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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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aus gesendet worden waren. Durch Hülfe des Syrischen Satra-
pen, der mit den Schätzen und der Karavane von edlen Perserin-
nen und ihren Kindern flüchten zu wollen vorgab, fielen diese und
zugleich die Stadt in Parmenions Hände. Die Beute war unge-
heuer; unter den vielen Tausend Gefangenen 29) befanden sich die
Gesandten von Athen, Sparta und den Thebanern, die vor der
Schlacht von Issus an Darius gekommen waren. Auf Parme-
nions Bericht von dieser Expedition befahl Alexander, Alles, was
an Menschen und Sachen in seine Hände gefallen sei, nach Da-
maskus zurückzubringen und zu bewachen, die Griechischen Abgeord-
neten dagegen ihm sofort zuzuschicken. Sobald diese angekommen
waren, entließ er die beiden Thebaner ohne Weiteres in ihre Hei-
math, theils aus Rücksicht für ihre Person; indem der eine des be-
rühmten Ismenias Sohn, der andere ein Olympischer Sieger war,
theils aus Mitleid gegen ihre unglückliche Vaterstadt und den nur
zu verzeihlichen Haß der Thebaner gegen Macedonien; den Athener
Iphikrates, den Sohn des berühmten Feldherrn gleiches Namens,
behielt er aus Achtung für seinen Vater und um den Athenern
einen Beweis seiner Nachsicht zu geben, in höchsten Ehren um
seine Person; der Spartaner dagegen, dessen Vaterstadt gerade jetzt
offenbaren Krieg gegen Macedonien begonnen hatte, wurde vor
der Hand als Gefangener zurückbehalten, späterhin jedoch, als die
immer größeren Erfolge der Macedonischen Waffen das Verhältniß
zu Sparta änderten, in seine Heimath entlassen.

Während Parmenions Zug nach Damaskus war Alexander

29) Curtius sagt dreißigtausend Menschen; eine Zahl, die nicht
unwahrscheinlich ist, wenn man damit das Fragment aus Parmenions
Bericht an Alexander (Athen. XIII p. 607.) vergleicht, welches aus der
ungeheueren Masse nur einen kleinen Theil enthält; es heißt: "Dirnen
des Königs zu Musik und Gesang fand ich dreihundertneunundzwanzig,
Kranzflechter sechsundvierzig, Köche zum Zubereiten zweihundertsieben-
undsiebzig, Köche beim Feuer neunundzwanzig, Milchmänner dreizehn,
Getränke zu bereiten siebzehn, den Wein zu wärmen siebzig, Salben
zu mischen vierzig." -- Uebrigens ist nicht Artabazus Sohn Cophe-
nes, der die Karavane von Onchä nach Damaskus eskortirte, für den
Verräther zu halten. -- Parmenions Kriegslist bei Transportirung
der Lastthiere, s. Polyaen. IV. 5.
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aus geſendet worden waren. Durch Hülfe des Syriſchen Satra-
pen, der mit den Schätzen und der Karavane von edlen Perſerin-
nen und ihren Kindern flüchten zu wollen vorgab, fielen dieſe und
zugleich die Stadt in Parmenions Hände. Die Beute war unge-
heuer; unter den vielen Tauſend Gefangenen 29) befanden ſich die
Geſandten von Athen, Sparta und den Thebanern, die vor der
Schlacht von Iſſus an Darius gekommen waren. Auf Parme-
nions Bericht von dieſer Expedition befahl Alexander, Alles, was
an Menſchen und Sachen in ſeine Hände gefallen ſei, nach Da-
maskus zurückzubringen und zu bewachen, die Griechiſchen Abgeord-
neten dagegen ihm ſofort zuzuſchicken. Sobald dieſe angekommen
waren, entließ er die beiden Thebaner ohne Weiteres in ihre Hei-
math, theils aus Rückſicht für ihre Perſon; indem der eine des be-
rühmten Ismenias Sohn, der andere ein Olympiſcher Sieger war,
theils aus Mitleid gegen ihre unglückliche Vaterſtadt und den nur
zu verzeihlichen Haß der Thebaner gegen Macedonien; den Athener
Iphikrates, den Sohn des berühmten Feldherrn gleiches Namens,
behielt er aus Achtung für ſeinen Vater und um den Athenern
einen Beweis ſeiner Nachſicht zu geben, in höchſten Ehren um
ſeine Perſon; der Spartaner dagegen, deſſen Vaterſtadt gerade jetzt
offenbaren Krieg gegen Macedonien begonnen hatte, wurde vor
der Hand als Gefangener zurückbehalten, ſpäterhin jedoch, als die
immer größeren Erfolge der Macedoniſchen Waffen das Verhältniß
zu Sparta änderten, in ſeine Heimath entlaſſen.

