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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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Schnell vergessen war der Groll wegen des gedemü-
thigten Weibes; Schlachtgedanken, Träume von unsterb-
lichem Waffenruhm und Siegeskränzen, Rückerinnerungen
an vergangene Großthaten hoben die Feststimmung der
Schmausenden.

Der König selbst, an diesem Tage mäßiger als sonst,
munterte seine Gäste zum Trinken auf, und freute sich der
lärmenden Heiterkeit und der überschäumenden Kampflust
seiner Helden; mehr aber noch der zauberhaften Schönheit
der Aegypterin, die, bleicher als sonst und gänzlich er-
schöpft von den Anstrengungen des vergangnen Morgens
und der ungewohnten Last der hohen Tiara an seiner Seite
saß. So glücklich als an diesem Tage, hatte er sich noch
nie gefühlt!

Was fehlte ihm auch, was konnte er noch wünschen,
er, dem die Gottheit das Glück der Liebe zu allen Schätzen,
welche das Herz zu begehren vermag, in den Schooß ge-
worfen hatte? -- Sein Starrsinn schien sich in mildes
Wohlwollen, seine strenge Härte in freundliche Nachgie-
bigkeit verwandelt zu haben, als er dem neben ihm sitzen-
den Bartja zurief: "Nun, Bruder, hast Du mein Ver-
sprechen vergessen? Weißt Du nicht mehr, daß Du heute,
sicher der Gewährung, von mir erbitten darfst, was Dein
Herz begehrt? So ist's recht, leere den Becher und steigre
Deinen Muth! Daß Du mir aber nichts Geringes for-
derst! Jch bin heute ganz in der Stimmung, große Ge-
schenke zu machen! Ah, Du willst mir im Geheimen sagen,
was Du begehrst? So tritt näher! Jch bin doch neugierig
zu erfahren, was der glücklichste Jüngling in meinem gan-
zen Reiche so sehnlich begehrt, daß er wie ein Mädchen
erröthet, sobald man von seinem Wunsche spricht."

Bartja, dessen Wangen in der That vor Erregung

Schnell vergeſſen war der Groll wegen des gedemü-
thigten Weibes; Schlachtgedanken, Träume von unſterb-
lichem Waffenruhm und Siegeskränzen, Rückerinnerungen
an vergangene Großthaten hoben die Feſtſtimmung der
Schmauſenden.

Der König ſelbſt, an dieſem Tage mäßiger als ſonſt,
munterte ſeine Gäſte zum Trinken auf, und freute ſich der
lärmenden Heiterkeit und der überſchäumenden Kampfluſt
ſeiner Helden; mehr aber noch der zauberhaften Schönheit
der Aegypterin, die, bleicher als ſonſt und gänzlich er-
ſchöpft von den Anſtrengungen des vergangnen Morgens
und der ungewohnten Laſt der hohen Tiara an ſeiner Seite
ſaß. So glücklich als an dieſem Tage, hatte er ſich noch
nie gefühlt!

Was fehlte ihm auch, was konnte er noch wünſchen,
er, dem die Gottheit das Glück der Liebe zu allen Schätzen,
welche das Herz zu begehren vermag, in den Schooß ge-
worfen hatte? — Sein Starrſinn ſchien ſich in mildes
Wohlwollen, ſeine ſtrenge Härte in freundliche Nachgie-
bigkeit verwandelt zu haben, als er dem neben ihm ſitzen-
den Bartja zurief: „Nun, Bruder, haſt Du mein Ver-
ſprechen vergeſſen? Weißt Du nicht mehr, daß Du heute,
ſicher der Gewährung, von mir erbitten darfſt, was Dein
Herz begehrt? So iſt’s recht, leere den Becher und ſteigre
Deinen Muth! Daß Du mir aber nichts Geringes for-
derſt! Jch bin heute ganz in der Stimmung, große Ge-
ſchenke zu machen! Ah, Du willſt mir im Geheimen ſagen,
was Du begehrſt? So tritt näher! Jch bin doch neugierig
zu erfahren, was der glücklichſte Jüngling in meinem gan-
zen Reiche ſo ſehnlich begehrt, daß er wie ein Mädchen
erröthet, ſobald man von ſeinem Wunſche ſpricht.“

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[122/0124] Schnell vergeſſen war der Groll wegen des gedemü- thigten Weibes; Schlachtgedanken, Träume von unſterb- lichem Waffenruhm und Siegeskränzen, Rückerinnerungen an vergangene Großthaten hoben die Feſtſtimmung der Schmauſenden. Der König ſelbſt, an dieſem Tage mäßiger als ſonſt, munterte ſeine Gäſte zum Trinken auf, und freute ſich der lärmenden Heiterkeit und der überſchäumenden Kampfluſt ſeiner Helden; mehr aber noch der zauberhaften Schönheit der Aegypterin, die, bleicher als ſonſt und gänzlich er- ſchöpft von den Anſtrengungen des vergangnen Morgens und der ungewohnten Laſt der hohen Tiara an ſeiner Seite ſaß. So glücklich als an dieſem Tage, hatte er ſich noch nie gefühlt! Was fehlte ihm auch, was konnte er noch wünſchen, er, dem die Gottheit das Glück der Liebe zu allen Schätzen, welche das Herz zu begehren vermag, in den Schooß ge- worfen hatte? — Sein Starrſinn ſchien ſich in mildes Wohlwollen, ſeine ſtrenge Härte in freundliche Nachgie- bigkeit verwandelt zu haben, als er dem neben ihm ſitzen- den Bartja zurief: „Nun, Bruder, haſt Du mein Ver- ſprechen vergeſſen? Weißt Du nicht mehr, daß Du heute, ſicher der Gewährung, von mir erbitten darfſt, was Dein Herz begehrt? So iſt’s recht, leere den Becher und ſteigre Deinen Muth! Daß Du mir aber nichts Geringes for- derſt! Jch bin heute ganz in der Stimmung, große Ge- ſchenke zu machen! Ah, Du willſt mir im Geheimen ſagen, was Du begehrſt? So tritt näher! Jch bin doch neugierig zu erfahren, was der glücklichſte Jüngling in meinem gan- zen Reiche ſo ſehnlich begehrt, daß er wie ein Mädchen erröthet, ſobald man von ſeinem Wunſche ſpricht.“ Bartja, deſſen Wangen in der That vor Erregung

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/124>, abgerufen am 29.03.2024.