Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Devrient, Eduard: Das Nationaltheater des neuen Deutschland. Eine Reformschrift. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

noch für alle Einzelheiten der theatralischen Thätigkeit
verantwortlich gelten, können sie sich auch der Bestim¬
mung über dieselben nicht entschlagen, und so muß, bei die¬
sen bestgemeinten Einrichtungen, der Nachtheil kreuzen¬
der Anordnungen ebenfalls lähmend für die Ausführung
bleiben.

Das Theater soll lebendige Kunstwerke schaffen,
seine Thätigkeit muß also eine organische, von einem
Lebenspunkte ausgehende sein. Die ganze complicirte
Kette der Maßregeln, welche bis zum Aufsteigen
des Vorhanges nothwendig sind, darf eine Hand
nur halten, wenn das Werk in Einheit zur Erschei¬
nung kommen soll; und das muß die Hand eines
Sachverständigen sein. Nur der versteht aber eine Sache,
der sie ausübt. Halbheit in der Machtvoll¬
kommenheit der künstlerischen Leitung
, Ein¬
mischung kunstfremder Gewalten muß noth¬
wendig Halbheit und Zerfahrenheit in ihre
Resultate bringen
.

Nicht glücklicher ist die Hofintendanz in anderer Be¬
ziehung gestellt; die innere Selbständigkeit, welche sie
der Kunst entzog, gewann sie nicht für sich, ja sie gerieth
in Abhängigkeit, da, wo sie absolut zu herrschen unter¬

noch für alle Einzelheiten der theatraliſchen Thätigkeit
verantwortlich gelten, können ſie ſich auch der Beſtim¬
mung über dieſelben nicht entſchlagen, und ſo muß, bei die¬
ſen beſtgemeinten Einrichtungen, der Nachtheil kreuzen¬
der Anordnungen ebenfalls lähmend für die Ausführung
bleiben.

Das Theater ſoll lebendige Kunſtwerke ſchaffen,
ſeine Thätigkeit muß alſo eine organiſche, von einem
Lebenspunkte ausgehende ſein. Die ganze complicirte
Kette der Maßregeln, welche bis zum Aufſteigen
des Vorhanges nothwendig ſind, darf eine Hand
nur halten, wenn das Werk in Einheit zur Erſchei¬
nung kommen ſoll; und das muß die Hand eines
Sachverſtändigen ſein. Nur der verſteht aber eine Sache,
der ſie ausübt. Halbheit in der Machtvoll¬
kommenheit der künſtleriſchen Leitung
, Ein¬
miſchung kunſtfremder Gewalten muß noth¬
wendig Halbheit und Zerfahrenheit in ihre
Reſultate bringen
.

Nicht glücklicher iſt die Hofintendanz in anderer Be¬
ziehung geſtellt; die innere Selbſtändigkeit, welche ſie
der Kunſt entzog, gewann ſie nicht für ſich, ja ſie gerieth
in Abhängigkeit, da, wo ſie abſolut zu herrſchen unter¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0024" n="18"/>
noch für alle Einzelheiten der theatrali&#x017F;chen Thätigkeit<lb/>
verantwortlich gelten, können &#x017F;ie &#x017F;ich auch der Be&#x017F;tim¬<lb/>
mung über die&#x017F;elben nicht ent&#x017F;chlagen, und &#x017F;o muß, bei die¬<lb/>
&#x017F;en be&#x017F;tgemeinten Einrichtungen, der Nachtheil kreuzen¬<lb/>
der Anordnungen ebenfalls lähmend für die Ausführung<lb/>
bleiben.</p><lb/>
        <p>Das Theater &#x017F;oll lebendige Kun&#x017F;twerke &#x017F;chaffen,<lb/>
&#x017F;eine Thätigkeit muß al&#x017F;o eine organi&#x017F;che, von <hi rendition="#g">einem</hi><lb/>
Lebenspunkte ausgehende &#x017F;ein. Die ganze complicirte<lb/>
Kette der Maßregeln, welche bis zum Auf&#x017F;teigen<lb/>
des Vorhanges nothwendig &#x017F;ind, darf <hi rendition="#g">eine</hi> Hand<lb/>
nur halten, wenn das Werk in Einheit zur Er&#x017F;chei¬<lb/>
nung kommen &#x017F;oll; und das muß die Hand eines<lb/>
Sachver&#x017F;tändigen &#x017F;ein. Nur der ver&#x017F;teht aber eine Sache,<lb/>
der &#x017F;ie ausübt. <hi rendition="#g">Halbheit in der Machtvoll¬<lb/>
kommenheit der kün&#x017F;tleri&#x017F;chen Leitung</hi>, <hi rendition="#g">Ein¬<lb/>
mi&#x017F;chung kun&#x017F;tfremder Gewalten muß noth¬<lb/>
wendig Halbheit und Zerfahrenheit in ihre<lb/>
Re&#x017F;ultate bringen</hi>.</p><lb/>
        <p>Nicht glücklicher i&#x017F;t die Hofintendanz in anderer Be¬<lb/>
ziehung ge&#x017F;tellt; die innere Selb&#x017F;tändigkeit, welche &#x017F;ie<lb/>
der Kun&#x017F;t entzog, gewann &#x017F;ie nicht für &#x017F;ich, ja &#x017F;ie gerieth<lb/>
in Abhängigkeit, da, wo &#x017F;ie ab&#x017F;olut zu herr&#x017F;chen unter¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0024] noch für alle Einzelheiten der theatraliſchen Thätigkeit verantwortlich gelten, können ſie ſich auch der Beſtim¬ mung über dieſelben nicht entſchlagen, und ſo muß, bei die¬ ſen beſtgemeinten Einrichtungen, der Nachtheil kreuzen¬ der Anordnungen ebenfalls lähmend für die Ausführung bleiben. Das Theater ſoll lebendige Kunſtwerke ſchaffen, ſeine Thätigkeit muß alſo eine organiſche, von einem Lebenspunkte ausgehende ſein. Die ganze complicirte Kette der Maßregeln, welche bis zum Aufſteigen des Vorhanges nothwendig ſind, darf eine Hand nur halten, wenn das Werk in Einheit zur Erſchei¬ nung kommen ſoll; und das muß die Hand eines Sachverſtändigen ſein. Nur der verſteht aber eine Sache, der ſie ausübt. Halbheit in der Machtvoll¬ kommenheit der künſtleriſchen Leitung, Ein¬ miſchung kunſtfremder Gewalten muß noth¬ wendig Halbheit und Zerfahrenheit in ihre Reſultate bringen. Nicht glücklicher iſt die Hofintendanz in anderer Be¬ ziehung geſtellt; die innere Selbſtändigkeit, welche ſie der Kunſt entzog, gewann ſie nicht für ſich, ja ſie gerieth in Abhängigkeit, da, wo ſie abſolut zu herrſchen unter¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/devrient_nationaltheater_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/devrient_nationaltheater_1849/24
Zitationshilfe: Devrient, Eduard: Das Nationaltheater des neuen Deutschland. Eine Reformschrift. Leipzig, 1849, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/devrient_nationaltheater_1849/24>, abgerufen am 28.03.2024.