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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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Kambyses biß sich in die Lippen, sah Bartja durch-
dringend an, und rief als er bemerkte, daß sein Bruder
verlegen wurde, kurz und drohend: "Mach, daß Du zu
den Tapuren kommst! Meine Gattin bedarf Deines Schutzes
nicht mehr. Man wird sie in meinem Weiberhause zu
bewachen wissen!"

Bei diesen Worten kehrte er Bartja den Rücken und
begab sich in die von Gold, Purpur und Edelsteinen strah-
lende Halle, wo Feldherren, Satrapen, Richter, Schatz-
meister, Schreiber, Räthe, Eunuchen, Thürhüter, Frem-
den-Einführer, Kämmerer, Aus- und Ankleider, Schenken,
Stallmeister, Jagdobersten, Leibärzte, Augen und Ohren
des Königs 23) und Botschafter aller Arten seiner war-
teten.

Jhm voraus gingen Herolde mit Stäben, seinen
Schritten folgte ein Heer von Fächer-, Sänften- und
Schemelträgern, Teppichbreitern und Schreibern, die jeden
Befehl ihres Herrn, jede nur angedeutete Bewilligung,
Belohnung oder Strafe sofort aufzeichneten und den be-
treffenden Beamten zur Ausführung übergaben.

Jn der Mitte der tageshell erleuchteten Halle stand
eine vergoldete Tafel, die beinahe zusammenbrach unter der
Last goldener und silberner Gefäße, Teller, Becher und
Schalen, welche dieselbe in schöner Ordnung schmückten. Jn
einem durch purpurne Vorhänge verschlossenen Seitenge-
mache stand ein kleiner Tisch, dessen wunderbar prächtige
Geräthe viele Millionen werth sein mochten. An diesem
pflegte der König zu speisen. Der Vorhang verbarg ihn
den Blicken der anderen Schmausenden, während er die
ganze Halle und jede Bewegung seiner Tischgenossen über-
sehen konnte 24). Zu der Zahl dieser "Tischgenossen" ge-
zählt zu werden, galt für die höchste Befriedigung des

Kambyſes biß ſich in die Lippen, ſah Bartja durch-
dringend an, und rief als er bemerkte, daß ſein Bruder
verlegen wurde, kurz und drohend: „Mach, daß Du zu
den Tapuren kommſt! Meine Gattin bedarf Deines Schutzes
nicht mehr. Man wird ſie in meinem Weiberhauſe zu
bewachen wiſſen!“

Bei dieſen Worten kehrte er Bartja den Rücken und
begab ſich in die von Gold, Purpur und Edelſteinen ſtrah-
lende Halle, wo Feldherren, Satrapen, Richter, Schatz-
meiſter, Schreiber, Räthe, Eunuchen, Thürhüter, Frem-
den-Einführer, Kämmerer, Aus- und Ankleider, Schenken,
Stallmeiſter, Jagdoberſten, Leibärzte, Augen und Ohren
des Königs 23) und Botſchafter aller Arten ſeiner war-
teten.

Jhm voraus gingen Herolde mit Stäben, ſeinen
Schritten folgte ein Heer von Fächer-, Sänften- und
Schemelträgern, Teppichbreitern und Schreibern, die jeden
Befehl ihres Herrn, jede nur angedeutete Bewilligung,
Belohnung oder Strafe ſofort aufzeichneten und den be-
treffenden Beamten zur Ausführung übergaben.

Jn der Mitte der tageshell erleuchteten Halle ſtand
eine vergoldete Tafel, die beinahe zuſammenbrach unter der
Laſt goldener und ſilberner Gefäße, Teller, Becher und
Schalen, welche dieſelbe in ſchöner Ordnung ſchmückten. Jn
einem durch purpurne Vorhänge verſchloſſenen Seitenge-
mache ſtand ein kleiner Tiſch, deſſen wunderbar prächtige
Geräthe viele Millionen werth ſein mochten. An dieſem
pflegte der König zu ſpeiſen. Der Vorhang verbarg ihn
den Blicken der anderen Schmauſenden, während er die
ganze Halle und jede Bewegung ſeiner Tiſchgenoſſen über-
ſehen konnte 24). Zu der Zahl dieſer „Tiſchgenoſſen“ ge-
zählt zu werden, galt für die höchſte Befriedigung des

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[25/0027] Kambyſes biß ſich in die Lippen, ſah Bartja durch- dringend an, und rief als er bemerkte, daß ſein Bruder verlegen wurde, kurz und drohend: „Mach, daß Du zu den Tapuren kommſt! Meine Gattin bedarf Deines Schutzes nicht mehr. Man wird ſie in meinem Weiberhauſe zu bewachen wiſſen!“ Bei dieſen Worten kehrte er Bartja den Rücken und begab ſich in die von Gold, Purpur und Edelſteinen ſtrah- lende Halle, wo Feldherren, Satrapen, Richter, Schatz- meiſter, Schreiber, Räthe, Eunuchen, Thürhüter, Frem- den-Einführer, Kämmerer, Aus- und Ankleider, Schenken, Stallmeiſter, Jagdoberſten, Leibärzte, Augen und Ohren des Königs 23) und Botſchafter aller Arten ſeiner war- teten. Jhm voraus gingen Herolde mit Stäben, ſeinen Schritten folgte ein Heer von Fächer-, Sänften- und Schemelträgern, Teppichbreitern und Schreibern, die jeden Befehl ihres Herrn, jede nur angedeutete Bewilligung, Belohnung oder Strafe ſofort aufzeichneten und den be- treffenden Beamten zur Ausführung übergaben. Jn der Mitte der tageshell erleuchteten Halle ſtand eine vergoldete Tafel, die beinahe zuſammenbrach unter der Laſt goldener und ſilberner Gefäße, Teller, Becher und Schalen, welche dieſelbe in ſchöner Ordnung ſchmückten. Jn einem durch purpurne Vorhänge verſchloſſenen Seitenge- mache ſtand ein kleiner Tiſch, deſſen wunderbar prächtige Geräthe viele Millionen werth ſein mochten. An dieſem pflegte der König zu ſpeiſen. Der Vorhang verbarg ihn den Blicken der anderen Schmauſenden, während er die ganze Halle und jede Bewegung ſeiner Tiſchgenoſſen über- ſehen konnte 24). Zu der Zahl dieſer „Tiſchgenoſſen“ ge- zählt zu werden, galt für die höchſte Befriedigung des

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/27>, abgerufen am 29.03.2024.