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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Ach, armes kleines Städtchen du,
Wie steht's um deine nächt'ge Ruh!
All deine Bürger blieben wach
Und zittern vor dem jungen Tag,
Wie Jener, dem der Sonne Licht
Nur leuchten soll zum Hochgericht.
Man hat gehemmt der Glocke Schlag,
Kein Lämpchen in der Kammer glimmt;
Der Blendlaterne trüber Schein
Nur wohlverdeckt im Keller schwimmt,
Wo zitternd birgt, so gut er kann,
Sein bischen Hab der ärmste Mann.
Auch in den Kammern Manche sind,
Die betend an den Fenstern stehn,
Und sehen gleich Dämonen gehn
Die Wache längs der Feuer Schein.
Im Bett der Kranke bleibt allein,
Und langsam in des Mondes Glanz
Regt klappernd sich der Rosenkranz:
Daß Gott, der einst in seiner Huld
Für Israel bedeckt mit Schuld
Die Sonne ließ am Himmel weilen,
Ach heute nur, dies Eine Mal,
Den Sternen Dauer mög' ertheilen!
Umsonst! die Stunde rollt heran.
Im Lager drüben Roß und Mann, --
O ein Geräusch! den Tod zu bringen, --
Vom Lager hört man klirrend springen,
Doch zögert noch der Morgenstrahl. --
Ach, armes kleines Städtchen du,
Wie ſteht's um deine nächt'ge Ruh!
All deine Bürger blieben wach
Und zittern vor dem jungen Tag,
Wie Jener, dem der Sonne Licht
Nur leuchten ſoll zum Hochgericht.
Man hat gehemmt der Glocke Schlag,
Kein Lämpchen in der Kammer glimmt;
Der Blendlaterne trüber Schein
Nur wohlverdeckt im Keller ſchwimmt,
Wo zitternd birgt, ſo gut er kann,
Sein bischen Hab der ärmſte Mann.
Auch in den Kammern Manche ſind,
Die betend an den Fenſtern ſtehn,
Und ſehen gleich Dämonen gehn
Die Wache längs der Feuer Schein.
Im Bett der Kranke bleibt allein,
Und langſam in des Mondes Glanz
Regt klappernd ſich der Roſenkranz:
Daß Gott, der einſt in ſeiner Huld
Für Israel bedeckt mit Schuld
Die Sonne ließ am Himmel weilen,
Ach heute nur, dies Eine Mal,
Den Sternen Dauer mög' ertheilen!
Umſonſt! die Stunde rollt heran.
Im Lager drüben Roß und Mann, —
O ein Geräuſch! den Tod zu bringen, —
Vom Lager hört man klirrend ſpringen,
Doch zögert noch der Morgenſtrahl. —
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[507/0521] Ach, armes kleines Städtchen du, Wie ſteht's um deine nächt'ge Ruh! All deine Bürger blieben wach Und zittern vor dem jungen Tag, Wie Jener, dem der Sonne Licht Nur leuchten ſoll zum Hochgericht. Man hat gehemmt der Glocke Schlag, Kein Lämpchen in der Kammer glimmt; Der Blendlaterne trüber Schein Nur wohlverdeckt im Keller ſchwimmt, Wo zitternd birgt, ſo gut er kann, Sein bischen Hab der ärmſte Mann. Auch in den Kammern Manche ſind, Die betend an den Fenſtern ſtehn, Und ſehen gleich Dämonen gehn Die Wache längs der Feuer Schein. Im Bett der Kranke bleibt allein, Und langſam in des Mondes Glanz Regt klappernd ſich der Roſenkranz: Daß Gott, der einſt in ſeiner Huld Für Israel bedeckt mit Schuld Die Sonne ließ am Himmel weilen, Ach heute nur, dies Eine Mal, Den Sternen Dauer mög' ertheilen! Umſonſt! die Stunde rollt heran. Im Lager drüben Roß und Mann, — O ein Geräuſch! den Tod zu bringen, — Vom Lager hört man klirrend ſpringen, Doch zögert noch der Morgenſtrahl. —

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/521>, abgerufen am 28.03.2024.