiren hoch aufgeſchürzt,
trugen das Kochgeſchirr und den Schnappſack, die Buben halfen
mit, ſoviel ſie konnten. Mit der wilden, phantaſtiſchen Kleidung

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[38/0050] III. Die Neuzeit. Muß an den Todesreihen, Hier aber findt er Geſellſchaft fein, Fallen mit wie Kräuter im Maien. Ich ſag ohne Spott, Kein ſel’ger Tod Iſt in der Welt, Als ſo man fällt Auf grüner Haid Ohn Klag und Leid. Mit Trommelklang Und Pfeifengeſang Wird man begraben. Davon wir haben Unſterblich Ruhm. Mancher Held frumm Hat zugeſetzt Leib und Blut Dem Vaterland zu gut.“ So abenteuerlich wie ihr Leben war auch der Anblick dieſer Schaaren: ein bunt zuſammengewürfelter Haufe; trotzige, ver- wegene Kerle mit mächtigen Schritten unter ihrem Spieß daher- ſchreitend, das kurze, breite Schwert quer vor den Magen ge- ſchnallt; wilde, bärtige, wettergebräunte Geſichter, denen Schlach- ten und Kriegsjahre ihre Spuren eingegraben hatten; alte Grau- bärte, die bereits allen Herren gedient, und neben ihnen bartloſe Jünglinge, die kaum den Knabenſchuhen entwachſen waren. Hinter ihnen zog der lange Troß der „Huren und Buben“ einher unter Anführung des „Hurenweibels“, eines alten bärtigen Kriegsmanns, der hoch zu Roß ſaß und den derben „Vergleicher“ in der Hand führte. Seine Aufgabe war, die an Zahl nicht ge- ringere Maſſe der Knechte, Buben und Weiber zuſammenzuhal- ten, daß ſie auf dem Marſch oder bei den Operationen nicht hin- derten. In dieſem Troß folgten die Packwagen mit Beute und Bedarf beladen, etwaige Gefangene, alles lebendige Schlacht- vieh; die Weiber mit umgebundenen Kopftüchern oder kokett mit Federbarett, den Rock zu beſſerem Marſchiren hoch aufgeſchürzt, trugen das Kochgeſchirr und den Schnappſack, die Buben halfen mit, ſoviel ſie konnten. Mit der wilden, phantaſtiſchen Kleidung

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/50>, abgerufen am 25.04.2024.