Während Parmenions Zug nach Damaskus war Alexander

29) Curtius ſagt dreißigtauſend Menſchen; eine Zahl, die nicht
unwahrſcheinlich iſt, wenn man damit das Fragment aus Parmenions
Bericht an Alexander (Athen. XIII p. 607.) vergleicht, welches aus der
ungeheueren Maſſe nur einen kleinen Theil enthält; es heißt: „Dirnen
des Königs zu Muſik und Geſang fand ich dreihundertneunundzwanzig,
Kranzflechter ſechsundvierzig, Köche zum Zubereiten zweihundertſieben-
undſiebzig, Köche beim Feuer neunundzwanzig, Milchmänner dreizehn,
Getränke zu bereiten ſiebzehn, den Wein zu wärmen ſiebzig, Salben
zu miſchen vierzig.“ — Uebrigens iſt nicht Artabazus Sohn Cophe-
nes, der die Karavane von Onchä nach Damaskus eskortirte, für den
Verräther zu halten. — Parmenions Kriegsliſt bei Transportirung
der Laſtthiere, ſ. Polyaen. IV. 5.
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[179/0193] aus geſendet worden waren. Durch Hülfe des Syriſchen Satra- pen, der mit den Schätzen und der Karavane von edlen Perſerin- nen und ihren Kindern flüchten zu wollen vorgab, fielen dieſe und zugleich die Stadt in Parmenions Hände. Die Beute war unge- heuer; unter den vielen Tauſend Gefangenen 29) befanden ſich die Geſandten von Athen, Sparta und den Thebanern, die vor der Schlacht von Iſſus an Darius gekommen waren. Auf Parme- nions Bericht von dieſer Expedition befahl Alexander, Alles, was an Menſchen und Sachen in ſeine Hände gefallen ſei, nach Da- maskus zurückzubringen und zu bewachen, die Griechiſchen Abgeord- neten dagegen ihm ſofort zuzuſchicken. Sobald dieſe angekommen waren, entließ er die beiden Thebaner ohne Weiteres in ihre Hei- math, theils aus Rückſicht für ihre Perſon; indem der eine des be- rühmten Ismenias Sohn, der andere ein Olympiſcher Sieger war, theils aus Mitleid gegen ihre unglückliche Vaterſtadt und den nur zu verzeihlichen Haß der Thebaner gegen Macedonien; den Athener Iphikrates, den Sohn des berühmten Feldherrn gleiches Namens, behielt er aus Achtung für ſeinen Vater und um den Athenern einen Beweis ſeiner Nachſicht zu geben, in höchſten Ehren um ſeine Perſon; der Spartaner dagegen, deſſen Vaterſtadt gerade jetzt offenbaren Krieg gegen Macedonien begonnen hatte, wurde vor der Hand als Gefangener zurückbehalten, ſpäterhin jedoch, als die immer größeren Erfolge der Macedoniſchen Waffen das Verhältniß zu Sparta änderten, in ſeine Heimath entlaſſen. Während Parmenions Zug nach Damaskus war Alexander 29) Curtius ſagt dreißigtauſend Menſchen; eine Zahl, die nicht unwahrſcheinlich iſt, wenn man damit das Fragment aus Parmenions Bericht an Alexander (Athen. XIII p. 607.) vergleicht, welches aus der ungeheueren Maſſe nur einen kleinen Theil enthält; es heißt: „Dirnen des Königs zu Muſik und Geſang fand ich dreihundertneunundzwanzig, Kranzflechter ſechsundvierzig, Köche zum Zubereiten zweihundertſieben- undſiebzig, Köche beim Feuer neunundzwanzig, Milchmänner dreizehn, Getränke zu bereiten ſiebzehn, den Wein zu wärmen ſiebzig, Salben zu miſchen vierzig.“ — Uebrigens iſt nicht Artabazus Sohn Cophe- nes, der die Karavane von Onchä nach Damaskus eskortirte, für den Verräther zu halten. — Parmenions Kriegsliſt bei Transportirung der Laſtthiere, ſ. Polyaen. IV. 5. 12 *

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/193>, abgerufen am 28.03.2024.