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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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Zweites Kapitel.


Kambyses hatte eine schlaflose Nacht. Das ihm neue
Gefühl der Eifersucht steigerte sein Verlangen nach der
Aegypterin, welche er noch nicht seine Gattin nennen durfte,
denn das persische Gesetz schrieb vor, daß der König erst
dann eine Fremde heimführen dürfe 26), wenn sie sich mit
den iranischen Gebräuchen vertraut gemacht und zu der
Religion des Zoroaster bekannt habe 27).

Dem Gesetze nach hätte Nitetis eines vollen Jahres
bedurft, ehe sie das Weib eines persischen Fürsten werden
durfte; was war aber dem Kambyses das Gesetz? -- Er
erblickte die Verkörperung desselben in seiner eignen Person,
und meinte, für Nitetis würden drei Monate genügen, um
alle Lehren der Magier verstehen und ihre Hochzeit mit
ihm feiern zu können.

Seine andern Weiber erschienen ihm heut hassens-
werth, ja sogar Ekel erregend. Schon in seiner frühesten
Jugend hatte man sein Haus mit Frauen angefüllt.
Schöne Mädchen aus allen Theilen Asiens, schwarzäugige
Armenierinnen, blendend weiße Jungfrauen vom Kaukasus,
zarte Dirnen vom Ufer der Ganga, üppige Babylonierin-

Zweites Kapitel.


Kambyſes hatte eine ſchlafloſe Nacht. Das ihm neue
Gefühl der Eiferſucht ſteigerte ſein Verlangen nach der
Aegypterin, welche er noch nicht ſeine Gattin nennen durfte,
denn das perſiſche Geſetz ſchrieb vor, daß der König erſt
dann eine Fremde heimführen dürfe 26), wenn ſie ſich mit
den iraniſchen Gebräuchen vertraut gemacht und zu der
Religion des Zoroaſter bekannt habe 27).

Dem Geſetze nach hätte Nitetis eines vollen Jahres
bedurft, ehe ſie das Weib eines perſiſchen Fürſten werden
durfte; was war aber dem Kambyſes das Geſetz? — Er
erblickte die Verkörperung deſſelben in ſeiner eignen Perſon,
und meinte, für Nitetis würden drei Monate genügen, um
alle Lehren der Magier verſtehen und ihre Hochzeit mit
ihm feiern zu können.

Seine andern Weiber erſchienen ihm heut haſſens-
werth, ja ſogar Ekel erregend. Schon in ſeiner früheſten
Jugend hatte man ſein Haus mit Frauen angefüllt.
Schöne Mädchen aus allen Theilen Aſiens, ſchwarzäugige
Armenierinnen, blendend weiße Jungfrauen vom Kaukaſus,
zarte Dirnen vom Ufer der Ganga, üppige Babylonierin-

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[[30]/0032] Zweites Kapitel. Kambyſes hatte eine ſchlafloſe Nacht. Das ihm neue Gefühl der Eiferſucht ſteigerte ſein Verlangen nach der Aegypterin, welche er noch nicht ſeine Gattin nennen durfte, denn das perſiſche Geſetz ſchrieb vor, daß der König erſt dann eine Fremde heimführen dürfe 26), wenn ſie ſich mit den iraniſchen Gebräuchen vertraut gemacht und zu der Religion des Zoroaſter bekannt habe 27). Dem Geſetze nach hätte Nitetis eines vollen Jahres bedurft, ehe ſie das Weib eines perſiſchen Fürſten werden durfte; was war aber dem Kambyſes das Geſetz? — Er erblickte die Verkörperung deſſelben in ſeiner eignen Perſon, und meinte, für Nitetis würden drei Monate genügen, um alle Lehren der Magier verſtehen und ihre Hochzeit mit ihm feiern zu können. Seine andern Weiber erſchienen ihm heut haſſens- werth, ja ſogar Ekel erregend. Schon in ſeiner früheſten Jugend hatte man ſein Haus mit Frauen angefüllt. Schöne Mädchen aus allen Theilen Aſiens, ſchwarzäugige Armenierinnen, blendend weiße Jungfrauen vom Kaukaſus, zarte Dirnen vom Ufer der Ganga, üppige Babylonierin-

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. [30]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/32>, abgerufen am 29.03.2024.