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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Streicht die Grille sich das Naß
Von der Flügel grünem Glas.
Grashalm glänzt wie eine Klinge,
Und die kleinen Schmetterlinge,
Blau, orange, gelb und weiß,
Jagen tummelnd sich im Kreis.
Alles Schimmer, alles Licht,
Bergwald mag und Welle nicht
Solche Farbentöne hegen,
Wie die Haide nach dem Regen.

Ein Schall -- und wieder -- wieder -- was ist das?
Bei Gott, das Schloß! Da schlägt es Acht im Thurme --
Weh mein Gedicht! o weh mir armem Wurme,
Nun fällt mir alles ein, was ich vergaß!
Mein Hut, mein Hammer, hurtig fortgetrabt --
Vielleicht, vielleicht ist man discret gewesen,
Und harrte meiner, der sein Federlesen
Indeß mit Kraut und Würmern hat gehabt. --
Nun kommt der Steeg und nun des Teiches Ried,
Nun steigen der Alleen schlanke Streifen;
Ich weiß es nicht, ich kann es nicht begreifen,
Wie ich so gänzlich mich vom Leben schied --
Doch freilich -- damals war ich Eremit!

Streicht die Grille ſich das Naß
Von der Flügel grünem Glas.
Grashalm glänzt wie eine Klinge,
Und die kleinen Schmetterlinge,
Blau, orange, gelb und weiß,
Jagen tummelnd ſich im Kreis.
Alles Schimmer, alles Licht,
Bergwald mag und Welle nicht
Solche Farbentöne hegen,
Wie die Haide nach dem Regen.

Ein Schall — und wieder — wieder — was iſt das?
Bei Gott, das Schloß! Da ſchlägt es Acht im Thurme —
Weh mein Gedicht! o weh mir armem Wurme,
Nun fällt mir alles ein, was ich vergaß!
Mein Hut, mein Hammer, hurtig fortgetrabt —
Vielleicht, vielleicht iſt man discret geweſen,
Und harrte meiner, der ſein Federleſen
Indeß mit Kraut und Würmern hat gehabt. —
Nun kommt der Steeg und nun des Teiches Ried,
Nun ſteigen der Alleen ſchlanke Streifen;
Ich weiß es nicht, ich kann es nicht begreifen,
Wie ich ſo gänzlich mich vom Leben ſchied —
Doch freilich — damals war ich Eremit!

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[50/0064] Streicht die Grille ſich das Naß Von der Flügel grünem Glas. Grashalm glänzt wie eine Klinge, Und die kleinen Schmetterlinge, Blau, orange, gelb und weiß, Jagen tummelnd ſich im Kreis. Alles Schimmer, alles Licht, Bergwald mag und Welle nicht Solche Farbentöne hegen, Wie die Haide nach dem Regen. Ein Schall — und wieder — wieder — was iſt das? Bei Gott, das Schloß! Da ſchlägt es Acht im Thurme — Weh mein Gedicht! o weh mir armem Wurme, Nun fällt mir alles ein, was ich vergaß! Mein Hut, mein Hammer, hurtig fortgetrabt — Vielleicht, vielleicht iſt man discret geweſen, Und harrte meiner, der ſein Federleſen Indeß mit Kraut und Würmern hat gehabt. — Nun kommt der Steeg und nun des Teiches Ried, Nun ſteigen der Alleen ſchlanke Streifen; Ich weiß es nicht, ich kann es nicht begreifen, Wie ich ſo gänzlich mich vom Leben ſchied — Doch freilich — damals war ich Eremit!

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/64>, abgerufen am 28.03.2024.