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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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die schönen und überaus bevölkerten Ebenen Susianas, über den
Euläus, den Kopratas, den Pasitigris im Lande der Uxier, die
theils die Ebenen an diesem Flusse, theils die Berge, in denen er
entspringt, bewohnten; zwischen dem Pasitigris und Arosis folgen, so
scheint es, jene schwierigen Pässe, welche den Weg zur Persischen
Landschaft beherrschen, und bei denen die räuberischen Berguxier
den Karavanen aufzulauern pflegten; den Perserkönigen nie unter-
worfen, waren sie seit alter Zeit gewohnt, den Hoffahrten gen
Persepolis nur für reiche Geschenke den Durchzug zu gestatten.
Jenseits dieser Pässe, die die Susischen Thore genannt wurden 45),
führte der große Heerweg über die Ebene von Lachter erst süd-
wärts, dann ostwärts zu den Persischen Pässen von Kelah-i-Sefid;
ein näherer, aber beschwerlicherer Weg ging im felsigen Thale des
Arosisflusses hinauf zu eben diesen Steilpässen, die so eng sind,
daß wenige Tapfere hier wohl ein Heer aufzuhalten im Stande
sein würden 46).

Das war der Weg, den Alexander zu nehmen hatte, um Per-

Persiens, zwischen dem Pasitigris und dem nördlichsten Nebenfluß des Aro-
sis (Oroatis bei Strab., Abchirin bei Chereff. III. 24. p. 185, heute Tab
genannt). Curtius entfernt irrig den Pasitigris nur vier Tagemärsche
von Susa, Diodor (XIX. 17.) gar nur einen.
45) Diese Paß-
gegend von der Ebene von Zohrah bis Babehan, der steten Grenze
gegen Farsistan, scheint den Namen der Susischen Pässe geführt zu haben,
wie Curt. V. 3. 17. und Diod. XVII. 68. irrig die Persischen nennen;
Strabo (XV. p. 20.) unterscheidet ausdrücklich die Pässe im Lande der
Uxier und die Persischen Pässe.
46) Daß die Persischen Pässe die der
weißen Burg (Kelah-i-Sefid, e klimax) und nicht (cf. Ousely II. 456.
III. 567. Ker Porter I. 445. II.
35.) die von Ourtchiny oberhalb Istakar
(e megale klimax) sind, ist ziemlich gewiß. Denn letztere Pässe be-
herrschen den Sommerweg nach Isfahan, und Alexander hätte Per-
sepolis erreichen können, ohne sie anzugreifen. Von Babehan bis zu den
Persischen Pässen sind etwa funfzehn Meilen, und Curtius setzt die fragli-
chen Pässe drei starke Märsche von der Persischen Grenze entfernt. Freilich
macht derselbe Schriftsteller wieder die Schwierigkeit, daß Alexander von
den Pässen aus in einem Nachtmarsch den Araxes erreicht habe. --
Den bequemeren Weg glaube ich den nennen zu können, welchen Ti-
mur genommen, und der ihn in sechs Tagen von Babehan bis zu
den Pässen brachte; der nähere Weg ist der von Kinneir beschriebene.
16

die ſchönen und überaus bevölkerten Ebenen Suſianas, über den
Euläus, den Kopratas, den Paſitigris im Lande der Uxier, die
theils die Ebenen an dieſem Fluſſe, theils die Berge, in denen er
entſpringt, bewohnten; zwiſchen dem Paſitigris und Aroſis folgen, ſo
ſcheint es, jene ſchwierigen Päſſe, welche den Weg zur Perſiſchen
Landſchaft beherrſchen, und bei denen die räuberiſchen Berguxier
den Karavanen aufzulauern pflegten; den Perſerkönigen nie unter-
worfen, waren ſie ſeit alter Zeit gewohnt, den Hoffahrten gen
Perſepolis nur für reiche Geſchenke den Durchzug zu geſtatten.
Jenſeits dieſer Päſſe, die die Suſiſchen Thore genannt wurden 45),
führte der große Heerweg über die Ebene von Lachter erſt ſüd-
wärts, dann oſtwärts zu den Perſiſchen Päſſen von Kelah-i-Sefid;
ein näherer, aber beſchwerlicherer Weg ging im felſigen Thale des
Aroſisfluſſes hinauf zu eben dieſen Steilpäſſen, die ſo eng ſind,
daß wenige Tapfere hier wohl ein Heer aufzuhalten im Stande
ſein würden 46).

