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Devrient, Eduard: Das Nationaltheater des neuen Deutschland. Eine Reformschrift. Leipzig, 1849.

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glieder, welche die Regierungen zur Versittlichung und
Veredlung des Volkes so sorgfältig ineinanderfügen.

Die Forderung, diesem Zustande ein Ende zu machen,
dem deutschen Theater eine andere, grundsätzliche Basis
und Einrichtungen zu geben und es dadurch in Stand
zu setzen: seine künstlerische und sociale Bestimmung zu
erfüllen, ist seit lange schon laut genug geworden. Sie
wird bei der Bewegung unserer Zeit immer lauter und
ungestümer, sie wird unabweislich werden und sich natür¬
lich zunächst gegen die bedeutendsten, tonangebenden
Theater richten, die reich dotirt, den höheren Forderun¬
gen des Volksgeistes am ehesten zu entsprechen verpflich¬
tet erscheinen.

Es sind die Hoftheater.

In ihrer Entstehung rühmlich für die Fürsten und
wohlthätig für Kunst, sind sie im Verlaufe der Zeit --
wie dies allen menschlichen Einrichtungen begegnet --
von ihrer ursprünglichen Bestimmung abgewichen; ihre
heutige Erscheinung entspricht ihrer ersten Idee nicht
mehr.

Als in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
die deutschen Höfe sich ernstlich und dauernd der vater¬
ländischen Schauspielkunst annahmen, repräsentirten die

glieder, welche die Regierungen zur Verſittlichung und
Veredlung des Volkes ſo ſorgfältig ineinanderfügen.

Die Forderung, dieſem Zuſtande ein Ende zu machen,
dem deutſchen Theater eine andere, grundſätzliche Baſis
und Einrichtungen zu geben und es dadurch in Stand
zu ſetzen: ſeine künſtleriſche und ſociale Beſtimmung zu
erfüllen, iſt ſeit lange ſchon laut genug geworden. Sie
wird bei der Bewegung unſerer Zeit immer lauter und
ungeſtümer, ſie wird unabweislich werden und ſich natür¬
lich zunächſt gegen die bedeutendſten, tonangebenden
Theater richten, die reich dotirt, den höheren Forderun¬
gen des Volksgeiſtes am eheſten zu entſprechen verpflich¬
tet erſcheinen.

Es ſind die Hoftheater.

In ihrer Entſtehung rühmlich für die Fürſten und
wohlthätig für Kunſt, ſind ſie im Verlaufe der Zeit —
wie dies allen menſchlichen Einrichtungen begegnet —
von ihrer urſprünglichen Beſtimmung abgewichen; ihre
heutige Erſcheinung entſpricht ihrer erſten Idee nicht
mehr.

Als in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
die deutſchen Höfe ſich ernſtlich und dauernd der vater¬
ländiſchen Schauſpielkunſt annahmen, repräſentirten die

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[12/0018] glieder, welche die Regierungen zur Verſittlichung und Veredlung des Volkes ſo ſorgfältig ineinanderfügen. Die Forderung, dieſem Zuſtande ein Ende zu machen, dem deutſchen Theater eine andere, grundſätzliche Baſis und Einrichtungen zu geben und es dadurch in Stand zu ſetzen: ſeine künſtleriſche und ſociale Beſtimmung zu erfüllen, iſt ſeit lange ſchon laut genug geworden. Sie wird bei der Bewegung unſerer Zeit immer lauter und ungeſtümer, ſie wird unabweislich werden und ſich natür¬ lich zunächſt gegen die bedeutendſten, tonangebenden Theater richten, die reich dotirt, den höheren Forderun¬ gen des Volksgeiſtes am eheſten zu entſprechen verpflich¬ tet erſcheinen. Es ſind die Hoftheater. In ihrer Entſtehung rühmlich für die Fürſten und wohlthätig für Kunſt, ſind ſie im Verlaufe der Zeit — wie dies allen menſchlichen Einrichtungen begegnet — von ihrer urſprünglichen Beſtimmung abgewichen; ihre heutige Erſcheinung entſpricht ihrer erſten Idee nicht mehr. Als in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die deutſchen Höfe ſich ernſtlich und dauernd der vater¬ ländiſchen Schauſpielkunſt annahmen, repräſentirten die

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Zitationshilfe: Devrient, Eduard: Das Nationaltheater des neuen Deutschland. Eine Reformschrift. Leipzig, 1849, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/devrient_nationaltheater_1849/18>, abgerufen am 16.04.2024.