Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Als die Auskleider ihr Geschäft beginnen wollten,
wies sie der König mit dem Befehle, ihn sofort zu ver-
lassen, grollend zurück.

Nachdem sich dieselben aus dem Gemache entfernt
hatten, rief er Boges und murmelte: "Von dieser Stunde
an übertrage ich Dir die Aufsicht über die hängenden
Gärten und die Aegypterin. Bewache sie gut! Wenn ein
Mensch, oder eine Botschaft ohne mein Wissen zu ihr
gelangt, so ist Dein Leben verwirkt!"

"Aber, wenn Kassandane oder Atossa zu ihr
schicken?"

"So weise die Boten ab und laß ihnen sagen, ich
würde jeden Versuch, den sie wagen sollten, mit Nitetis
zu verkehren, für eine mir zugefügte Beleidigung an-
sehen."

"Darf ich Dich um eine Gnade bitten, o König?"

"Die Stunde dazu ist schlecht gewählt."

"Jch fühle mich so krank. Uebertrage nur für den
morgenden Tag die Aufsicht über die Gärten einem Ande-
ren, als mir."

"Nein! -- Verlaß mich!"

"Heftiges Fieber durchschauert mein Blut. Jch habe
heut dreimal die Besinnung verloren. -- Wenn irgend
Jemand während einer solchen Schwäche ..."

"Wer könnte Deine Stelle vertreten?"

"Der lydische Eunuchenhauptmann Kandaulos. Er
ist treu wie Gold und unbeugsam streng. Ein Tag
der Erholung wird meine Gesundheit herstellen. Sei
gnädig!"

"Niemand ist so schlecht bedient, als ich, der König.
Kandaulos mag Dich morgen vertreten; gib ihm aber strenge
Befehle und sage ihm, daß eine einzige Nachlässigkeit sein
Leben bedroht. -- Verlaß mich jetzt!"

Als die Auskleider ihr Geſchäft beginnen wollten,
wies ſie der König mit dem Befehle, ihn ſofort zu ver-
laſſen, grollend zurück.

Nachdem ſich dieſelben aus dem Gemache entfernt
hatten, rief er Boges und murmelte: „Von dieſer Stunde
an übertrage ich Dir die Aufſicht über die hängenden
Gärten und die Aegypterin. Bewache ſie gut! Wenn ein
Menſch, oder eine Botſchaft ohne mein Wiſſen zu ihr
gelangt, ſo iſt Dein Leben verwirkt!“

„Aber, wenn Kaſſandane oder Atoſſa zu ihr
ſchicken?“

„So weiſe die Boten ab und laß ihnen ſagen, ich
würde jeden Verſuch, den ſie wagen ſollten, mit Nitetis
zu verkehren, für eine mir zugefügte Beleidigung an-
ſehen.“

„Darf ich Dich um eine Gnade bitten, o König?“

„Die Stunde dazu iſt ſchlecht gewählt.“

„Jch fühle mich ſo krank. Uebertrage nur für den
morgenden Tag die Aufſicht über die Gärten einem Ande-
ren, als mir.“

„Nein! — Verlaß mich!“

„Heftiges Fieber durchſchauert mein Blut. Jch habe
heut dreimal die Beſinnung verloren. — Wenn irgend
Jemand während einer ſolchen Schwäche ...“

„Wer könnte Deine Stelle vertreten?“

„Der lydiſche Eunuchenhauptmann Kandaulos. Er
iſt treu wie Gold und unbeugſam ſtreng. Ein Tag
der Erholung wird meine Geſundheit herſtellen. Sei
gnädig!“

