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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von der erfindung
treflichkeit des dabey herfürleuchtenden iudicii
an, und die rechte beschaffenheit des iudicii, auf
eine gute erfahrung und vernunft-lehre. Wer
also dieses bey einander besitzet, kan gut erfin-
den.

a) Siehe D. August Friedr. Müllers Logick cap.
3. §. 11. 12. Weil aber nicht alle Leute diese fer-
tigkeit besitzen, so sind nicht alle leute geschickt
gut zu erfinden. Jngenium und iudicium muß
man einiger massen von natur haben, erfahrung
und vernunft-lehre müssen nothwendig hin-
zu kommen.

§. 2. Jn der Oratorie heist erfinden soviel, als
bey denen gelegenheiten, welche uns gebieten
zu reden, gedancken fassen, wie man die ge-
sammlete wissenschaft und erfahrung in reden
anbringen möge, damit man seinen endzweck
erhalten könne.

§. 3. Man gedencket also, ehe man redet, an
das wovon man reden oder was man in reden
ausführen will, und hernach an die art und
weise, wie man davon reden wolle, ienes heist
inuentio thematis, dieses inuentio argumen-
torum.

§. 4. Die materie zum reden, geben uns al
le dinge, davon wir gedancken haben oder fas-
sen können. Die gelegenheit aber der zeit des
orts, und anderer umstände oder begebnisse,
giebt uns freyheit und erfodert auch wohl von
uns, unsere gedancken auszudrucken, und alles
was wir davon wissen und gedencken anzu-
bringen.


§. 5.

von der erfindung
treflichkeit des dabey herfuͤrleuchtenden iudicii
an, und die rechte beſchaffenheit des iudicii, auf
eine gute erfahrung und vernunft-lehre. Wer
alſo dieſes bey einander beſitzet, kan gut erfin-
den.

a) Siehe D. Auguſt Friedr. Muͤllers Logick cap.
3. §. 11. 12. Weil aber nicht alle Leute dieſe fer-
tigkeit beſitzen, ſo ſind nicht alle leute geſchickt
gut zu erfinden. Jngenium und iudicium muß
man einiger maſſen von natur haben, erfahrung
und vernunft-lehre muͤſſen nothwendig hin-
zu kommen.

§. 2. Jn der Oratorie heiſt erfinden ſoviel, als
bey denen gelegenheiten, welche uns gebieten
zu reden, gedancken faſſen, wie man die ge-
ſammlete wiſſenſchaft und erfahrung in reden
anbringen moͤge, damit man ſeinen endzweck
erhalten koͤnne.

§. 3. Man gedencket alſo, ehe man redet, an
das wovon man reden oder was man in reden
ausfuͤhren will, und hernach an die art und
weiſe, wie man davon reden wolle, ienes heiſt
inuentio thematis, dieſes inuentio argumen-
torum.

§. 4. Die materie zum reden, geben uns al
le dinge, davon wir gedancken haben oder faſ-
ſen koͤnnen. Die gelegenheit aber der zeit des
orts, und anderer umſtaͤnde oder begebniſſe,
giebt uns freyheit und erfodert auch wohl von
uns, unſere gedancken auszudrucken, und alles
was wir davon wiſſen und gedencken anzu-
bringen.


§. 5.
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[32/0050] von der erfindung treflichkeit des dabey herfuͤrleuchtenden iudicii an, und die rechte beſchaffenheit des iudicii, auf eine gute erfahrung und vernunft-lehre. Wer alſo dieſes bey einander beſitzet, kan gut erfin- den. a⁾ Siehe D. Auguſt Friedr. Muͤllers Logick cap. 3. §. 11. 12. Weil aber nicht alle Leute dieſe fer- tigkeit beſitzen, ſo ſind nicht alle leute geſchickt gut zu erfinden. Jngenium und iudicium muß man einiger maſſen von natur haben, erfahrung und vernunft-lehre muͤſſen nothwendig hin- zu kommen. §. 2. Jn der Oratorie heiſt erfinden ſoviel, als bey denen gelegenheiten, welche uns gebieten zu reden, gedancken faſſen, wie man die ge- ſammlete wiſſenſchaft und erfahrung in reden anbringen moͤge, damit man ſeinen endzweck erhalten koͤnne. §. 3. Man gedencket alſo, ehe man redet, an das wovon man reden oder was man in reden ausfuͤhren will, und hernach an die art und weiſe, wie man davon reden wolle, ienes heiſt inuentio thematis, dieſes inuentio argumen- torum. §. 4. Die materie zum reden, geben uns al le dinge, davon wir gedancken haben oder faſ- ſen koͤnnen. Die gelegenheit aber der zeit des orts, und anderer umſtaͤnde oder begebniſſe, giebt uns freyheit und erfodert auch wohl von uns, unſere gedancken auszudrucken, und alles was wir davon wiſſen und gedencken anzu- bringen. §. 5.

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/50>, abgerufen am 29.03.2024.