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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Und abermals und wiederum,
Er meint es sey noch nicht genug;
Der steht und lächelt wunderlich:
"Ihr spracht ja eben wie ein Buch,
"Und seyd mit Einem Mahle stumm.
"So sagt uns denn gleich klar und schön,
"Was Ihr auf eurer Fahrt gesehn."
Der Mönch den Seufzer drängt zurück,
Er zögert einen Augenblick:
"Zuerst traf ich am Küchenheerd
"Den Mann mit Frau und Kindern werth,
"Die nahmen ihr geringes Mahl.
"Demnächst ich sie im Felde fand
"Nach Abend schauend unverwandt,
"Die trieben seufzend und mit Müh'
"Dem Dickicht zu der Rinder Zahl;
"Dann eine Hütte unbewacht,
"Und dann -- nicht finster war die Nacht,
"Die Flamme" -- O welch dunkles Roth
Von Braunschweigs hoher Stirne droht!
"Ich frage nicht nach Mann und Weib! --
"Saht ihr die Baiern?" "O bei Leib!
"Deß war nicht meine Furcht gering;
"Der Baier bleibt auch nur Soldat.
"Doch sagt man, daß der Tilly naht.
"Herr! seht Euch vor, das ist mein Rath."
Zeit war es, daß der Pater ging.

'S ist schaurig, wenn im Felsenthal
Die Kuppen bleicht des Mondes Strahl,

Und abermals und wiederum,
Er meint es ſey noch nicht genug;
Der ſteht und lächelt wunderlich:
„Ihr ſpracht ja eben wie ein Buch,
„Und ſeyd mit Einem Mahle ſtumm.
„So ſagt uns denn gleich klar und ſchön,
„Was Ihr auf eurer Fahrt geſehn.“
Der Mönch den Seufzer drängt zurück,
Er zögert einen Augenblick:
„Zuerſt traf ich am Küchenheerd
„Den Mann mit Frau und Kindern werth,
„Die nahmen ihr geringes Mahl.
„Demnächſt ich ſie im Felde fand
„Nach Abend ſchauend unverwandt,
„Die trieben ſeufzend und mit Müh'
„Dem Dickicht zu der Rinder Zahl;
„Dann eine Hütte unbewacht,
„Und dann — nicht finſter war die Nacht,
„Die Flamme“ — O welch dunkles Roth
Von Braunſchweigs hoher Stirne droht!
„Ich frage nicht nach Mann und Weib! —
„Saht ihr die Baiern?“ „O bei Leib!
„Deß war nicht meine Furcht gering;
„Der Baier bleibt auch nur Soldat.
„Doch ſagt man, daß der Tilly naht.
„Herr! ſeht Euch vor, das iſt mein Rath.“
Zeit war es, daß der Pater ging.

'S iſt ſchaurig, wenn im Felſenthal
Die Kuppen bleicht des Mondes Strahl,
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[523/0537] Und abermals und wiederum, Er meint es ſey noch nicht genug; Der ſteht und lächelt wunderlich: „Ihr ſpracht ja eben wie ein Buch, „Und ſeyd mit Einem Mahle ſtumm. „So ſagt uns denn gleich klar und ſchön, „Was Ihr auf eurer Fahrt geſehn.“ Der Mönch den Seufzer drängt zurück, Er zögert einen Augenblick: „Zuerſt traf ich am Küchenheerd „Den Mann mit Frau und Kindern werth, „Die nahmen ihr geringes Mahl. „Demnächſt ich ſie im Felde fand „Nach Abend ſchauend unverwandt, „Die trieben ſeufzend und mit Müh' „Dem Dickicht zu der Rinder Zahl; „Dann eine Hütte unbewacht, „Und dann — nicht finſter war die Nacht, „Die Flamme“ — O welch dunkles Roth Von Braunſchweigs hoher Stirne droht! „Ich frage nicht nach Mann und Weib! — „Saht ihr die Baiern?“ „O bei Leib! „Deß war nicht meine Furcht gering; „Der Baier bleibt auch nur Soldat. „Doch ſagt man, daß der Tilly naht. „Herr! ſeht Euch vor, das iſt mein Rath.“ Zeit war es, daß der Pater ging. 'S iſt ſchaurig, wenn im Felſenthal Die Kuppen bleicht des Mondes Strahl,

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/537>, abgerufen am 28.03.2024.