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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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schen Dynasten gesandt: Pexodorus möge doch seine Tochter nicht
dem blödsinnigen Bastard Preis geben; Alexander, des Königs recht-
mäßiger Sohn und einstiger Thronerbe, sei bereit, eines so mächti-
gen Fürsten Eidam zu werden. Da erfuhr Philipp die Sache, und
erzürnte auf das Heftigste; in Gegenwart des Philotas und anderer
Altersgenossen Alexanders warf er ihm die Umwürdigkeit seines
Mistrauens und seiner Heimlichkeiten vor; er sei seiner hohen Ge-
burt, seines Glückes, seines Berufes nicht werth, wenn er sich nicht
schäme, eines Kariers Tochter, des Barbarenkönigs Sclavin, heimzu-
führen. Alexander zu strafen, wurden mehrere seiner Freunde, na-
mentlich Harpalus, Nearchus, der Lagide Ptolemäus, die Brüder
Erigyius und Laomedon, als Anstifter jener Intrigue, vom Hofe
und aus dem Lande verwiesen, Thessalus in Ketten geworfen 32);
Alexander war ohne Einfluß.

So kam das Jahr 336. Die Rüstungen zum großen Perser-
kriege waren mit der größten Lebhaftigkeit betrieben, die Contin-
gente der Bundesstaaten aufgerufen, die der tributpflichtigen
Stämme herangezogen, nach Asien eine bedeutende Heeresmacht un-
ter Attalus und Parmenion vorausgesendet, um die Hellenischen
Städte auf der Küste zu befreien und dem großen Bundesheere den
Weg zu öffnen 33). Indeß entgingen dem Könige die Bewegun-
gen in Epirus nicht; sie schienen einen Krieg zu verkünden, der
nicht bloß den Perserzug noch mehr zu verzögern, sondern doppelt
gefährlich für die Treue der Griechischen Staaten zu werden drohte,
und so, wenn er glücklich beendet wurde, keinen bedeutenden Ge-
winn gebracht, im entgegengesetzten Falle das mühsame Werk, das
der König in zwanzigjähriger Arbeit vollendet hatte, mit einem
Schlage zerstört haben würde. Der Krieg mußte vermieden, dem
Epirotenkönig durfte nicht seine zweideutige Stellung gelassen wer-
den; er wurde durch einen Antrag gewonnen, der ihn zugleich ehrte
und seine Macht sicherte. Philipp verlobte ihm seine und Olym-
pia's Tochter Kleopatra; noch im Herbst desselben Jahres sollte das

32) Plut. Alex. 10. Arrian. III. 6. 8.
33) Diod. XVI. 91.;
nach Justin war auch Amyntas bei diesem Heere; offenbar des Arrha-
bäus Sohn, der später die Recognoscirungen vor der Granikusschlacht
leitete.
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ſchen Dynaſten geſandt: Pexodorus möge doch ſeine Tochter nicht
dem blödſinnigen Baſtard Preis geben; Alexander, des Königs recht-
mäßiger Sohn und einſtiger Thronerbe, ſei bereit, eines ſo mächti-
gen Fürſten Eidam zu werden. Da erfuhr Philipp die Sache, und
erzürnte auf das Heftigſte; in Gegenwart des Philotas und anderer
Altersgenoſſen Alexanders warf er ihm die Umwürdigkeit ſeines
Mistrauens und ſeiner Heimlichkeiten vor; er ſei ſeiner hohen Ge-
burt, ſeines Glückes, ſeines Berufes nicht werth, wenn er ſich nicht
ſchäme, eines Kariers Tochter, des Barbarenkönigs Sclavin, heimzu-
führen. Alexander zu ſtrafen, wurden mehrere ſeiner Freunde, na-
mentlich Harpalus, Nearchus, der Lagide Ptolemäus, die Brüder
Erigyius und Laomedon, als Anſtifter jener Intrigue, vom Hofe
und aus dem Lande verwieſen, Theſſalus in Ketten geworfen 32);
Alexander war ohne Einfluß.

