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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Bildung aneignen, kommt vielleicht die billige Naivetät
unserer Töchter aus der Mode.

Ferner: Die Erziehung der Söhne kostet ein Heiden-
geld. Bisher war es ein Trost, daß wenigstens die An-
sprüche der Töchter an unsern Geldbeutel mit der ab-
solvirten höheren Töchterschule aufhörten, und wir hatten
wohl ein Recht darauf, durch ihre Hülfsleistungen im
Hause hier und da einige Groschen an Näherin, Plätterin
u. s. w. zu ersparen. Und nun sollten die Erziehungs-
ausgaben für die erwachsenen Töchter fortlaufen, ja sich
steigern?

Eine Gänsehaut überläuft die liebreiche Mutter bei
dieser Zumuthung, die ihr im Licht eines Raubsystems
erscheint. Später freilich verdient das Mädchen Geld,
vielleicht viel Geld. Wird es aber auch dann noch der
zärtlichen Mutter zu gute kommen?

Sogleich will ich noch einem andern Einwande,
einem Einwand der Liebe begegnen, den die Mütter er-
heben werden. Gut, sprechen sie, ist es nicht die Liebe
zu dem ganzen weiblichen Geschlecht, die uns in die
Opposition gegen die Frauenbewegung treibt, so ist es
wenigstens die zärtliche Sorge für unsere eigene Familie.

Wir fürchten das ansteckende Gift dieser Bewegung
für die reinen Seelen unserer Töchter.

Bildung aneignen, kommt vielleicht die billige Naivetät
unserer Töchter aus der Mode.

Ferner: Die Erziehung der Söhne kostet ein Heiden-
geld. Bisher war es ein Trost, daß wenigstens die An-
sprüche der Töchter an unsern Geldbeutel mit der ab-
solvirten höheren Töchterschule aufhörten, und wir hatten
wohl ein Recht darauf, durch ihre Hülfsleistungen im
Hause hier und da einige Groschen an Näherin, Plätterin
u. s. w. zu ersparen. Und nun sollten die Erziehungs-
ausgaben für die erwachsenen Töchter fortlaufen, ja sich
steigern?

Eine Gänsehaut überläuft die liebreiche Mutter bei
dieser Zumuthung, die ihr im Licht eines Raubsystems
erscheint. Später freilich verdient das Mädchen Geld,
vielleicht viel Geld. Wird es aber auch dann noch der
zärtlichen Mutter zu gute kommen?

Sogleich will ich noch einem andern Einwande,
einem Einwand der Liebe begegnen, den die Mütter er-
heben werden. Gut, sprechen sie, ist es nicht die Liebe
zu dem ganzen weiblichen Geschlecht, die uns in die
Opposition gegen die Frauenbewegung treibt, so ist es
wenigstens die zärtliche Sorge für unsere eigene Familie.

Wir fürchten das ansteckende Gift dieser Bewegung
für die reinen Seelen unserer Töchter.

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[20/0028] Bildung aneignen, kommt vielleicht die billige Naivetät unserer Töchter aus der Mode. Ferner: Die Erziehung der Söhne kostet ein Heiden- geld. Bisher war es ein Trost, daß wenigstens die An- sprüche der Töchter an unsern Geldbeutel mit der ab- solvirten höheren Töchterschule aufhörten, und wir hatten wohl ein Recht darauf, durch ihre Hülfsleistungen im Hause hier und da einige Groschen an Näherin, Plätterin u. s. w. zu ersparen. Und nun sollten die Erziehungs- ausgaben für die erwachsenen Töchter fortlaufen, ja sich steigern? Eine Gänsehaut überläuft die liebreiche Mutter bei dieser Zumuthung, die ihr im Licht eines Raubsystems erscheint. Später freilich verdient das Mädchen Geld, vielleicht viel Geld. Wird es aber auch dann noch der zärtlichen Mutter zu gute kommen? Sogleich will ich noch einem andern Einwande, einem Einwand der Liebe begegnen, den die Mütter er- heben werden. Gut, sprechen sie, ist es nicht die Liebe zu dem ganzen weiblichen Geschlecht, die uns in die Opposition gegen die Frauenbewegung treibt, so ist es wenigstens die zärtliche Sorge für unsere eigene Familie. Wir fürchten das ansteckende Gift dieser Bewegung für die reinen Seelen unserer Töchter.

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/28>, abgerufen am 16.04.2024.