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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

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Der Atheist.
O! tolle Raserey! sich so zu übertäuben,
Das man kein Wesen will, von dem wir stammen
gläuben,
Da alles, was man fühlt, sieht, höret, riecht und
schmekt,
Ja! sich ein jeder selbst: Es sey ein GOtt, ent-
dekt.



Das ist die größte Ruh, womit der Mensch sich
nährt,
Wen er das höchste Gut, erkennet liebt, verehrt;
So lang er auf der Welt, in diesen eitlen Kreisen,
Muß zu unentlichen und ewgen Zirkeln reisen.
Ein solcher freuet sich dort in dem seelgen Licht,
Das wesentliche All, zu sehn vom Angesicht
Die Brunquel alles Guts und aller Seeligkeiten,
Woraus wir hie das Seyn erschafner Dinge leiten.
Ein Gottsverleugner lebt im folternden Verdrus,
Er flucht sein Leben noch bey seiner Tage Schlus.
Die Welt in der er wallt, wird ihm ein Jrregarten,
Worin er das nicht hofft, was er doch muß erwarten,
Wer gläubt nicht, daß der Mensch ein Bild des Un-
glüks heist,
Der als ein Thore sich, GOtt, aus dem Hertzen
reist?


GOt-

Der Atheiſt.
O! tolle Raſerey! ſich ſo zu uͤbertaͤuben,
Das man kein Weſen will, von dem wir ſtammen
glaͤuben,
Da alles, was man fuͤhlt, ſieht, hoͤret, riecht und
ſchmekt,
Ja! ſich ein jeder ſelbſt: Es ſey ein GOtt, ent-
dekt.



Das iſt die groͤßte Ruh, womit der Menſch ſich
naͤhrt,
Wen er das hoͤchſte Gut, erkennet liebt, verehrt;
So lang er auf der Welt, in dieſen eitlen Kreiſen,
Muß zu unentlichen und ewgen Zirkeln reiſen.
Ein ſolcher freuet ſich dort in dem ſeelgen Licht,
Das weſentliche All, zu ſehn vom Angeſicht
Die Brunquel alles Guts und aller Seeligkeiten,
Woraus wir hie das Seyn erſchafner Dinge leiten.
Ein Gottsverleugner lebt im folternden Verdrus,
Er flucht ſein Leben noch bey ſeiner Tage Schlus.
Die Welt in der er wallt, wird ihm ein Jrregarten,
Worin er das nicht hofft, was er doch muß erwarten,
Wer glaͤubt nicht, daß der Menſch ein Bild des Un-
gluͤks heiſt,
Der als ein Thore ſich, GOtt, aus dem Hertzen
reiſt?


GOt-
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[4/0020] Der Atheiſt. O! tolle Raſerey! ſich ſo zu uͤbertaͤuben, Das man kein Weſen will, von dem wir ſtammen glaͤuben, Da alles, was man fuͤhlt, ſieht, hoͤret, riecht und ſchmekt, Ja! ſich ein jeder ſelbſt: Es ſey ein GOtt, ent- dekt. Das iſt die groͤßte Ruh, womit der Menſch ſich naͤhrt, Wen er das hoͤchſte Gut, erkennet liebt, verehrt; So lang er auf der Welt, in dieſen eitlen Kreiſen, Muß zu unentlichen und ewgen Zirkeln reiſen. Ein ſolcher freuet ſich dort in dem ſeelgen Licht, Das weſentliche All, zu ſehn vom Angeſicht Die Brunquel alles Guts und aller Seeligkeiten, Woraus wir hie das Seyn erſchafner Dinge leiten. Ein Gottsverleugner lebt im folternden Verdrus, Er flucht ſein Leben noch bey ſeiner Tage Schlus. Die Welt in der er wallt, wird ihm ein Jrregarten, Worin er das nicht hofft, was er doch muß erwarten, Wer glaͤubt nicht, daß der Menſch ein Bild des Un- gluͤks heiſt, Der als ein Thore ſich, GOtt, aus dem Hertzen reiſt? GOt-

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/20>, abgerufen am 29.03.2024.