Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

vernünftige anleitung
zwar muß diese billich vorangesetzet werden,a) denn die Oratorie giebt keine anweisung, von
sachen, die man nicht verstehet, und davon man
keine oder unordentliche gedancken hat, viel
worte zu machen. Hierinn ist aber zugleich
der rechte unterschied der Oratorie und Logick
zu suchen, und nicht in prolixitate expressio-
nis.
b)

a) Die kinder lernen ia nicht eher tantzen als sie
gehen können, siehe Thomasii kle[i]ne schrifften
program. II.
b) Ridiger l c. §. XXII.

§. 8. Wer also ein vernünftiger redner und
kein locutulejus oder affectirender unnützer wä-
scher seyn will, muß von der natur gute gaben
und fähigkeiten erhalten, und diese fähigkeiten,
durch die kunst und cultur, zu fertigen guten ge-
schicklichkeiten gemacht haben. von nichts reden
als was er versteht, und auch von dem was er
versteht, nicht eher reden als es nöthig ist. Wor-
aus erhellet, daß er eben kein polyhistor seyn
müsse.a)

a) Conf. Quinctilianum Lib. I. cap. X. Jnzwischen
erhellet aus diesen und den folgenden daß es eben
nicht so leicht sey einen guten redner abzugeben.
Denn man muß von der natur dazu gemacht,
und über dieses mit treflichen qualitäten ausge-
rüstet seyn, wissenschafften, sprachen in seiner ge-
walt haben, dem zuhörer ins hertz sehen etc. doch
eben deswegen ist es ein desto grösserer ruhm.

§. 9. Es werden aber zu einem redner fol-
gende dinge erfordert, und zwar in ansehung
des leibes, daß er nichts wiederwärtiges und

ver-

vernuͤnftige anleitung
zwar muß dieſe billich vorangeſetzet werden,a) denn die Oratorie giebt keine anweiſung, von
ſachen, die man nicht verſtehet, und davon man
keine oder unordentliche gedancken hat, viel
worte zu machen. Hierinn iſt aber zugleich
der rechte unterſchied der Oratorie und Logick
zu ſuchen, und nicht in prolixitate expreſſio-
nis.
b)

a) Die kinder lernen ia nicht eher tantzen als ſie
gehen koͤnnen, ſiehe Thomaſii kle[i]ne ſchrifften
program. II.
b) Ridiger l c. §. XXII.

§. 8. Wer alſo ein vernuͤnftiger redner und
kein locutulejus oder affectiꝛender unnuͤtzer waͤ-
ſcher ſeyn will, muß von der natur gute gaben
und faͤhigkeiten erhalten, und dieſe faͤhigkeiten,
durch die kunſt und cultur, zu fertigen guten ge-
ſchicklichkeiten gemacht haben. von nichts reden
als was er verſteht, und auch von dem was er
verſteht, nicht eher reden als es noͤthig iſt. Wor-
aus erhellet, daß er eben kein polyhiſtor ſeyn
muͤſſe.a)

a) Conf. Quinctilianum Lib. I. cap. X. Jnzwiſchen
erhellet aus dieſen und den folgenden daß es eben
nicht ſo leicht ſey einen guten redner abzugeben.
Denn man muß von der natur dazu gemacht,
und uͤber dieſes mit treflichen qualitaͤten ausge-
ruͤſtet ſeyn, wiſſenſchafften, ſprachen in ſeiner ge-
walt haben, dem zuhoͤrer ins hertz ſehen ꝛc. doch
eben deswegen iſt es ein deſto groͤſſerer ruhm.

§. 9. Es werden aber zu einem redner fol-
gende dinge erfordert, und zwar in anſehung
des leibes, daß er nichts wiederwaͤrtiges und

ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0026" n="8"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">vernu&#x0364;nftige                             anleitung</hi></fw><lb/>
zwar muß die&#x017F;e billich                     vorange&#x017F;etzet werden,<note xml:id="notefn-a-5" next="#note-a-5" place="end" n="a)"/><lb/>
denn die Oratorie                     giebt keine anwei&#x017F;ung, von<lb/>
&#x017F;achen, die man nicht                     ver&#x017F;tehet, und davon man<lb/>
keine oder unordentliche gedancken hat,                     viel<lb/>
worte zu machen. Hierinn i&#x017F;t aber zugleich<lb/>
der rechte                     unter&#x017F;chied der Oratorie und Logick<lb/>
zu &#x017F;uchen, und nicht in <hi rendition="#aq">prolixitate expre&#x017F;&#x017F;io-<lb/>
nis.</hi> <note xml:id="notefn-b-70" next="#note-b-70" place="end" n="b)"/></p><lb/>
        <note xml:id="note-a-5" prev="#notefn-a-5" place="end" n="a)">Die kinder lernen ia nicht eher tantzen als                         &#x017F;ie<lb/>
gehen ko&#x0364;nnen, &#x017F;iehe <hi rendition="#fr">Thoma&#x017F;ii kle<supplied>i</supplied>ne &#x017F;chrifften</hi><lb/><hi rendition="#aq">program. II.</hi><lb/></note>
        <note xml:id="note-b-70" prev="#notefn-b-70" place="end" n="b)"> <hi rendition="#aq"> Ridiger l c. §. XXII.</hi><lb/>
        </note><lb/>
        <p>§. 8. Wer al&#x017F;o ein vernu&#x0364;nftiger redner und<lb/>
kein locutulejus                     oder affecti&#xA75B;ender unnu&#x0364;tzer wa&#x0364;-<lb/>
&#x017F;cher                     &#x017F;eyn will, muß von der natur gute gaben<lb/>
und fa&#x0364;higkeiten                     erhalten, und die&#x017F;e fa&#x0364;higkeiten,<lb/>
durch die kun&#x017F;t und                     cultur, zu fertigen guten ge-<lb/>
&#x017F;chicklichkeiten gemacht haben. von                     nichts reden<lb/>
als was er ver&#x017F;teht, und auch von dem was er<lb/>
ver&#x017F;teht, nicht eher reden als es no&#x0364;thig i&#x017F;t. Wor-<lb/>
aus erhellet, daß er eben kein polyhi&#x017F;tor &#x017F;eyn<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.<note xml:id="notefn-a-6" next="#note-a-6" place="end" n="a)"/></p><lb/>
        <note xml:id="note-a-6" prev="#notefn-a-6" place="end" n="a)"><hi rendition="#aq">Conf. Quinctilianum Lib. I. cap. X.</hi> Jnzwi&#x017F;chen<lb/>
erhellet aus die&#x017F;en und den folgenden daß es                         eben<lb/>
nicht &#x017F;o leicht &#x017F;ey einen guten redner                         abzugeben.<lb/>
Denn man muß von der natur dazu gemacht,<lb/>
und                         u&#x0364;ber die&#x017F;es mit treflichen qualita&#x0364;ten ausge-<lb/>
ru&#x0364;&#x017F;tet &#x017F;eyn, wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften,                         &#x017F;prachen in &#x017F;einer ge-<lb/>
walt haben, dem zuho&#x0364;rer                         ins hertz &#x017F;ehen &#xA75B;c. doch<lb/>
eben deswegen i&#x017F;t es ein                         de&#x017F;to gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer ruhm.<lb/></note><lb/>
        <p>§. 9. Es werden aber zu einem redner fol-<lb/>
gende dinge erfordert, und zwar in                     an&#x017F;ehung<lb/>
des leibes, daß er nichts wiederwa&#x0364;rtiges und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0026] vernuͤnftige anleitung zwar muß dieſe billich vorangeſetzet werden, a⁾ denn die Oratorie giebt keine anweiſung, von ſachen, die man nicht verſtehet, und davon man keine oder unordentliche gedancken hat, viel worte zu machen. Hierinn iſt aber zugleich der rechte unterſchied der Oratorie und Logick zu ſuchen, und nicht in prolixitate expreſſio- nis. b⁾ a⁾ Die kinder lernen ia nicht eher tantzen als ſie gehen koͤnnen, ſiehe Thomaſii kleine ſchrifften program. II. b⁾ Ridiger l c. §. XXII. §. 8. Wer alſo ein vernuͤnftiger redner und kein locutulejus oder affectiꝛender unnuͤtzer waͤ- ſcher ſeyn will, muß von der natur gute gaben und faͤhigkeiten erhalten, und dieſe faͤhigkeiten, durch die kunſt und cultur, zu fertigen guten ge- ſchicklichkeiten gemacht haben. von nichts reden als was er verſteht, und auch von dem was er verſteht, nicht eher reden als es noͤthig iſt. Wor- aus erhellet, daß er eben kein polyhiſtor ſeyn muͤſſe. a⁾ a⁾ Conf. Quinctilianum Lib. I. cap. X. Jnzwiſchen erhellet aus dieſen und den folgenden daß es eben nicht ſo leicht ſey einen guten redner abzugeben. Denn man muß von der natur dazu gemacht, und uͤber dieſes mit treflichen qualitaͤten ausge- ruͤſtet ſeyn, wiſſenſchafften, ſprachen in ſeiner ge- walt haben, dem zuhoͤrer ins hertz ſehen ꝛc. doch eben deswegen iſt es ein deſto groͤſſerer ruhm. §. 9. Es werden aber zu einem redner fol- gende dinge erfordert, und zwar in anſehung des leibes, daß er nichts wiederwaͤrtiges und ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/26
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/26>, abgerufen am 25.04.2024.