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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Sechszehende (Ander)
Bisterfeld.
in myste-
rio pietatis
contra Io-
han. Crel-
lum p.
361.
Namen Bisterfeldius gibt für/ der Zweck der heiligen Schrifft seye nicht
der/ daß dadurch ohne Vnterscheid Glaubige und Vnglaubige solten
erleuchtet werden/ sondern daß allein die erwachsene Glaubige (das ist die
bloß Außerwelte) dadurch zum Heil und Seligkeit geführet/ die Vnglau-
bige (das ist die bloß Verworffene) durch das Liecht der heiligen Schrifft
verblendet würden. O schnöde Lehr!

Jst demnach endlich ein solch himmlisches praesent und
Geschenck/ annehmens und auffhebens werth/ ja würdig und
werth/ daß man auff so gethane Lehr Achtung gebe/
wie und
auff was Weise Gottes Geist im Hertzen arbeite durchs Wort; wie er den
Marc. 4, 28.im Gedächtnüß geseeten Samen segne/ daß er Frucht bringet/ erstlich
Graß/ darnach die Aehren/ darnach den vollen Weitzen in
den Aehren;
wie Er dem Menschen offt heilige Gedancken/ Sinne und
affecten einblase/ die Fleisch und Blut nicht offenbaret; wie er im Ge-
bet sein Geschäffte habe? Lutherus schreibt/ es sey ihm offt begegnet/ daß er
mitten im Gebet nach der einen oder andern Bitt habe müssen still halten/
der Geist habe ihn in die Schrifft geführet/ und reichlich gelehret/ darnach
sey er wieder fortgefahren: Also wo in den Rath-Stuben einem ein guter
heilsamer Rath einfället/ das ist vom Heiligen Geist; offt müssen wir im
privat-wesen erkennen/ daß Gott dieses oder jenes geheissen/ wir müssen
sagen: Jch habe da einen guten Geist gehabt; Also hieß er die Wittwe zu
1. Reg. 17, 9.
1. Thess.
5.
19.
Sarepta dem Propheten Eliae Vnterhalt geben; Aber wehe dann dem
jenigen/ der den Heiligen Geist und sein heiligs und heilsam würcken/ rei-
tzen/ seuffzen/ sehnen/ trösten/ erinnern/ durch reuen und erneuen im Hertzen
und Gewissen dämpffet!

Es ist dieser Lehrer würdig/ daß man seine Lehr höre/ ihn
ehre und folge;
Jener Heyde AEneas, als er vor der Sibyllen Höle
stehet/ und die oracula hören will/ so läufft ihm der Schauder über die
Haut/ Arme und Beine zittern/ er fähet an von gantzem Hertzen zu beten:
Wie vielmehr will uns Christen gebühren vor der Majestät dieses so gros-
sen und wertthen Geistes uns zu entsetzen/ und mit andächtiger reverentz
Psal. 25, 14.seinen Bewegungen Statt und Platz zu geben? Das Geheimnüß
des
HERREN ist bey denen/ die ihn fürchten. welche vor-
zeiten bey dem AEsculapio in ihren Kranckheiten Rath gesucht/ die haben
die Nacht über in seinem Tempel schlaffen müssen: Vielmehr will uns
Christen geziemen diesen guten Geist/ gleich den Schlaffenden und Ruhen-

den

Die Sechszehende (Ander)
Biſterfeld.
in myſte-
rio pietatis
contra Io-
han. Crel-
lum p.
361.
Namen Biſterfeldius gibt fuͤr/ der Zweck der heiligen Schrifft ſeye nicht
der/ daß dadurch ohne Vnterſcheid Glaubige und Vnglaubige ſolten
erleuchtet werden/ ſondern daß allein die erwachſene Glaubige (das iſt die
bloß Außerwelte) dadurch zum Heil und Seligkeit gefuͤhret/ die Vnglau-
bige (das iſt die bloß Verworffene) durch das Liecht der heiligen Schrifft
verblendet wuͤrden. O ſchnoͤde Lehr!

Jſt demnach endlich ein ſolch himmliſches præſent und
Geſchenck/ annehmens und auffhebens werth/ ja wuͤrdig und
werth/ daß man auff ſo gethane Lehr Achtung gebe/
wie und
auff was Weiſe Gottes Geiſt im Hertzen arbeite durchs Wort; wie er den
Marc. 4, 28.im Gedaͤchtnuͤß geſeeten Samen ſegne/ daß er Frucht bringet/ erſtlich
Graß/ darnach die Aehren/ darnach den vollen Weitzen in
den Aehren;
wie Er dem Menſchen offt heilige Gedancken/ Sinne und
affecten einblaſe/ die Fleiſch und Blut nicht offenbaret; wie er im Ge-
bet ſein Geſchaͤffte habe? Lutherus ſchreibt/ es ſey ihm offt begegnet/ daß er
mitten im Gebet nach der einen oder andern Bitt habe muͤſſen ſtill halten/
der Geiſt habe ihn in die Schrifft gefuͤhret/ und reichlich gelehret/ darnach
ſey er wieder fortgefahren: Alſo wo in den Rath-Stuben einem ein guter
heilſamer Rath einfaͤllet/ das iſt vom Heiligen Geiſt; offt muͤſſen wir im
privat-weſen erkennen/ daß Gott dieſes oder jenes geheiſſen/ wir muͤſſen
ſagen: Jch habe da einen guten Geiſt gehabt; Alſo hieß er die Wittwe zu
1. Reg. 17, 9.
1. Theſſ.
5.
19.
Sarepta dem Propheten Eliæ Vnterhalt geben; Aber wehe dann dem
jenigen/ der den Heiligen Geiſt und ſein heiligs und heilſam wuͤrcken/ rei-
tzen/ ſeuffzen/ ſehnen/ troͤſten/ erinnern/ durch reuen und erneuen im Hertzen
und Gewiſſen daͤmpffet!

