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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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ten sich, an drei tausend Bewaffnete, auf ihre steilen und mit Burgen
besetzten Berge zurückgezogen, von denen aus sie die heftigen und wie-
derholten Angriffe der Macedonier mit Schleudern und Pfeilen
zurückschlugen; unter den vielen Verwundeten war Alexander selbst,
dem durch einen Pfeilschuß das Schienbein zerschmettert wurde;
dadurch zu neuer Wuth entflammt, nahmen die Seinigen endlich
die Höhe; der größte Theil der Barbaren wurde niedergehauen,
andere stürzten sich von den Felsen hinab und zerschmetterten in den
Abgründen, nicht mehr als acht tausend blieben am Leben, sich dem
Könige zu unterwerfen 38).

38) Arrian. III. 30. Curt. VII. 6. Curtius erzählt diese Be-
gebenheit als ob sie vor Marakanda vorgefallen sei; doch ist Arrians
Zeugniß entscheidend. Daß die in Frage stehende Localität keine
andere als die von uns bezeichnete des Alpengaues von Osruschnah
in den Montes Oxii des Ptolemäus sei, ergiebt sich aus der festste-
henden Direction der dortigen Wege. Drei Straßen führen vom
Sogdthal zum Jaxartes; die westlichste über Karabolak, am Ostab-
hange des Nuratagh, durch den Paß von Zuzangheran, über Tam-
bic, Askoulat, am Saum der Wüste entlang, zum unteren Jaxartes
(Chereffeddin VI. 27. p. 208.); die östlichste Straße über Rebat zu
den Quellen des Flusses Aksu und an dessen Ufer hinab zum Jaxat-
tes (Chereffeddin I. 21. p. 151.); der mittelste Weg ist der be-
kannteste, er führt von Samarkand gerade nordwärts mit 12 Mei-
len gen Dizak, dann mit dem Thale eines kleinen Flusses in den
"weißen Paß" Ak-kutel (bei Chereffeddin Biti Codak), von hier in
die Landschaft Osruschnah, zunächst an den Fluß von Dscham (10
Meilen von Dizak) über Sebat und Uratippa, durch die Berge der
Masikha (Memaceni bei Curt. VII. 6. 19.) über Aksu nach Kojend,
der wichtigsten Position an der Linie des Jaxartes (16 Meilen von
Dscham) Cf. Fraser Append. und viele Andere, unter ihnen Ebn
Haukal,
bei Abulfeda in den geogr. min. III. p. 65, der jedoch
zwischen Dscham und Uratippa statt Sebat das westlichere Zamin
angiebt. Dieser mittleren Straße folgte Alexander, und noch zur Zeit
des Achmed Alcateb (bei Abulfeda l. c. p. 69.) fanden sich in der
Landschaft Osruschnah an 400 Burgen. Der Name Uratippa wird
zwar von alten Autoren nicht genannt, doch das Xenippa bei Cur-
tius zeigt wenigstens, daß diese Analogie von Namen, die noch heute
in jenen Gegenden sehr verbreitet ist, von alter Zeit her datirt.

ten ſich, an drei tauſend Bewaffnete, auf ihre ſteilen und mit Burgen
beſetzten Berge zuruͤckgezogen, von denen aus ſie die heftigen und wie-
derholten Angriffe der Macedonier mit Schleudern und Pfeilen
zuruͤckſchlugen; unter den vielen Verwundeten war Alexander ſelbſt,
dem durch einen Pfeilſchuß das Schienbein zerſchmettert wurde;
dadurch zu neuer Wuth entflammt, nahmen die Seinigen endlich
die Hoͤhe; der groͤßte Theil der Barbaren wurde niedergehauen,
andere ſtuͤrzten ſich von den Felſen hinab und zerſchmetterten in den
Abgruͤnden, nicht mehr als acht tauſend blieben am Leben, ſich dem
Koͤnige zu unterwerfen 38).

