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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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"Wer bist Du?"

"Jch bin ein hellenischer Edler. Mein Name ist
Phanes, meine Heimat Athen. Zehn Jahre lang habe ich
als Kriegsoberster und Befehlshaber der griechischen Söld-
ner des Amasis nicht ohne Ruhm gedient."

"Bist Du Derselbe, dessen geschickter Führung die
Aegypter ihre Siege auf Kypros verdanken?"

"Der bin ich."

"Was führt Dich nach Persien?"

"Der Glanz Deines Namens, o Kambyses, und die
Sehnsucht, mein Schwert und meine Erfahrungen Deinem
Dienste zu weihn."

"Weiter nichts? Sei aufrichtig und bedenke, daß Dir
eine einzige Lüge das Leben kosten kann. Wir Perser
haben andre Begriffe von Wahrhaftigkeit, als ihr Hellenen!"

"Auch mir ist die Lüge verhaßt, und wäre es nur,
weil sie mir als eine Verstellung und Verzerrung unschön
erscheint."

"So sprich!"

"Freilich trieb mich noch ein Drittes nach Persien,
das ich Dir aber später mittheilen möchte. Dies Dritte
betrifft etwas ungemein Wichtiges, zu dessen Besprechung
wir langer Zeit bedürfen; heute aber --"

"Grade heute werd' ich gern etwas Neues hören.
Begleite mich auf die Jagd! Du kommst mir wie gerufen,
denn niemals hab' ich einer Zerstreuung nöthiger bedurft,
als eben jetzt."

"Jch werde Dich gern begleiten, wenn Du --"

"Man stellt dem Könige keine Bedingungen! Bist Du
im Jagen geübt?"

"Jch habe manchen Löwen der libyschen Wüste erlegt."

"So komm, und folge mir!"

„Wer biſt Du?“

„Jch bin ein helleniſcher Edler. Mein Name iſt
Phanes, meine Heimat Athen. Zehn Jahre lang habe ich
als Kriegsoberſter und Befehlshaber der griechiſchen Söld-
ner des Amaſis nicht ohne Ruhm gedient.“

„Biſt Du Derſelbe, deſſen geſchickter Führung die
Aegypter ihre Siege auf Kypros verdanken?“

„Der bin ich.“

„Was führt Dich nach Perſien?“

„Der Glanz Deines Namens, o Kambyſes, und die
Sehnſucht, mein Schwert und meine Erfahrungen Deinem
Dienſte zu weihn.“

„Weiter nichts? Sei aufrichtig und bedenke, daß Dir
eine einzige Lüge das Leben koſten kann. Wir Perſer
haben andre Begriffe von Wahrhaftigkeit, als ihr Hellenen!“

„Auch mir iſt die Lüge verhaßt, und wäre es nur,
weil ſie mir als eine Verſtellung und Verzerrung unſchön
erſcheint.“

„So ſprich!“

„Freilich trieb mich noch ein Drittes nach Perſien,
das ich Dir aber ſpäter mittheilen möchte. Dies Dritte
betrifft etwas ungemein Wichtiges, zu deſſen Beſprechung
wir langer Zeit bedürfen; heute aber —“

„Grade heute werd’ ich gern etwas Neues hören.
Begleite mich auf die Jagd! Du kommſt mir wie gerufen,
denn niemals hab’ ich einer Zerſtreuung nöthiger bedurft,
als eben jetzt.“

„Jch werde Dich gern begleiten, wenn Du —“

„Man ſtellt dem Könige keine Bedingungen! Biſt Du
im Jagen geübt?“

„Jch habe manchen Löwen der libyſchen Wüſte erlegt.“

„So komm, und folge mir!“

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[208/0210] „Wer biſt Du?“ „Jch bin ein helleniſcher Edler. Mein Name iſt Phanes, meine Heimat Athen. Zehn Jahre lang habe ich als Kriegsoberſter und Befehlshaber der griechiſchen Söld- ner des Amaſis nicht ohne Ruhm gedient.“ „Biſt Du Derſelbe, deſſen geſchickter Führung die Aegypter ihre Siege auf Kypros verdanken?“ „Der bin ich.“ „Was führt Dich nach Perſien?“ „Der Glanz Deines Namens, o Kambyſes, und die Sehnſucht, mein Schwert und meine Erfahrungen Deinem Dienſte zu weihn.“ „Weiter nichts? Sei aufrichtig und bedenke, daß Dir eine einzige Lüge das Leben koſten kann. Wir Perſer haben andre Begriffe von Wahrhaftigkeit, als ihr Hellenen!“ „Auch mir iſt die Lüge verhaßt, und wäre es nur, weil ſie mir als eine Verſtellung und Verzerrung unſchön erſcheint.“ „So ſprich!“ „Freilich trieb mich noch ein Drittes nach Perſien, das ich Dir aber ſpäter mittheilen möchte. Dies Dritte betrifft etwas ungemein Wichtiges, zu deſſen Beſprechung wir langer Zeit bedürfen; heute aber —“ „Grade heute werd’ ich gern etwas Neues hören. Begleite mich auf die Jagd! Du kommſt mir wie gerufen, denn niemals hab’ ich einer Zerſtreuung nöthiger bedurft, als eben jetzt.“ „Jch werde Dich gern begleiten, wenn Du —“ „Man ſtellt dem Könige keine Bedingungen! Biſt Du im Jagen geübt?“ „Jch habe manchen Löwen der libyſchen Wüſte erlegt.“ „So komm, und folge mir!“

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/210>, abgerufen am 19.04.2024.