So kam das Jahr 336. Die Rüſtungen zum großen Perſer-
kriege waren mit der größten Lebhaftigkeit betrieben, die Contin-
gente der Bundesſtaaten aufgerufen, die der tributpflichtigen
Stämme herangezogen, nach Aſien eine bedeutende Heeresmacht un-
ter Attalus und Parmenion vorausgeſendet, um die Helleniſchen
Städte auf der Küſte zu befreien und dem großen Bundesheere den
Weg zu öffnen 33). Indeß entgingen dem Könige die Bewegun-
gen in Epirus nicht; ſie ſchienen einen Krieg zu verkünden, der
nicht bloß den Perſerzug noch mehr zu verzögern, ſondern doppelt
gefährlich für die Treue der Griechiſchen Staaten zu werden drohte,
und ſo, wenn er glücklich beendet wurde, keinen bedeutenden Ge-
winn gebracht, im entgegengeſetzten Falle das mühſame Werk, das
der König in zwanzigjähriger Arbeit vollendet hatte, mit einem
Schlage zerſtört haben würde. Der Krieg mußte vermieden, dem
Epirotenkönig durfte nicht ſeine zweideutige Stellung gelaſſen wer-
den; er wurde durch einen Antrag gewonnen, der ihn zugleich ehrte
und ſeine Macht ſicherte. Philipp verlobte ihm ſeine und Olym-
pia’s Tochter Kleopatra; noch im Herbſt deſſelben Jahres ſollte das

32) Plut. Alex. 10. Arrian. III. 6. 8.
33) Diod. XVI. 91.;
nach Juſtin war auch Amyntas bei dieſem Heere; offenbar des Arrha-
bäus Sohn, der ſpäter die Recognoscirungen vor der Granikusſchlacht
leitete.
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[51/0065] ſchen Dynaſten geſandt: Pexodorus möge doch ſeine Tochter nicht dem blödſinnigen Baſtard Preis geben; Alexander, des Königs recht- mäßiger Sohn und einſtiger Thronerbe, ſei bereit, eines ſo mächti- gen Fürſten Eidam zu werden. Da erfuhr Philipp die Sache, und erzürnte auf das Heftigſte; in Gegenwart des Philotas und anderer Altersgenoſſen Alexanders warf er ihm die Umwürdigkeit ſeines Mistrauens und ſeiner Heimlichkeiten vor; er ſei ſeiner hohen Ge- burt, ſeines Glückes, ſeines Berufes nicht werth, wenn er ſich nicht ſchäme, eines Kariers Tochter, des Barbarenkönigs Sclavin, heimzu- führen. Alexander zu ſtrafen, wurden mehrere ſeiner Freunde, na- mentlich Harpalus, Nearchus, der Lagide Ptolemäus, die Brüder Erigyius und Laomedon, als Anſtifter jener Intrigue, vom Hofe und aus dem Lande verwieſen, Theſſalus in Ketten geworfen 32); Alexander war ohne Einfluß. So kam das Jahr 336. Die Rüſtungen zum großen Perſer- kriege waren mit der größten Lebhaftigkeit betrieben, die Contin- gente der Bundesſtaaten aufgerufen, die der tributpflichtigen Stämme herangezogen, nach Aſien eine bedeutende Heeresmacht un- ter Attalus und Parmenion vorausgeſendet, um die Helleniſchen Städte auf der Küſte zu befreien und dem großen Bundesheere den Weg zu öffnen 33). Indeß entgingen dem Könige die Bewegun- gen in Epirus nicht; ſie ſchienen einen Krieg zu verkünden, der nicht bloß den Perſerzug noch mehr zu verzögern, ſondern doppelt gefährlich für die Treue der Griechiſchen Staaten zu werden drohte, und ſo, wenn er glücklich beendet wurde, keinen bedeutenden Ge- winn gebracht, im entgegengeſetzten Falle das mühſame Werk, das der König in zwanzigjähriger Arbeit vollendet hatte, mit einem Schlage zerſtört haben würde. Der Krieg mußte vermieden, dem Epirotenkönig durfte nicht ſeine zweideutige Stellung gelaſſen wer- den; er wurde durch einen Antrag gewonnen, der ihn zugleich ehrte und ſeine Macht ſicherte. Philipp verlobte ihm ſeine und Olym- pia’s Tochter Kleopatra; noch im Herbſt deſſelben Jahres ſollte das 32) Plut. Alex. 10. Arrian. III. 6. 8. 33) Diod. XVI. 91.; nach Juſtin war auch Amyntas bei dieſem Heere; offenbar des Arrha- bäus Sohn, der ſpäter die Recognoscirungen vor der Granikusſchlacht leitete. 4 *

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/65>, abgerufen am 25.04.2024.