Das war der Weg, den Alexander zu nehmen hatte, um Per-

Perſiens, zwiſchen dem Paſitigris und dem nördlichſten Nebenfluß des Aro-
ſis (Oroatis bei Strab., Abchirin bei Chereff. III. 24. p. 185, heute Tab
genannt). Curtius entfernt irrig den Paſitigris nur vier Tagemärſche
von Suſa, Diodor (XIX. 17.) gar nur einen.
45) Dieſe Paß-
gegend von der Ebene von Zohrah bis Babehan, der ſteten Grenze
gegen Farſiſtan, ſcheint den Namen der Suſiſchen Päſſe geführt zu haben,
wie Curt. V. 3. 17. und Diod. XVII. 68. irrig die Perſiſchen nennen;
Strabo (XV. p. 20.) unterſcheidet ausdrücklich die Päſſe im Lande der
Uxier und die Perſiſchen Päſſe.
46) Daß die Perſiſchen Päſſe die der
weißen Burg (Kelah-i-Sefid, ἡ κλίμαξ) und nicht (cf. Ousely II. 456.
III. 567. Ker Porter I. 445. II.
35.) die von Ourtchiny oberhalb Iſtakar
(ἡ μεγάλη κλίμαξ) ſind, iſt ziemlich gewiß. Denn letztere Päſſe be-
herrſchen den Sommerweg nach Isfahan, und Alexander hätte Per-
ſepolis erreichen können, ohne ſie anzugreifen. Von Babehan bis zu den
Perſiſchen Päſſen ſind etwa funfzehn Meilen, und Curtius ſetzt die fragli-
chen Päſſe drei ſtarke Märſche von der Perſiſchen Grenze entfernt. Freilich
macht derſelbe Schriftſteller wieder die Schwierigkeit, daß Alexander von
den Päſſen aus in einem Nachtmarſch den Araxes erreicht habe. —
Den bequemeren Weg glaube ich den nennen zu können, welchen Ti-
mur genommen, und der ihn in ſechs Tagen von Babehan bis zu
den Päſſen brachte; der nähere Weg iſt der von Kinneir beſchriebene.
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[241/0255] die ſchönen und überaus bevölkerten Ebenen Suſianas, über den Euläus, den Kopratas, den Paſitigris im Lande der Uxier, die theils die Ebenen an dieſem Fluſſe, theils die Berge, in denen er entſpringt, bewohnten; zwiſchen dem Paſitigris und Aroſis folgen, ſo ſcheint es, jene ſchwierigen Päſſe, welche den Weg zur Perſiſchen Landſchaft beherrſchen, und bei denen die räuberiſchen Berguxier den Karavanen aufzulauern pflegten; den Perſerkönigen nie unter- worfen, waren ſie ſeit alter Zeit gewohnt, den Hoffahrten gen Perſepolis nur für reiche Geſchenke den Durchzug zu geſtatten. Jenſeits dieſer Päſſe, die die Suſiſchen Thore genannt wurden 45), führte der große Heerweg über die Ebene von Lachter erſt ſüd- wärts, dann oſtwärts zu den Perſiſchen Päſſen von Kelah-i-Sefid; ein näherer, aber beſchwerlicherer Weg ging im felſigen Thale des Aroſisfluſſes hinauf zu eben dieſen Steilpäſſen, die ſo eng ſind, daß wenige Tapfere hier wohl ein Heer aufzuhalten im Stande ſein würden 46). Das war der Weg, den Alexander zu nehmen hatte, um Per- 44) 45) Dieſe Paß- gegend von der Ebene von Zohrah bis Babehan, der ſteten Grenze gegen Farſiſtan, ſcheint den Namen der Suſiſchen Päſſe geführt zu haben, wie Curt. V. 3. 17. und Diod. XVII. 68. irrig die Perſiſchen nennen; Strabo (XV. p. 20.) unterſcheidet ausdrücklich die Päſſe im Lande der Uxier und die Perſiſchen Päſſe. 46) Daß die Perſiſchen Päſſe die der weißen Burg (Kelah-i-Sefid, ἡ κλίμαξ) und nicht (cf. Ousely II. 456. III. 567. Ker Porter I. 445. II. 35.) die von Ourtchiny oberhalb Iſtakar (ἡ μεγάλη κλίμαξ) ſind, iſt ziemlich gewiß. Denn letztere Päſſe be- herrſchen den Sommerweg nach Isfahan, und Alexander hätte Per- ſepolis erreichen können, ohne ſie anzugreifen. Von Babehan bis zu den Perſiſchen Päſſen ſind etwa funfzehn Meilen, und Curtius ſetzt die fragli- chen Päſſe drei ſtarke Märſche von der Perſiſchen Grenze entfernt. Freilich macht derſelbe Schriftſteller wieder die Schwierigkeit, daß Alexander von den Päſſen aus in einem Nachtmarſch den Araxes erreicht habe. — Den bequemeren Weg glaube ich den nennen zu können, welchen Ti- mur genommen, und der ihn in ſechs Tagen von Babehan bis zu den Päſſen brachte; der nähere Weg iſt der von Kinneir beſchriebene. 44) Perſiens, zwiſchen dem Paſitigris und dem nördlichſten Nebenfluß des Aro- ſis (Oroatis bei Strab., Abchirin bei Chereff. III. 24. p. 185, heute Tab genannt). Curtius entfernt irrig den Paſitigris nur vier Tagemärſche von Suſa, Diodor (XIX. 17.) gar nur einen. 16

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/255>, abgerufen am 28.03.2024.