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Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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fen Gerold aus Halle, die er damals öfters gesehn, wenn er unter den Fenstern seiner eingebildeten Geliebten vorbeistrich. Sie halfen ihm sogleich wieder auf die Beine, und da sie seine umherschweifenden fragenden Blicke bemerkten, erzählten sie ihm in aller Geschwindigkeit, wie ihrem Herrn vor Kurzem, da er mit seiner Tochter im nächsten Städtchen übernachtet, eine Karosse, nebst Effecten, die er auf der Reise vorausgeschickt, verwegen weggeschnappt worden, da seien sie endlich der Diebsbande auf die Spur gekommen und ihr immer dicht auf den Fersen bis hier zu des Grafen wüstem Jagdschloß gefolgt.

Des Grafen Schloß? fragte Suppius ganz verwirrt. Aber er hatte nicht Zeit, sich lange zu verwundern. Wo ist der Samson, der die Philister geschlagen? rief ein stattlicher Herr im Garten. Es war Graf Gerold selbst, der, sich rasch vom Pferde schwingend, herzutrat und den abenteuerlichen Studenten mit heimlichem Lächeln betrachtete. Hinter ihm hielt seine Tochter, im ersten Morgenlicht mit den wallenden Federn vom Zelter nickend. -- Das ist sie wirklich und leibhaftig! dachte Suppius überrascht.

Nun war unter den Schalken ringsum viel Rühmens von dem wüthenden Studenten, der wie ein Sturmwind das Gesindel auseinandergeblasen. Indem hatten die Jäger im Schloßhofe auch die verschwundene Karosse entdeckt, Andre brachten so eben den verlornen

fen Gerold aus Halle, die er damals öfters gesehn, wenn er unter den Fenstern seiner eingebildeten Geliebten vorbeistrich. Sie halfen ihm sogleich wieder auf die Beine, und da sie seine umherschweifenden fragenden Blicke bemerkten, erzählten sie ihm in aller Geschwindigkeit, wie ihrem Herrn vor Kurzem, da er mit seiner Tochter im nächsten Städtchen übernachtet, eine Karosse, nebst Effecten, die er auf der Reise vorausgeschickt, verwegen weggeschnappt worden, da seien sie endlich der Diebsbande auf die Spur gekommen und ihr immer dicht auf den Fersen bis hier zu des Grafen wüstem Jagdschloß gefolgt.

Des Grafen Schloß? fragte Suppius ganz verwirrt. Aber er hatte nicht Zeit, sich lange zu verwundern. Wo ist der Samson, der die Philister geschlagen? rief ein stattlicher Herr im Garten. Es war Graf Gerold selbst, der, sich rasch vom Pferde schwingend, herzutrat und den abenteuerlichen Studenten mit heimlichem Lächeln betrachtete. Hinter ihm hielt seine Tochter, im ersten Morgenlicht mit den wallenden Federn vom Zelter nickend. — Das ist sie wirklich und leibhaftig! dachte Suppius überrascht.

Nun war unter den Schalken ringsum viel Rühmens von dem wüthenden Studenten, der wie ein Sturmwind das Gesindel auseinandergeblasen. Indem hatten die Jäger im Schloßhofe auch die verschwundene Karosse entdeckt, Andre brachten so eben den verlornen

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[0074] fen Gerold aus Halle, die er damals öfters gesehn, wenn er unter den Fenstern seiner eingebildeten Geliebten vorbeistrich. Sie halfen ihm sogleich wieder auf die Beine, und da sie seine umherschweifenden fragenden Blicke bemerkten, erzählten sie ihm in aller Geschwindigkeit, wie ihrem Herrn vor Kurzem, da er mit seiner Tochter im nächsten Städtchen übernachtet, eine Karosse, nebst Effecten, die er auf der Reise vorausgeschickt, verwegen weggeschnappt worden, da seien sie endlich der Diebsbande auf die Spur gekommen und ihr immer dicht auf den Fersen bis hier zu des Grafen wüstem Jagdschloß gefolgt. Des Grafen Schloß? fragte Suppius ganz verwirrt. Aber er hatte nicht Zeit, sich lange zu verwundern. Wo ist der Samson, der die Philister geschlagen? rief ein stattlicher Herr im Garten. Es war Graf Gerold selbst, der, sich rasch vom Pferde schwingend, herzutrat und den abenteuerlichen Studenten mit heimlichem Lächeln betrachtete. Hinter ihm hielt seine Tochter, im ersten Morgenlicht mit den wallenden Federn vom Zelter nickend. — Das ist sie wirklich und leibhaftig! dachte Suppius überrascht. Nun war unter den Schalken ringsum viel Rühmens von dem wüthenden Studenten, der wie ein Sturmwind das Gesindel auseinandergeblasen. Indem hatten die Jäger im Schloßhofe auch die verschwundene Karosse entdeckt, Andre brachten so eben den verlornen

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T14:27:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T14:27:42Z)

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/74>, abgerufen am 28.03.2024.