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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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Feindinnen erheben sich in rührender Einmüthigkeit und
überhäufen mich mit Schmähreden und drohenden Worten,
bis ich das Zimmer verlasse. Als ich mich niederlegen will,
finde ich fünf verschlossene Thüren. Am nächsten Morgen
wird das Gejammer vom vorigen Abend fortgesetzt. Jch
fliehe wiederum und reite mit dem Könige auf die Jagd.
Als ich ermüdet, hungrig und erfroren heimkehre, (es war
im Frühling, und wir verweilten schon zu Ekbatana, als
der Schnee noch Ellen hoch auf dem Orontes lagerte)
find' ich kein Feuer im Heerde und keine Mahlzeit bereitet.
Die edle Schaar hatte sich, um mich zu strafen, verbündet,
das Feuer gelöscht, den Köchen verboten, ihre Pflicht zu
thun und, was das Schlimmste war, den Schmuck behal-
ten! -- Als ich kaum den Sclaven befohlen habe, das
Feuer anzuschüren und ein Mahl zu bereiten, erscheint der
unverschämte Juwelenhändler von Neuem und verlangt sein
Geld. -- Jch weigere mich abermals, zu bezahlen, ich ver-
bringe wieder, abgeschlossen von den Weibern, meine Nacht
und opfre am nächsten Morgen, um des lieben Friedens
willen, zehn Talente. Seitdem fürchte ich die Einigkeit
meiner Geliebten wie die bösen Diws und sehe nichts
lieber, als ihre kleinen Zänkereien und Händel."

"Armer Zopyros!" lachte Bartja.

"Armer?" fragte der fünffache Eheherr. "Jch sage
euch, daß ich der Glücklichste aller Sterblichen bin. Wenn
ich alt werde, so könnt ihr euch darauf verlassen, in
ganz Persien keinen volleren Harem zu finden, als den
meinen. Sobald eine meiner Weiber Runzeln bekommt,
hab' ich vor, an ihrer Stelle eine neue Frau zu nehmen.
Die alternden Gattinnen werden dann durch ihre Häßlich-
keit meine jungen Geliebten um desto schöner erscheinen

Ebers, Eine ägyptische Königstochter. II. 10

Feindinnen erheben ſich in rührender Einmüthigkeit und
überhäufen mich mit Schmähreden und drohenden Worten,
bis ich das Zimmer verlaſſe. Als ich mich niederlegen will,
finde ich fünf verſchloſſene Thüren. Am nächſten Morgen
wird das Gejammer vom vorigen Abend fortgeſetzt. Jch
fliehe wiederum und reite mit dem Könige auf die Jagd.
Als ich ermüdet, hungrig und erfroren heimkehre, (es war
im Frühling, und wir verweilten ſchon zu Ekbatana, als
der Schnee noch Ellen hoch auf dem Orontes lagerte)
find’ ich kein Feuer im Heerde und keine Mahlzeit bereitet.
Die edle Schaar hatte ſich, um mich zu ſtrafen, verbündet,
das Feuer gelöſcht, den Köchen verboten, ihre Pflicht zu
thun und, was das Schlimmſte war, den Schmuck behal-
ten! — Als ich kaum den Sclaven befohlen habe, das
Feuer anzuſchüren und ein Mahl zu bereiten, erſcheint der
unverſchämte Juwelenhändler von Neuem und verlangt ſein
Geld. — Jch weigere mich abermals, zu bezahlen, ich ver-
bringe wieder, abgeſchloſſen von den Weibern, meine Nacht
und opfre am nächſten Morgen, um des lieben Friedens
willen, zehn Talente. Seitdem fürchte ich die Einigkeit
meiner Geliebten wie die böſen Diws und ſehe nichts
lieber, als ihre kleinen Zänkereien und Händel.“

„Armer Zopyros!“ lachte Bartja.

„Armer?“ fragte der fünffache Eheherr. „Jch ſage
euch, daß ich der Glücklichſte aller Sterblichen bin. Wenn
ich alt werde, ſo könnt ihr euch darauf verlaſſen, in
ganz Perſien keinen volleren Harem zu finden, als den
meinen. Sobald eine meiner Weiber Runzeln bekommt,
hab’ ich vor, an ihrer Stelle eine neue Frau zu nehmen.
Die alternden Gattinnen werden dann durch ihre Häßlich-
keit meine jungen Geliebten um deſto ſchöner erſcheinen

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[145/0147] Feindinnen erheben ſich in rührender Einmüthigkeit und überhäufen mich mit Schmähreden und drohenden Worten, bis ich das Zimmer verlaſſe. Als ich mich niederlegen will, finde ich fünf verſchloſſene Thüren. Am nächſten Morgen wird das Gejammer vom vorigen Abend fortgeſetzt. Jch fliehe wiederum und reite mit dem Könige auf die Jagd. Als ich ermüdet, hungrig und erfroren heimkehre, (es war im Frühling, und wir verweilten ſchon zu Ekbatana, als der Schnee noch Ellen hoch auf dem Orontes lagerte) find’ ich kein Feuer im Heerde und keine Mahlzeit bereitet. Die edle Schaar hatte ſich, um mich zu ſtrafen, verbündet, das Feuer gelöſcht, den Köchen verboten, ihre Pflicht zu thun und, was das Schlimmſte war, den Schmuck behal- ten! — Als ich kaum den Sclaven befohlen habe, das Feuer anzuſchüren und ein Mahl zu bereiten, erſcheint der unverſchämte Juwelenhändler von Neuem und verlangt ſein Geld. — Jch weigere mich abermals, zu bezahlen, ich ver- bringe wieder, abgeſchloſſen von den Weibern, meine Nacht und opfre am nächſten Morgen, um des lieben Friedens willen, zehn Talente. Seitdem fürchte ich die Einigkeit meiner Geliebten wie die böſen Diws und ſehe nichts lieber, als ihre kleinen Zänkereien und Händel.“ „Armer Zopyros!“ lachte Bartja. „Armer?“ fragte der fünffache Eheherr. „Jch ſage euch, daß ich der Glücklichſte aller Sterblichen bin. Wenn ich alt werde, ſo könnt ihr euch darauf verlaſſen, in ganz Perſien keinen volleren Harem zu finden, als den meinen. Sobald eine meiner Weiber Runzeln bekommt, hab’ ich vor, an ihrer Stelle eine neue Frau zu nehmen. Die alternden Gattinnen werden dann durch ihre Häßlich- keit meine jungen Geliebten um deſto ſchöner erſcheinen Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. II. 10

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/147>, abgerufen am 29.03.2024.