Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite

pen_008.001
Ausdruck glänzend und prächtig seyn; pen_008.002
aber gleichwohl ist ohne Zweifel so ein pen_008.003
Ausdruck poetisch. - Alles kömmt also pen_008.004
darauf an, daß wir das Allgemeinere pen_008.005
finden, das in jedem dieser Merkmaale pen_008.006
begriffen ist: denn dieses Allgemeinere pen_008.007
muß das Wesen der Poesie enthalten. Am pen_008.008
besten, daß wir zu dieser Untersuchung pen_008.009
das Merkmaal des Reims und des Sylbenmaßes pen_008.010
wählen, weil diese dem Gedicht pen_008.011
allein eigen sind, und schlechterdings pen_008.012
nicht für die Prosa gehören.

pen_008.013

Aber der Reim findet sich nur in den pen_008.014
neuern, und auch bei weitem nicht in allen pen_008.015
neuern Gedichten. Die Römer und pen_008.016
Griechen reimten nie, und auch Kleists pen_008.017
Frühling, Klopstocks Messias, viele Oden pen_008.018
von Ramler, sind ohne Reim geschrieben. pen_008.019
Wir lassen daher auch den Reim lieber pen_008.020
weg, und bleiben bloß bei dem Sylbenmaß.

pen_008.021

pen_008.001
Ausdruck glänzend und prächtig seyn; pen_008.002
aber gleichwohl ist ohne Zweifel so ein pen_008.003
Ausdruck poetisch. – Alles kömmt also pen_008.004
darauf an, daß wir das Allgemeinere pen_008.005
finden, das in jedem dieser Merkmaale pen_008.006
begriffen ist: denn dieses Allgemeinere pen_008.007
muß das Wesen der Poesie enthalten. Am pen_008.008
besten, daß wir zu dieser Untersuchung pen_008.009
das Merkmaal des Reims und des Sylbenmaßes pen_008.010
wählen, weil diese dem Gedicht pen_008.011
allein eigen sind, und schlechterdings pen_008.012
nicht für die Prosa gehören.

pen_008.013

  Aber der Reim findet sich nur in den pen_008.014
neuern, und auch bei weitem nicht in allen pen_008.015
neuern Gedichten. Die Römer und pen_008.016
Griechen reimten nie, und auch Kleists pen_008.017
Frühling, Klopstocks Messias, viele Oden pen_008.018
von Ramler, sind ohne Reim geschrieben. pen_008.019
Wir lassen daher auch den Reim lieber pen_008.020
weg, und bleiben bloß bei dem Sylbenmaß.

pen_008.021
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0049" n="8"/><lb n="pen_008.001"/>
Ausdruck glänzend und prächtig seyn; <lb n="pen_008.002"/>
aber gleichwohl ist ohne Zweifel so ein <lb n="pen_008.003"/>
Ausdruck poetisch. &#x2013; Alles kömmt also <lb n="pen_008.004"/>
darauf an, daß wir das <hi rendition="#i">Allgemeinere</hi> <lb n="pen_008.005"/>
finden, das in jedem dieser Merkmaale <lb n="pen_008.006"/>
begriffen ist: denn dieses Allgemeinere <lb n="pen_008.007"/>
muß das Wesen der Poesie enthalten. Am <lb n="pen_008.008"/>
besten, daß wir zu dieser Untersuchung <lb n="pen_008.009"/>
das Merkmaal des Reims und des Sylbenmaßes <lb n="pen_008.010"/>
wählen, weil diese dem Gedicht <lb n="pen_008.011"/>
allein eigen sind, und schlechterdings <lb n="pen_008.012"/>
nicht für die Prosa gehören.</p>
        <lb n="pen_008.013"/>
        <p>  Aber der <hi rendition="#i">Reim</hi> findet sich nur in den <lb n="pen_008.014"/>
neuern, und auch bei weitem nicht in allen <lb n="pen_008.015"/>
neuern Gedichten. Die Römer und <lb n="pen_008.016"/>
Griechen reimten nie, und auch Kleists <lb n="pen_008.017"/>
Frühling, Klopstocks Messias, viele Oden <lb n="pen_008.018"/>
von Ramler, sind ohne Reim geschrieben. <lb n="pen_008.019"/>
Wir lassen daher auch den Reim lieber <lb n="pen_008.020"/>
weg, und bleiben bloß bei dem <hi rendition="#i">Sylbenmaß.</hi></p>
        <lb n="pen_008.021"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0049] pen_008.001 Ausdruck glänzend und prächtig seyn; pen_008.002 aber gleichwohl ist ohne Zweifel so ein pen_008.003 Ausdruck poetisch. – Alles kömmt also pen_008.004 darauf an, daß wir das Allgemeinere pen_008.005 finden, das in jedem dieser Merkmaale pen_008.006 begriffen ist: denn dieses Allgemeinere pen_008.007 muß das Wesen der Poesie enthalten. Am pen_008.008 besten, daß wir zu dieser Untersuchung pen_008.009 das Merkmaal des Reims und des Sylbenmaßes pen_008.010 wählen, weil diese dem Gedicht pen_008.011 allein eigen sind, und schlechterdings pen_008.012 nicht für die Prosa gehören. pen_008.013   Aber der Reim findet sich nur in den pen_008.014 neuern, und auch bei weitem nicht in allen pen_008.015 neuern Gedichten. Die Römer und pen_008.016 Griechen reimten nie, und auch Kleists pen_008.017 Frühling, Klopstocks Messias, viele Oden pen_008.018 von Ramler, sind ohne Reim geschrieben. pen_008.019 Wir lassen daher auch den Reim lieber pen_008.020 weg, und bleiben bloß bei dem Sylbenmaß. pen_008.021

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/49
Zitationshilfe: Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/49>, abgerufen am 24.04.2024.