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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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an meine Pläne zu denken. Da führten mir die gütigen
Amescha cpenta *), als ich gerade am allerwenigsten auf
Erfolge hoffen durfte, einen Jüngling in den Weg, den
Angramainjus selbst für meine Pläne geschaffen zu haben
schien. Gaumata, der Bruder des Oropastes, war nach
Babylon gekommen, um dem großen Neujahrsopfer beizu-
wohnen. Als ich den Jüngling zum Erstenmale bei sei-
nem Bruder, den ich im Auftrage des Königs besuchen
mußte, sah, vermeinte ich ein Gespenst zu erblicken, so
vollkommen glich derselbe dem Bartja. Nachdem ich mein
Geschäft mit Oropastes beendet hatte, begleitete mich der
Knabe bis zu meinem Wagen. Jch ließ nichts von meinem
Erstaunen merken, überhäufte ihn mit Freundlichkeit und
bat ihn, mich zu besuchen. Am selben Abende klopfte er
bei mir an. Jch ließ den besten Wein auftragen, nöthigte
ihn zum Trinken und erfuhr abermals, daß die beste
Eigenschaft des Rebensafts darin besteht, selbst den Schweig-
samen plauderhaft zu machen. Der Jüngling bekannte mir
in seinem Rausche, er sei nicht nur um des Opfers, son-
dern vielmehr um eines Mädchens willen nach Babylon
gekommen, das bei der Aegypterin als oberste Dienerin
verweile. Er liebe dieselbe, so erzählte er, seit seiner
Kindheit; sein ehrgeiziger Bruder aber wolle höher mit
ihm hinaus und habe der schönen Mandane, um sie von
ihm zu trennen, eine Stelle bei der neuen Gattin des
Königs erwirkt. Endlich bat er mich dringend, ihm eine
Unterredung mit seiner Liebsten zu verschaffen. -- Jch
hörte ihm freundlich zu, machte aber Schwierigkeiten und
bat ihn schließlich, am folgenden Tage von Neuem bei
mir anzufragen. Er kam. Jch sagte, daß sich Alles machen

*) Siehe Anmerkung 102 des II. Theils.
Ebers, Eine ägyptische Königstochter. II. 13

an meine Pläne zu denken. Da führten mir die gütigen
Ameſcha cpenta *), als ich gerade am allerwenigſten auf
Erfolge hoffen durfte, einen Jüngling in den Weg, den
Angramainjus ſelbſt für meine Pläne geſchaffen zu haben
ſchien. Gaumata, der Bruder des Oropaſtes, war nach
Babylon gekommen, um dem großen Neujahrsopfer beizu-
wohnen. Als ich den Jüngling zum Erſtenmale bei ſei-
nem Bruder, den ich im Auftrage des Königs beſuchen
mußte, ſah, vermeinte ich ein Geſpenſt zu erblicken, ſo
vollkommen glich derſelbe dem Bartja. Nachdem ich mein
Geſchäft mit Oropaſtes beendet hatte, begleitete mich der
Knabe bis zu meinem Wagen. Jch ließ nichts von meinem
Erſtaunen merken, überhäufte ihn mit Freundlichkeit und
bat ihn, mich zu beſuchen. Am ſelben Abende klopfte er
bei mir an. Jch ließ den beſten Wein auftragen, nöthigte
ihn zum Trinken und erfuhr abermals, daß die beſte
Eigenſchaft des Rebenſafts darin beſteht, ſelbſt den Schweig-
ſamen plauderhaft zu machen. Der Jüngling bekannte mir
in ſeinem Rauſche, er ſei nicht nur um des Opfers, ſon-
dern vielmehr um eines Mädchens willen nach Babylon
gekommen, das bei der Aegypterin als oberſte Dienerin
verweile. Er liebe dieſelbe, ſo erzählte er, ſeit ſeiner
Kindheit; ſein ehrgeiziger Bruder aber wolle höher mit
ihm hinaus und habe der ſchönen Mandane, um ſie von
ihm zu trennen, eine Stelle bei der neuen Gattin des
Königs erwirkt. Endlich bat er mich dringend, ihm eine
Unterredung mit ſeiner Liebſten zu verſchaffen. — Jch
hörte ihm freundlich zu, machte aber Schwierigkeiten und
bat ihn ſchließlich, am folgenden Tage von Neuem bei
mir anzufragen. Er kam. Jch ſagte, daß ſich Alles machen

*) Siehe Anmerkung 102 des II. Theils.
Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. II. 13
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[193/0195] an meine Pläne zu denken. Da führten mir die gütigen Ameſcha cpenta *), als ich gerade am allerwenigſten auf Erfolge hoffen durfte, einen Jüngling in den Weg, den Angramainjus ſelbſt für meine Pläne geſchaffen zu haben ſchien. Gaumata, der Bruder des Oropaſtes, war nach Babylon gekommen, um dem großen Neujahrsopfer beizu- wohnen. Als ich den Jüngling zum Erſtenmale bei ſei- nem Bruder, den ich im Auftrage des Königs beſuchen mußte, ſah, vermeinte ich ein Geſpenſt zu erblicken, ſo vollkommen glich derſelbe dem Bartja. Nachdem ich mein Geſchäft mit Oropaſtes beendet hatte, begleitete mich der Knabe bis zu meinem Wagen. Jch ließ nichts von meinem Erſtaunen merken, überhäufte ihn mit Freundlichkeit und bat ihn, mich zu beſuchen. Am ſelben Abende klopfte er bei mir an. Jch ließ den beſten Wein auftragen, nöthigte ihn zum Trinken und erfuhr abermals, daß die beſte Eigenſchaft des Rebenſafts darin beſteht, ſelbſt den Schweig- ſamen plauderhaft zu machen. Der Jüngling bekannte mir in ſeinem Rauſche, er ſei nicht nur um des Opfers, ſon- dern vielmehr um eines Mädchens willen nach Babylon gekommen, das bei der Aegypterin als oberſte Dienerin verweile. Er liebe dieſelbe, ſo erzählte er, ſeit ſeiner Kindheit; ſein ehrgeiziger Bruder aber wolle höher mit ihm hinaus und habe der ſchönen Mandane, um ſie von ihm zu trennen, eine Stelle bei der neuen Gattin des Königs erwirkt. Endlich bat er mich dringend, ihm eine Unterredung mit ſeiner Liebſten zu verſchaffen. — Jch hörte ihm freundlich zu, machte aber Schwierigkeiten und bat ihn ſchließlich, am folgenden Tage von Neuem bei mir anzufragen. Er kam. Jch ſagte, daß ſich Alles machen *) Siehe Anmerkung 102 des II. Theils. Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. II. 13

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/195>, abgerufen am 24.04.2024.