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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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Männchen für Dich aussuchen. Hi, hi, mit dem wirst Du
wohl lieber in der Einsamkeit leben, als mit Deiner schö-
nen Aegypterin?!"

"Meine Herrin ist schöner als Manchem lieb sein mag,
und ich habe niemanden aufgetragen, mir einen Mann zu
suchen," antwortete sie schnippisch. "Jch werde auch ohne
Dich den Rechten finden!"

"Wer möchte daran zweifeln? Ein so hübsches Lärv-
chen zieht die Männer an, wie der Wurm die Fische."

"Jch angle nicht nach Männern; am wenigsten nach
solchen, die Dir gleichen."

"Glaub's gern, glaub's gern!" kicherte der Eunuch;
"aber sage mir, mein Schätzchen, warum bist Du so hart
gegen mich? Hab ich Dir etwas zu Leide gethan? Bin
ich's nicht gewesen, der Dir diese hohe Stelle verschaffte?
Bin ich nicht Dein Landsmann, ein Meder?"

"Das bist Du und ich bin Dir auch gar nicht gram,
so lange Du mich in Ruhe läßt! Was die Stelle anbe-
langt, so danke ich dieselbe dem Oberpriester Oropastes,
welcher mich der Königin Kassandane empfahl, nicht Dir."

"Was Du da sagst, mein Liebchen? Weißt Du denn
nicht, daß keine Zofe ohne meine Bewilligung angestellt
werden darf?"

"Das weiß ich so gut als Du, aber ..."

"Aber ihr Weiber seid ein undankbares Völkchen, das
unserer Güte nicht werth ist!"

"Vergiß nicht, daß Du zu einem Mädchen aus gutem
Hause sprichst!"

"Weiß wohl, mein Lämmchen! Dein Vater war ein
Magier, und Deine Mutter eine Magiertochter. Beide
starben früh und übergaben Dich dem Destur Jxabates, dem
Vater des Oberpriesters Oropastes, welcher Dich mit seinen

Männchen für Dich ausſuchen. Hi, hi, mit dem wirſt Du
wohl lieber in der Einſamkeit leben, als mit Deiner ſchö-
nen Aegypterin?!“

„Meine Herrin iſt ſchöner als Manchem lieb ſein mag,
und ich habe niemanden aufgetragen, mir einen Mann zu
ſuchen,“ antwortete ſie ſchnippiſch. „Jch werde auch ohne
Dich den Rechten finden!“

„Wer möchte daran zweifeln? Ein ſo hübſches Lärv-
chen zieht die Männer an, wie der Wurm die Fiſche.“

„Jch angle nicht nach Männern; am wenigſten nach
ſolchen, die Dir gleichen.“

„Glaub’s gern, glaub’s gern!“ kicherte der Eunuch;
„aber ſage mir, mein Schätzchen, warum biſt Du ſo hart
gegen mich? Hab ich Dir etwas zu Leide gethan? Bin
ich’s nicht geweſen, der Dir dieſe hohe Stelle verſchaffte?
Bin ich nicht Dein Landsmann, ein Meder?“

„Das biſt Du und ich bin Dir auch gar nicht gram,
ſo lange Du mich in Ruhe läßt! Was die Stelle anbe-
langt, ſo danke ich dieſelbe dem Oberprieſter Oropaſtes,
welcher mich der Königin Kaſſandane empfahl, nicht Dir.“

„Was Du da ſagſt, mein Liebchen? Weißt Du denn
nicht, daß keine Zofe ohne meine Bewilligung angeſtellt
werden darf?“

„Das weiß ich ſo gut als Du, aber ...“

„Aber ihr Weiber ſeid ein undankbares Völkchen, das
unſerer Güte nicht werth iſt!“

„Vergiß nicht, daß Du zu einem Mädchen aus gutem
Hauſe ſprichſt!“

„Weiß wohl, mein Lämmchen! Dein Vater war ein
Magier, und Deine Mutter eine Magiertochter. Beide
ſtarben früh und übergaben Dich dem Deſtur Jxabates, dem
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[100/0102] Männchen für Dich ausſuchen. Hi, hi, mit dem wirſt Du wohl lieber in der Einſamkeit leben, als mit Deiner ſchö- nen Aegypterin?!“ „Meine Herrin iſt ſchöner als Manchem lieb ſein mag, und ich habe niemanden aufgetragen, mir einen Mann zu ſuchen,“ antwortete ſie ſchnippiſch. „Jch werde auch ohne Dich den Rechten finden!“ „Wer möchte daran zweifeln? Ein ſo hübſches Lärv- chen zieht die Männer an, wie der Wurm die Fiſche.“ „Jch angle nicht nach Männern; am wenigſten nach ſolchen, die Dir gleichen.“ „Glaub’s gern, glaub’s gern!“ kicherte der Eunuch; „aber ſage mir, mein Schätzchen, warum biſt Du ſo hart gegen mich? Hab ich Dir etwas zu Leide gethan? Bin ich’s nicht geweſen, der Dir dieſe hohe Stelle verſchaffte? Bin ich nicht Dein Landsmann, ein Meder?“ „Das biſt Du und ich bin Dir auch gar nicht gram, ſo lange Du mich in Ruhe läßt! Was die Stelle anbe- langt, ſo danke ich dieſelbe dem Oberprieſter Oropaſtes, welcher mich der Königin Kaſſandane empfahl, nicht Dir.“ „Was Du da ſagſt, mein Liebchen? Weißt Du denn nicht, daß keine Zofe ohne meine Bewilligung angeſtellt werden darf?“ „Das weiß ich ſo gut als Du, aber ...“ „Aber ihr Weiber ſeid ein undankbares Völkchen, das unſerer Güte nicht werth iſt!“ „Vergiß nicht, daß Du zu einem Mädchen aus gutem Hauſe ſprichſt!“ „Weiß wohl, mein Lämmchen! Dein Vater war ein Magier, und Deine Mutter eine Magiertochter. Beide ſtarben früh und übergaben Dich dem Deſtur Jxabates, dem Vater des Oberprieſters Oropaſtes, welcher Dich mit ſeinen

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/102>, abgerufen am 25.04.2024.