„Niemand iſt ſo ſchlecht bedient, als ich, der König.
Kandaulos mag Dich morgen vertreten; gib ihm aber ſtrenge
Befehle und ſage ihm, daß eine einzige Nachläſſigkeit ſein
Leben bedroht. — Verlaß mich jetzt!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0137" n="135"/>
        <p>Als die Auskleider ihr Ge&#x017F;chäft beginnen wollten,<lb/>
wies &#x017F;ie der König mit dem Befehle, ihn &#x017F;ofort zu ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, grollend zurück.</p><lb/>
        <p>Nachdem &#x017F;ich die&#x017F;elben aus dem Gemache entfernt<lb/>
hatten, rief er Boges und murmelte: &#x201E;Von die&#x017F;er Stunde<lb/>
an übertrage ich Dir die Auf&#x017F;icht über die hängenden<lb/>
Gärten und die Aegypterin. Bewache &#x017F;ie gut! Wenn ein<lb/>
Men&#x017F;ch, oder eine Bot&#x017F;chaft ohne mein Wi&#x017F;&#x017F;en zu ihr<lb/>
gelangt, &#x017F;o i&#x017F;t Dein Leben verwirkt!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber, wenn Ka&#x017F;&#x017F;andane oder Ato&#x017F;&#x017F;a zu ihr<lb/>
&#x017F;chicken?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So wei&#x017F;e die Boten ab und laß ihnen &#x017F;agen, ich<lb/>
würde jeden Ver&#x017F;uch, den &#x017F;ie wagen &#x017F;ollten, mit Nitetis<lb/>
zu verkehren, für eine mir zugefügte Beleidigung an-<lb/>
&#x017F;ehen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Darf ich Dich um eine Gnade bitten, o König?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Stunde dazu i&#x017F;t &#x017F;chlecht gewählt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch fühle mich &#x017F;o krank. Uebertrage nur für den<lb/>
morgenden Tag die Auf&#x017F;icht über die Gärten einem Ande-<lb/>
ren, als mir.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein! &#x2014; Verlaß mich!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Heftiges Fieber durch&#x017F;chauert mein Blut. Jch habe<lb/>
heut dreimal die Be&#x017F;innung verloren. &#x2014; Wenn irgend<lb/>
Jemand während einer &#x017F;olchen Schwäche ...&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wer könnte Deine Stelle vertreten?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der lydi&#x017F;che Eunuchenhauptmann Kandaulos. Er<lb/>
i&#x017F;t treu wie Gold und unbeug&#x017F;am &#x017F;treng. Ein Tag<lb/>
der Erholung wird meine Ge&#x017F;undheit her&#x017F;tellen. Sei<lb/>
gnädig!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Niemand i&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;chlecht bedient, als ich, der König.<lb/>
Kandaulos mag Dich morgen vertreten; gib ihm aber &#x017F;trenge<lb/>
Befehle und &#x017F;age ihm, daß eine einzige Nachlä&#x017F;&#x017F;igkeit &#x017F;ein<lb/>
Leben bedroht. &#x2014; Verlaß mich jetzt!&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0137] Als die Auskleider ihr Geſchäft beginnen wollten, wies ſie der König mit dem Befehle, ihn ſofort zu ver- laſſen, grollend zurück. Nachdem ſich dieſelben aus dem Gemache entfernt hatten, rief er Boges und murmelte: „Von dieſer Stunde an übertrage ich Dir die Aufſicht über die hängenden Gärten und die Aegypterin. Bewache ſie gut! Wenn ein Menſch, oder eine Botſchaft ohne mein Wiſſen zu ihr gelangt, ſo iſt Dein Leben verwirkt!“ „Aber, wenn Kaſſandane oder Atoſſa zu ihr ſchicken?“ „So weiſe die Boten ab und laß ihnen ſagen, ich würde jeden Verſuch, den ſie wagen ſollten, mit Nitetis zu verkehren, für eine mir zugefügte Beleidigung an- ſehen.“ „Darf ich Dich um eine Gnade bitten, o König?“ „Die Stunde dazu iſt ſchlecht gewählt.“ „Jch fühle mich ſo krank. Uebertrage nur für den morgenden Tag die Aufſicht über die Gärten einem Ande- ren, als mir.“ „Nein! — Verlaß mich!“ „Heftiges Fieber durchſchauert mein Blut. Jch habe heut dreimal die Beſinnung verloren. — Wenn irgend Jemand während einer ſolchen Schwäche ...“ „Wer könnte Deine Stelle vertreten?“ „Der lydiſche Eunuchenhauptmann Kandaulos. Er iſt treu wie Gold und unbeugſam ſtreng. Ein Tag der Erholung wird meine Geſundheit herſtellen. Sei gnädig!“ „Niemand iſt ſo ſchlecht bedient, als ich, der König. Kandaulos mag Dich morgen vertreten; gib ihm aber ſtrenge Befehle und ſage ihm, daß eine einzige Nachläſſigkeit ſein Leben bedroht. — Verlaß mich jetzt!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/137
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/137>, abgerufen am 29.03.2024.