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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Der entzauberte Wald war für mich zu einer soliden
Holzhandlung geworden. Und wo ich wohl sonst bei
dem magischen Spiel von Licht und Schatten entzücken-
den Träumen nachgehangen, da spähte jetzt mein brenn-
holzgieriger Blick empor zu den prächtigen Stämmen
nach todten Zweigen. Meine ganze Seele war auf
trockenes Reisig gestellt, und ich haderte mit dem Schick-
sal, wenn ich einen hübschen dicken Zweig an einer
Stelle am Boden traf, der zu weit von unserem Häus-
chen entfernt war, als daß ich ihn hätte heimschleppen
können.

Endlich, endlich erschrak ich vor der gemeinen Rich-
tung, die mein Geist genommen, hing das kleine Holz-
handelgeschäft an den Nagel und nährte, wie ehemals,
mein Heerdfeuer mit baar bezahlter Kohle.

Sollte nicht Jeder, der sich ab und zu auf's Aus-
spioniren seiner Seelen-Vorgänge legt, Aehnliches an sich
beobachtet haben?

So gewiß, meine Herren Ehemänner, Sie stumm
sein würden, wenn Sie unter Stummen aufgewachsen
wären, ebenso bleibt der Geist stumm, wenn nicht Ge-
danken und Jdeen von außen in ihn gedrungen sind,
und die schönste Liebe kann zwischen dem Torffeuer der
Kochmaschine und dem lauteren Feuer, an dem Gedanken
reifen, keine Brücke bauen, sie kann die Kluft nicht füllen

Der entzauberte Wald war für mich zu einer soliden
Holzhandlung geworden. Und wo ich wohl sonst bei
dem magischen Spiel von Licht und Schatten entzücken-
den Träumen nachgehangen, da spähte jetzt mein brenn-
holzgieriger Blick empor zu den prächtigen Stämmen
nach todten Zweigen. Meine ganze Seele war auf
trockenes Reisig gestellt, und ich haderte mit dem Schick-
sal, wenn ich einen hübschen dicken Zweig an einer
Stelle am Boden traf, der zu weit von unserem Häus-
chen entfernt war, als daß ich ihn hätte heimschleppen
können.

Endlich, endlich erschrak ich vor der gemeinen Rich-
tung, die mein Geist genommen, hing das kleine Holz-
handelgeschäft an den Nagel und nährte, wie ehemals,
mein Heerdfeuer mit baar bezahlter Kohle.

Sollte nicht Jeder, der sich ab und zu auf's Aus-
spioniren seiner Seelen-Vorgänge legt, Aehnliches an sich
beobachtet haben?

So gewiß, meine Herren Ehemänner, Sie stumm
sein würden, wenn Sie unter Stummen aufgewachsen
wären, ebenso bleibt der Geist stumm, wenn nicht Ge-
danken und Jdeen von außen in ihn gedrungen sind,
und die schönste Liebe kann zwischen dem Torffeuer der
Kochmaschine und dem lauteren Feuer, an dem Gedanken
reifen, keine Brücke bauen, sie kann die Kluft nicht füllen

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[37/0045] Der entzauberte Wald war für mich zu einer soliden Holzhandlung geworden. Und wo ich wohl sonst bei dem magischen Spiel von Licht und Schatten entzücken- den Träumen nachgehangen, da spähte jetzt mein brenn- holzgieriger Blick empor zu den prächtigen Stämmen nach todten Zweigen. Meine ganze Seele war auf trockenes Reisig gestellt, und ich haderte mit dem Schick- sal, wenn ich einen hübschen dicken Zweig an einer Stelle am Boden traf, der zu weit von unserem Häus- chen entfernt war, als daß ich ihn hätte heimschleppen können. Endlich, endlich erschrak ich vor der gemeinen Rich- tung, die mein Geist genommen, hing das kleine Holz- handelgeschäft an den Nagel und nährte, wie ehemals, mein Heerdfeuer mit baar bezahlter Kohle. Sollte nicht Jeder, der sich ab und zu auf's Aus- spioniren seiner Seelen-Vorgänge legt, Aehnliches an sich beobachtet haben? So gewiß, meine Herren Ehemänner, Sie stumm sein würden, wenn Sie unter Stummen aufgewachsen wären, ebenso bleibt der Geist stumm, wenn nicht Ge- danken und Jdeen von außen in ihn gedrungen sind, und die schönste Liebe kann zwischen dem Torffeuer der Kochmaschine und dem lauteren Feuer, an dem Gedanken reifen, keine Brücke bauen, sie kann die Kluft nicht füllen

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/45>, abgerufen am 28.03.2024.