Es iſt dieſer Lehrer wuͤrdig/ daß man ſeine Lehr höre/ ihn
ehre und folge;
Jener Heyde Æneas, als er vor der Sibyllen Hoͤle
ſtehet/ und die oracula hoͤren will/ ſo laͤufft ihm der Schauder uͤber die
Haut/ Arme und Beine zittern/ er faͤhet an von gantzem Hertzen zu beten:
Wie vielmehr will uns Chriſten gebuͤhren vor der Majeſtaͤt dieſes ſo groſ-
ſen und wertthen Geiſtes uns zu entſetzen/ und mit andaͤchtiger reverentz
Pſal. 25, 14.ſeinen Bewegungen Statt und Platz zu geben? Das Geheimnüß
des
HERREN iſt bey denen/ die ihn fuͤrchten. welche vor-
zeiten bey dem Æſculapio in ihren Kranckheiten Rath geſucht/ die haben
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Chriſten geziemen dieſen guten Geiſt/ gleich den Schlaffenden und Ruhen-

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[206/0238] Die Sechszehende (Ander) Namen Biſterfeldius gibt fuͤr/ der Zweck der heiligen Schrifft ſeye nicht der/ daß dadurch ohne Vnterſcheid Glaubige und Vnglaubige ſolten erleuchtet werden/ ſondern daß allein die erwachſene Glaubige (das iſt die bloß Außerwelte) dadurch zum Heil und Seligkeit gefuͤhret/ die Vnglau- bige (das iſt die bloß Verworffene) durch das Liecht der heiligen Schrifft verblendet wuͤrden. O ſchnoͤde Lehr! Biſterfeld. in myſte- rio pietatis contra Io- han. Crel- lum p. 361. Jſt demnach endlich ein ſolch himmliſches præſent und Geſchenck/ annehmens und auffhebens werth/ ja wuͤrdig und werth/ daß man auff ſo gethane Lehr Achtung gebe/ wie und auff was Weiſe Gottes Geiſt im Hertzen arbeite durchs Wort; wie er den im Gedaͤchtnuͤß geſeeten Samen ſegne/ daß er Frucht bringet/ erſtlich Graß/ darnach die Aehren/ darnach den vollen Weitzen in den Aehren; wie Er dem Menſchen offt heilige Gedancken/ Sinne und affecten einblaſe/ die Fleiſch und Blut nicht offenbaret; wie er im Ge- bet ſein Geſchaͤffte habe? Lutherus ſchreibt/ es ſey ihm offt begegnet/ daß er mitten im Gebet nach der einen oder andern Bitt habe muͤſſen ſtill halten/ der Geiſt habe ihn in die Schrifft gefuͤhret/ und reichlich gelehret/ darnach ſey er wieder fortgefahren: Alſo wo in den Rath-Stuben einem ein guter heilſamer Rath einfaͤllet/ das iſt vom Heiligen Geiſt; offt muͤſſen wir im privat-weſen erkennen/ daß Gott dieſes oder jenes geheiſſen/ wir muͤſſen ſagen: Jch habe da einen guten Geiſt gehabt; Alſo hieß er die Wittwe zu Sarepta dem Propheten Eliæ Vnterhalt geben; Aber wehe dann dem jenigen/ der den Heiligen Geiſt und ſein heiligs und heilſam wuͤrcken/ rei- tzen/ ſeuffzen/ ſehnen/ troͤſten/ erinnern/ durch reuen und erneuen im Hertzen und Gewiſſen daͤmpffet! Marc. 4, 28. 1. Reg. 17, 9. 1. Theſſ. 5. 19. Es iſt dieſer Lehrer wuͤrdig/ daß man ſeine Lehr höre/ ihn ehre und folge; Jener Heyde Æneas, als er vor der Sibyllen Hoͤle ſtehet/ und die oracula hoͤren will/ ſo laͤufft ihm der Schauder uͤber die Haut/ Arme und Beine zittern/ er faͤhet an von gantzem Hertzen zu beten: Wie vielmehr will uns Chriſten gebuͤhren vor der Majeſtaͤt dieſes ſo groſ- ſen und wertthen Geiſtes uns zu entſetzen/ und mit andaͤchtiger reverentz ſeinen Bewegungen Statt und Platz zu geben? Das Geheimnüß des HERREN iſt bey denen/ die ihn fuͤrchten. welche vor- zeiten bey dem Æſculapio in ihren Kranckheiten Rath geſucht/ die haben die Nacht uͤber in ſeinem Tempel ſchlaffen muͤſſen: Vielmehr will uns Chriſten geziemen dieſen guten Geiſt/ gleich den Schlaffenden und Ruhen- den Pſal. 25, 14.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/238>, abgerufen am 23.04.2024.