38) Arrian. III. 30. Curt. VII. 6. Curtius erzaͤhlt dieſe Be-
gebenheit als ob ſie vor Marakanda vorgefallen ſei; doch iſt Arrians
Zeugniß entſcheidend. Daß die in Frage ſtehende Localitaͤt keine
andere als die von uns bezeichnete des Alpengaues von Osruſchnah
in den Montes Oxii des Ptolemaͤus ſei, ergiebt ſich aus der feſtſte-
henden Direction der dortigen Wege. Drei Straßen fuͤhren vom
Sogdthal zum Jaxartes; die weſtlichſte uͤber Karabolak, am Oſtab-
hange des Nuratagh, durch den Paß von Zuzangheran, uͤber Tam-
bic, Askoulat, am Saum der Wuͤſte entlang, zum unteren Jaxartes
(Chereffeddin VI. 27. p. 208.); die oͤſtlichſte Straße uͤber Rebat zu
den Quellen des Fluſſes Akſu und an deſſen Ufer hinab zum Jaxat-
tes (Chereffeddin I. 21. p. 151.); der mittelſte Weg iſt der be-
kannteſte, er fuͤhrt von Samarkand gerade nordwaͤrts mit 12 Mei-
len gen Dizak, dann mit dem Thale eines kleinen Fluſſes in den
„weißen Paß“ Ak-kutel (bei Chereffeddin Biti Codak), von hier in
die Landſchaft Osruſchnah, zunaͤchſt an den Fluß von Dſcham (10
Meilen von Dizak) uͤber Sebat und Uratippa, durch die Berge der
Maſikha (Memaceni bei Curt. VII. 6. 19.) uͤber Akſu nach Kojend,
der wichtigſten Poſition an der Linie des Jaxartes (16 Meilen von
Dſcham) Cf. Fraser Append. und viele Andere, unter ihnen Ebn
Haukal,
bei Abulfeda in den geogr. min. III. p. 65, der jedoch
zwiſchen Dſcham und Uratippa ſtatt Sebat das weſtlichere Zamin
angiebt. Dieſer mittleren Straße folgte Alexander, und noch zur Zeit
des Achmed Alcateb (bei Abulfeda l. c. p. 69.) fanden ſich in der
Landſchaft Osruſchnah an 400 Burgen. Der Name Uratippa wird
zwar von alten Autoren nicht genannt, doch das Xenippa bei Cur-
tius zeigt wenigſtens, daß dieſe Analogie von Namen, die noch heute
in jenen Gegenden ſehr verbreitet iſt, von alter Zeit her datirt.
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[310/0324] ten ſich, an drei tauſend Bewaffnete, auf ihre ſteilen und mit Burgen beſetzten Berge zuruͤckgezogen, von denen aus ſie die heftigen und wie- derholten Angriffe der Macedonier mit Schleudern und Pfeilen zuruͤckſchlugen; unter den vielen Verwundeten war Alexander ſelbſt, dem durch einen Pfeilſchuß das Schienbein zerſchmettert wurde; dadurch zu neuer Wuth entflammt, nahmen die Seinigen endlich die Hoͤhe; der groͤßte Theil der Barbaren wurde niedergehauen, andere ſtuͤrzten ſich von den Felſen hinab und zerſchmetterten in den Abgruͤnden, nicht mehr als acht tauſend blieben am Leben, ſich dem Koͤnige zu unterwerfen 38). 38) Arrian. III. 30. Curt. VII. 6. Curtius erzaͤhlt dieſe Be- gebenheit als ob ſie vor Marakanda vorgefallen ſei; doch iſt Arrians Zeugniß entſcheidend. Daß die in Frage ſtehende Localitaͤt keine andere als die von uns bezeichnete des Alpengaues von Osruſchnah in den Montes Oxii des Ptolemaͤus ſei, ergiebt ſich aus der feſtſte- henden Direction der dortigen Wege. Drei Straßen fuͤhren vom Sogdthal zum Jaxartes; die weſtlichſte uͤber Karabolak, am Oſtab- hange des Nuratagh, durch den Paß von Zuzangheran, uͤber Tam- bic, Askoulat, am Saum der Wuͤſte entlang, zum unteren Jaxartes (Chereffeddin VI. 27. p. 208.); die oͤſtlichſte Straße uͤber Rebat zu den Quellen des Fluſſes Akſu und an deſſen Ufer hinab zum Jaxat- tes (Chereffeddin I. 21. p. 151.); der mittelſte Weg iſt der be- kannteſte, er fuͤhrt von Samarkand gerade nordwaͤrts mit 12 Mei- len gen Dizak, dann mit dem Thale eines kleinen Fluſſes in den „weißen Paß“ Ak-kutel (bei Chereffeddin Biti Codak), von hier in die Landſchaft Osruſchnah, zunaͤchſt an den Fluß von Dſcham (10 Meilen von Dizak) uͤber Sebat und Uratippa, durch die Berge der Maſikha (Memaceni bei Curt. VII. 6. 19.) uͤber Akſu nach Kojend, der wichtigſten Poſition an der Linie des Jaxartes (16 Meilen von Dſcham) Cf. Fraser Append. und viele Andere, unter ihnen Ebn Haukal, bei Abulfeda in den geogr. min. III. p. 65, der jedoch zwiſchen Dſcham und Uratippa ſtatt Sebat das weſtlichere Zamin angiebt. Dieſer mittleren Straße folgte Alexander, und noch zur Zeit des Achmed Alcateb (bei Abulfeda l. c. p. 69.) fanden ſich in der Landſchaft Osruſchnah an 400 Burgen. Der Name Uratippa wird zwar von alten Autoren nicht genannt, doch das Xenippa bei Cur- tius zeigt wenigſtens, daß dieſe Analogie von Namen, die noch heute in jenen Gegenden ſehr verbreitet iſt, von alter Zeit her datirt.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/324>, abgerufen am 20.04.2024.