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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

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Der Winter.
Wie angenehm scheint es uns nicht, wenn auf den
Flüssen die gefroren,

Wird eine glatte Spiegel-Fläch, aus dikken Was-
ser Schaum gebohren?

Und fällt ein heller Strahl des Lichts, in diese brei-
ten Spiegel ein,

Mein GOtt! wie wunderbahr ist denn der Son-
nen heller Gegenschein,

Da siehet ein erstauntes Aug aus den gefrornen
Flus Kristallen

Der Sonnen maiestätisch Bild in herrlichsten Ge-
stalten prallen;

Da deucht uns das des Geistes Aug ein kleines
Schatten Bild anseh,

Von dem der aller Sonnen Sonn, der in der tief
verborgnen Höh,

Jn unsichtbarer Majestät als König aller Welt re-
gieret,

Und der durch seine Allmachts-Hand die dichten
Fluthen auspoliret.

Die muntre Jugend deren Feur die strengste Kälte
nicht erstikt,

Die sucht ein schauderndes Gespiel, so bald das Eis
den Flus bebrükt,

Sie kommt und will zum Zeitvertreieb, mit einem
lustig hellen Hauffen

Auf einer glatten Rennebahn mit schnellen Schritt-
Schuh Wette lauffen.

Sie stellen sich in einer Reih, sie glitschen von be-
stimmten Ort,

Gleich einem schnellen Pfeil vorbei, und rennen un-
gesäumet fort;

Sie schweben mit beängster Lust, bis sie durch über-
müthig Gleiten,

Jn-
Der Winter.
Wie angenehm ſcheint es uns nicht, wenn auf den
Fluͤſſen die gefroren,

Wird eine glatte Spiegel-Flaͤch, aus dikken Waſ-
ſer Schaum gebohren?

Und faͤllt ein heller Strahl des Lichts, in dieſe brei-
ten Spiegel ein,

Mein GOtt! wie wunderbahr iſt denn der Son-
nen heller Gegenſchein,

Da ſiehet ein erſtauntes Aug aus den gefrornen
Flus Kriſtallen

Der Sonnen maieſtaͤtiſch Bild in herrlichſten Ge-
ſtalten prallen;

Da deucht uns das des Geiſtes Aug ein kleines
Schatten Bild anſeh,

Von dem der aller Sonnen Sonn, der in der tief
verborgnen Hoͤh,

Jn unſichtbarer Majeſtaͤt als Koͤnig aller Welt re-
gieret,

Und der durch ſeine Allmachts-Hand die dichten
Fluthen auspoliret.

Die muntre Jugend deren Feur die ſtrengſte Kaͤlte
nicht erſtikt,

Die ſucht ein ſchauderndes Geſpiel, ſo bald das Eis
den Flus bebruͤkt,

Sie kommt und will zum Zeitvertreieb, mit einem
luſtig hellen Hauffen

Auf einer glatten Rennebahn mit ſchnellen Schritt-
Schuh Wette lauffen.

Sie ſtellen ſich in einer Reih, ſie glitſchen von be-
ſtimmten Ort,

Gleich einem ſchnellen Pfeil vorbei, und rennen un-
geſaͤumet fort;

Sie ſchweben mit beaͤngſter Luſt, bis ſie durch uͤber-
muͤthig Gleiten,

Jn-
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[8/0024] Der Winter. Wie angenehm ſcheint es uns nicht, wenn auf den Fluͤſſen die gefroren, Wird eine glatte Spiegel-Flaͤch, aus dikken Waſ- ſer Schaum gebohren? Und faͤllt ein heller Strahl des Lichts, in dieſe brei- ten Spiegel ein, Mein GOtt! wie wunderbahr iſt denn der Son- nen heller Gegenſchein, Da ſiehet ein erſtauntes Aug aus den gefrornen Flus Kriſtallen Der Sonnen maieſtaͤtiſch Bild in herrlichſten Ge- ſtalten prallen; Da deucht uns das des Geiſtes Aug ein kleines Schatten Bild anſeh, Von dem der aller Sonnen Sonn, der in der tief verborgnen Hoͤh, Jn unſichtbarer Majeſtaͤt als Koͤnig aller Welt re- gieret, Und der durch ſeine Allmachts-Hand die dichten Fluthen auspoliret. Die muntre Jugend deren Feur die ſtrengſte Kaͤlte nicht erſtikt, Die ſucht ein ſchauderndes Geſpiel, ſo bald das Eis den Flus bebruͤkt, Sie kommt und will zum Zeitvertreieb, mit einem luſtig hellen Hauffen Auf einer glatten Rennebahn mit ſchnellen Schritt- Schuh Wette lauffen. Sie ſtellen ſich in einer Reih, ſie glitſchen von be- ſtimmten Ort, Gleich einem ſchnellen Pfeil vorbei, und rennen un- geſaͤumet fort; Sie ſchweben mit beaͤngſter Luſt, bis ſie durch uͤber- muͤthig Gleiten, Jn-

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/24>, abgerufen am 18.04.2024.